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Festakt zum 25jährigen Bestehen des Deutschen Medizinhistorischen Museums

Am 5. Juli wurde in Ingolstadt das 25jährige Bestehen des Deutschen Medizinhistorischen Museums gefeiert. Professor Heinz Goerke erinnerte an die bescheidenen Anfänge des Museums, das in der 1723-1726 erbauten "Alten Anatomie" der ehemaligen Universität Ingolstadt errichtet worden war. Die offizielle Gründung hatte am 23. Juli 1973 stattgefunden. Seither ist das Museum gewachsen und weit über Bayerns Grenzen hinaus bekannt geworden. Zur Jubiläumsfeier eröffnete die Direktorin Prof. Dr. Christa Habrich eine Sonderausstellung über "Aromata", die im nächsten Feuilleton der DAZ vorgestellt wird.

Körperwelten oder Geschichte der Leichendarstellung


Den Festvortrag "Zwischen Wissenschaft und Kunst - die Demonstration des toten Körpers" hielt Prof. Dr. Klaus Bergdolt, Direktor des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin der Universität Köln. Er nahm Bezug auf die in den letzten Monaten um die Ausstellung "Körperwelten" in Mannheim entbrannte Diskussion zum Umgang mit toten Menschen. Seine Ausführungen beleuchteten in Wort und Bild die Gründe für die Darstellung von Verstorbenen und die Art des Umgangs mit Leichen im westlichen Europa.
Im religiösen Bereich diente die "praesentatio mortui" seit dem Mittelalter zum einen als Mahnung an den einem jeden drohenden Tod und an das Jüngste Gericht; dieses Motiv fand seit den ersten Pestepidemien und vor allem in der Barockzeit in Grabmälern sowie bei Darstellungen des Totentanzes, des Triumphes des Todes oder von Themen wie "Der Tod und das Mädchen" ihren Ausdruck.
Zum anderen wurden die seit der Mitte des 13. Jahrhunderts vermehrt auftretenden Darstellungen des toten Gekreuzigten - im Gegensatz zu den früher überwiegenden Bildern des Triumphators am Kreuz - und der Pietą, der Schmerzensmutter mit dem Leichnam Jesu auf dem Schoß, Hilfsmittel der Versenkung in das Leiden und Sterben Christi und der daraus erlangten Erlösung.
Im profanen Bereich wurden Totenmasken und Wachsbilder zum Andenken an die verstorbene Person gefertigt, und es wurde vereinzelt versucht, die Leichname für längere Trauerfeierlichkeiten zu konservieren, Bräuche, die vor allem in der Barockzeit mit ihrer Vorliebe für theatralische Inszenierungen ihren Höhepunkt hatten.
Ebenfalls mit realen Leichen wurde natürlich bei der Leichensektion gearbeitet, die seit dem 15. Jh. ein Bestandteil der medizinischen Ausbildung war. Hier war das Hauptmotiv der Drang zur Gewinnung neuer Erkenntnisse, wenn auch der Gruseleffekt bei einem Teil der Zuschauer sicher auch eine Motivation für die Teilnahme war. Die "anatomischen Theater", in denen der Leichnam quasi die Hauptrolle spielte, hatten ebenfalls im Barock ihren Höhepunkt.
Der Vortragende schloß mit Fragen, ob und inwiefern die neue Art der Zurschaustellung von Leichen berechtigt sei:

  • Darf menschliches Material dem menschlichen, wenn auch künstlerisch motivierten, Ehrgeiz für Objekte, die nur Kunst sein sollen, geopfert werden?
  • Läßt sich diese Zurschaustellung mit der Menschenwürde vereinbaren?

Karin Krämer-Guthknecht, München

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