DAZ aktuell

Forschung für neue und bessere Phytopharmaka

WIEN (cae). Die Suche nach neuen pflanzlichen Wirkstoffen soll intensiviert, die Qualität pflanzlicher Arzneimittel verbessert werden. Diesen Aufgaben widmen sich 550 Wissenschaftler aus 50 Staaten, die sich in dieser Woche zum 46. Kongreß der Gesellschaft für Arzneipflanzenforschung (GA) in Wien versammelt haben.

Wirksamkeitsnachweis und Standardisierung


Prof. Dr. Wolfgang Kubelka vom Institut für Pharmakognosie der Universität Wien leitete aus der Tendenz, daß Patienten zunehmend Phytopharmaka verlangen, die Verpflichtung ab, die Forschungen auf diesem Gebiet zu verstärken. In einem Rückblick auf die Aktivitäten der GA seit ihrer Gründung vor 45 Jahren und auf die Geschichte der Arzneipflanzenforschung erinnerte er daran, daß der Begriff Pharmakognosie zuerst von dem Wiener Medizinprofessor J. A. Schmidt (1759-1809) geprägt worden ist.
Die moderne Arzneipflanzenforschung sei eine interdisziplinäre Aufgabe. Sie reiche von der allgemeinen Biologie bis zur klinischen Medizin. Die Pharmazie leiste dazu insbesondere durch die Anwendung modernster analytischer Methoden ihren Beitrag.
Prof. Dr. Wilhelm Fleischhacker vom Institut für Pharmazeutische Chemie der Universität Wien forderte dazu auf, bei den Phytopharmaka die Spreu vom Weizen zu trennen. Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Präparate müßten nachgewiesen und ihre pharmazeutische Qualität gewährleistet sein. Ferner gelte es, unwissenschaftlichen Tendenzen in der Therapie entgegenzutreten.

Aktuelle Aufgaben


Prof. Dr. Kurt Hostettmann von der Universität Lausanne nannte einige Aspekte aktueller Arzneipflanzenforschung:

  • Screening. Von - nach seiner Schätzung - 300000 höheren Pflanzen sind erst 10% auf ihre Wirkstoffe untersucht. Besonders wichtig sei die Erforschung von Pflanzen, die von einheimischen Heilern verwendet werden, zumal diese "Berufsgruppe" und damit ihr Wissen zu verschwinden droht.
  • Schonung der Ressourcen. Die Abholzung der Tropenwälder ist das bekannteste, aber nicht das einzige Beispiel für die Vernichtung natürlicher Lebensräume. Damit verschwinden auch Arzneipflanzen, bevor sie erforscht worden sind. Andere Pflanzen sind in Gefahr, der intensiven Wildsammlung zum Opfer zu fallen; hier gilt es, rechtzeitig Anbaumethoden zu entwickeln (z.B. bei Harpagophytum, Teufelskralle).
  • Pharmakologie. Obwohl Versuche an Säugetieren auch in Zukunft unverzichtbar sind, ist die Testung von potentiellen Arzneistoffen verstärkt an niederen Organismen, an subzellulären Systemen (Enzyme, Rezeptoren, Organellen), an Zellkulturen und an isolierten Organen vorzunehmen. In jüngster Zeit sind Bioassays entwickelt worden, die bei hoher Sensitivität und Selektivität einfach, preiswert und schnell arbeiten.
  • Neue Rohstoffquellen. Pflanzen aus entlegenen Regionen (z.B. Gebirge), Pilze, Moose, Algen, marine Organismen und Insekten sind bisher kaum erforscht worden.
  • Qualitätssicherung. Angesichts des wachsenden Marktvolumens von Phytopharmaka müssen nicht nur die Anstrengungen zur Gewährleistung von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit verstärkt werden, sondern es sollten auch die Wirkprinzipien und Wirkmechanismen ihrer Inhaltsstoffe aufgeklärt werden. Bei vielen Arzneipflanzen, z.B. bei Hypericum (Johanniskraut), ist dieses Ziel noch nicht erreicht.


Ein ausführlicher Bericht über den GA-Kongreß folgt in der nächsten Ausgabe der DAZ.

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