Rechtsprechung aktuell

Apotheken in Einkaufszentren: Eingangstüren dürfen nicht immer offen sein

Apothekentüren zu öffentlichen Verkehrsflächen oder Ladenstraßen müssen im Ruhezustand geschlossen gehalten werden. Dies hat das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes festgestellt. Der Beschluß ist noch nicht rechtskräftig. (Beschluß des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 8.Oktober 1977, Az.: 1R365/96)

Das zugrunde liegende Urteil finden Sie in der Rubrik Aktuelle Urteile im Wortlaut

Hintergrund der Entscheidung war die zunehmende Entwicklung, in Einkaufszentren und großflächigen Märkten Apotheken einzurichten, die entgegen §4 Abs.5 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) nur unzureichend von "Shopzonen" anderer Einzelhandelsgeschäfte abgetrennt sind. Nach §4 Abs.5 ApBetrO müssen die Betriebsräume einer Apotheke unter anderem "von öffentlichen Verkehrsflächen und Ladenstraßen durch Wände oder Türen abgetrennt sein". Die Bestimmung soll verhindern, daß anderweitig gewerblich oder freiberuflich genutzte Räumlichkeiten optisch oder organisatorisch in den Betriebsablauf einer Apotheke integriert werden. Außerdem soll dadurch den hygienischen Erfordernissen in der Offizin Genüge getan werden.1

Keine Berücksichtigung örtlicher Besonderheiten Im vorliegenden Fall stand eine Apotheke in Rede, deren Offizin zur Shopzone eines Saarbrückener Handelshofs durch feststehende Glaswände getrennt war. In der Mitte dieser Glaswände befand sich eine zweiflügelige Schwingtür (Breite ca. 2,50m), die nur nach innen geöffnet werden konnte. Bei mehreren Besichtigungen hatte die zuständige Überwachungsbehörde festgestellt, daß die Eingangstür zur Apotheke dauerhaft offenstand. Nach mehreren Abmahnungen traf die Behörde unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von DM10000,- für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Anordnung, "die Apotheke von allen betriebsfremden Räumen abzutrennen und den Zugang zur Apotheke durch eine im Normalfall geschlossene Tür zu gewährleisten". Dagegen wandte sich der betroffene Apothekenleiter unter Hinweis auf die örtlichen Gegebenheiten und den starken Kundenzuspruch seiner Apotheke. Diesen Ausführungen mochten jedoch weder das Verwaltungsgericht noch das Oberverwaltungsgericht zu folgen.

Rechtsmäßigkeit von §4 Abs.5 ApBetrO In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts2 betonten die Saarländer Richter, daß die mit der Durchsetzung des §4 Abs.5 ApBetrO verbundenen betriebsbezogenen Beeinträchtigungen dem einzelnen Apotheker zumutbar seien und kein milderes Mittel zur Verfügung stehe, das den Zweck des §4 Abs.5 ApBetrO in für den Apotheker weniger belastender Weise nachhaltig und auf Dauer erreichen könne. Es gehe darum, Kunden durch das Vorhandensein von Wänden oder Türen bewußt zu machen, daß es in den anschließenden Räumlichkeiten der Apotheke nicht um eine Fortsetzung des Shopping gehe, sondern nunmehr besondere Waren, nämlich Arzneimittel, angeboten würden. Dagegen seien der Kundenwunsch nach einem möglichst ungehinderten Zugang zur Apotheke und beabsichtigte Umsatzsteigerungen angesichts der mit §4 Abs.5 ApBetrO verfolgten Gemeinwohlzwecke gerade nicht vorrangig schutzwürdig. Mit seiner Entscheidung schließt sich das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes der allgemein vertretenen Auffassung an, daß gegen §4 Abs.5 ApBetrO auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten keine Bedenken bestehen.

Zweck der Regelung Bei der Bestimmung handelt es sich um eine Berufsausübungsregelung im Sinne von Art.12 Abs.1 des Grundgesetzes, die durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht. Die räumliche Abtrennung der Offizin ermöglicht eine Atmosphäre, die dem Apotheker die Erfüllung seiner Beratungspflichten (§20 ApBetrO) erleichtert. Die besondere bauliche Gestaltung lenkt zugleich die Aufmerksamkeit des Kunden auf die apothekenspezifischen Verpflichtungen des Apothekers und erhöht damit die Wahrscheinlichkeit, daß Information und Beratung auch in Anspruch genommen und "abgerufen" werden. Die Regelung in §4 Abs.5 ApBetrO verfolgt damit den legitimen Zweck, eine ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zu gewährleisten und einen Arzneimittelfehlgebrauch zu verhindern.3

Rechtsanwalt Dr. Christian Rotta, Stuttgart

1Vgl. Cyran/Rotta, Kommentar zur Apothekenbetriebsordnung, Loseblatt, Stand: März 1998, §4 Rdnr. 128 2BVerwG, Urteil vom 29.9.1994, DAZ 1995, 511 3Vgl. Cyran/Rotta, a.a.O. §4 Rdnr. 129 ff.; Pfeil/Pieck/Blume, Kommentar zur Apothekenbetriebsordnung, Stand: August 1996, §4 Rdnr. 29 ff.; Rotta, Neue Juristische Wochenschrift 1995, 755 (758)

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.