DAZ aktuell

Offener Brief: Müssen in Marburg Praktika geschlossen werden?

Der Fachbereich Pharmazie und Lebensmittelchemie an der Philipps-Universität Marburg steht kurz vor der Schließung einzelner Praktika, da nicht genügend Assistentenstellen zur Verfügung stehen, um eine Mindestbetreuung zu gewährleisten. Eine Schließung könnte auch aufgrund der desolaten Praktikaausstattung erfolgen. Wie die Fachschaft Pharmazie Marburg im nachfolgenden offenen Brief deutlich macht, würde im Falle einer Schließung eine Studienzeitverlängerung für die Pharmaziestudierenden resultieren, die man nicht hinnehmen könne. Mit dem offenen Brief an das Ministerium hofft die Fachschaft auf Abhilfe und Abstellen der gravierenden Mängel.

Sehr geehrte Frau Ministerin Doktor Hohmann-Dennhardt, der Präsident der Philipps-Universität Marburg, Prof. Dr. Dr. Werner Schaal, hat unseren Fachbereich aufgefordert, die Mängel aufzuführen, die bei der Durchführung der Lehraufgaben entstanden sind. Wir beziehen uns auch auf ein Schreiben vom 2.Juli 1998 des geschäftsführenden Direktors des Instituts für Pharmazeutische Chemie an den Präsidenten und schildern Ihnen aus Sicht der Studierenden die Situation unseres Fachbereichs und die sich für uns Studierende ergebenden prekären Folgen. Ende des vergangenen Jahres ging bundesweit ein Ruck der Auflehnung und des Protests durch die Hochschulen: Die Studierenden brachten ihren Unmut über die miserable Studiensituation lautstark zum Ausdruck. Wir haben gehofft und erwartet, daß Sie als die verantwortliche Landesregierung Notiz davon nehmen und versuchen, Abhilfe zu schaffen. Wir aber haben den Eindruck, daß dies leider nicht geschehen ist! Durch laufende Stellensperren und Stellenkürzungen und durch den immer geringeren Haushaltsetat der Universitäten und folglich auch unseres Fachbereichs ist nun bei uns eine prekäre Situation entstanden, die uns zum sofortigen Handeln zwingt: § Unsere Praktika sind leider in einem desolaten Zustand. Total veraltete Geräte und jahrelanger Verschleiß führen immer mehr dazu, daß Versuche einfach stillgelegt werden müssen. Unsere Ausbildung wird dadurch schlechter und schlechter. Diese miserable Ausstattung der Praktika wurde bei einer Umfrage unter den Studierenden am 27.Mai 1998 - Tag der Pharmazie unseres Fachbereichs - bestätigt. § Unsere Praktikabetreuung durch Assistenten ist ab dem Wintersemester nicht mehr vollständig gewährleistet. Die Approbationsordnung für Apotheker schreibt eine Mindeststundenzahl für Praktika und Lehrveranstaltungen vor. Im oben genannten Schreiben ist auch eine Aufstellung über die Mindestanforderung an Assistentenstellen am Institut für Pharmazeutische Chemie von 48 BATIIa/2-Stellen aufgeführt. Es stehen in diesem Jahr, bedingt durch Kürzungen und Stellensperren, jedoch nur 39 halbe Stellen zur Verfügung. Gleiches gilt für die anderen Institute. Das durch die gravierenden Kürzungen und durch die jährlich zu erbringenden Sperrmonate entstandene Defizit an Assistentenstellen konnte nur durch den illegalen Einsatz von Drittmittelstellen in der Lehre aufgefangen werden. Das wird im kommenden Semester nicht mehr so sein! Aufgrund dieser Tatsachen wird es im kommenden Wintersemester zum völligen Zusammenbruch des ordnungsgemäßen Studienablaufs kommen, da nicht genügend Assistenten zur Betreuung und Aufsichtspflicht zur Verfügung stehen. Somit können die Praktika nicht durchgeführt und infolgedessen keine Scheine mehr ausgestellt werden. Durch den Nichterwerb der Scheine verlängert sich das Studium automatisch, denn aufgrund unserer besonderen Situation (Studium nach Approbationsordnung mit vorgeschriebener Anzahl und Organisation von Pflichtveranstaltungen) kann die verlorene Zeit unter keinen Umständen wieder aufgeholt werden. Dies bedeutet Studienzeitverlängerung um mindestens ein Semester für möglicherweise 600 Studierende. Eine Studienzeitverlängerung kann keinesfalls in Ihrem Sinne sein, da sie im krassen Gegensatz zu Ihren politischen Zielen steht. Die Studienzeitverlängerung um ein Semester würde einen um ein halbes Jahr späteren Eintritt in das Berufsleben bedeuten. Für einen approbierten Apotheker bedeutet das einen Verdienstausfall von mindestens 50000.- DM. In diesem Fall würden die Betroffenen ihren Verdienstausfall in Form einer Regreßklage beim Land Hessen einfordern. Sie sollten bitte auch berücksichtigen, daß der Studiengang Pharmazie auch heute noch sehr gute Berufschancen eröffnet und es kaum arbeitslose Apothekerinnen und Apotheker gibt. In der Hoffnung, daß Sie sich des Problems ernsthaft und baldigst annehmen, verbleiben wir mit freundlichen Grüßen Fachschaft Pharmazie Marburg

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