Arzneimittel und Therapie

Neues Wirkprinzip in der Hypertonietherapie: Bosentan: ein Endothelin-1-Rezeptor

Für die Behandlung der essentiellen Hypertonie gibt es inzwischen zahlreiche Wirkprinzipien, darunter Diuretika, Betablocker, Calciumantagonisten und ACE-Hemmer. Ergänzt werden könnte die Palette um die neue Wirkstoffgruppe der Endothelin-1-Rezeptorantagonisten. In einer klinischen Studie stellte zumindest einer der ersten Vertreter, das Bosentan, seine Wirksamkeit unter Beweis und untermauerte gleichzeitig die bis dato umstrittene These, daß Endothelin tatsächlich an der Entstehung der essentiellen Hypertonie beteiligt ist.

Endothelin-1 ist ein Peptid, das in den Endothelzellen gebildet wird und als wirksamer Vasokonstriktor agiert. Es vermittelt seine Wirkung über spezifische Endothelin-Rezeptoren. Identifiziert wurden bislang der Endothelin-A (ETA)- und der Endothelin-B (ETB)-Rezeptor, die beide auf glatten Gefäßmuskelzellen lokalisiert sind. Der ETB-Rezeptor wurde zusätzlich auf Endothelzellen gefunden. Unter bestimmten Bedingungen kann ein Angriff von Endothelin auf den ETB-Rezeptor auch vasodilatierend wirken. In Tiermodellen ließ sich durch die Gabe spezifischer Endothelin-1-Rezeptorantagonisten ein erhöhter Blutdruck senken. Allerdings zeigten in klinischen Studien nicht alle Patienten mit essentieller Hypertonie erhöhte Endothelin-1-Spiegel. Ob ein Endothelinantagonismus den Blutdruck beim Menschen senken kann, war deshalb umstritten. Nun wurde in einer klinischen Studie die Wirkung des spezifischen Endothelin-Rezeptorantagonisten Bosentan, der sowohl den Rezeptor ETA als auch ETB blockiert, bei Patienten mit essentieller Hypertonie untersucht und mit der Wirkung des ACE-Hemmers Enalapril verglichen.

Bosentan: ähnlich effektiv wie Enalapril 293 Patienten mit leichtem bis mäßig erhöhtem Blutdruck erhielten nach einer vier- bis sechswöchigen Run-in-Phase entweder einmal täglich 100 mg, 500 mg oder 1000 mg oder zweimal täglich 1000 mg Bosentan, Plazebo oder Enalapril. Der spezifische Endothelin-Rezeptorantagonist Bosentan reduzierte in einer Dosis ab 500 mg bei Patienten den Blutdruck signifikant im Vergleich zu Plazebo und ähnlich deutlich wie 20 mg Enalapril. Höhere Bosentangaben führten zu keiner weiteren Blutdrucksenkung, lediglich der nächtliche diastolische Blutdruck war unter der zweimal täglichen Gabe von 1000 mg Bosentan geringfügig niedriger.

Nebenwirkungen waren in allen sechs Gruppen etwa gleich häufig: in der 2000-mg-Bosentan-Gruppe klagten 43% der Patienten über unangenehme Begleiterscheinungen, unter Plazebotherapie waren es 37% und unter der Behandlung mit Enalapril 34%. Am häufigsten traten Kopfschmerzen (24% unter 2000 mg Bosentan versus 18% unter Plazebo), Flush (18% versus 4%) und Ödeme in den Beinen (14% versus 0%) auf. Schwere Begleiterscheinungen wurden nicht beobachtet.

Trotz peripherer Vasodilatation: keine Aktivierung neurohormonaler Systeme Bosentan hemmt, so wird vermutet, den Angriff von vasokonstriktorisch wirksamem Endothelin auf die Rezeptoren. Damit kommt es letztlich zu einer direkten Vasodilatation in der Peripherie. Besonders interessant war deshalb der Effekt von Bosentan auf Herzfrequenz und neurohormonale Systeme. Von anderen peripheren Vasodilatatoren, wie Calciumantagonisten vom Dihydropyridintyp, ist bekannt, daß es durch eine reflexive Aktivierung von Sympathikus und Renin-Angiotensin-System zu einer Erhöhung der Herzfrequenz kommt. Daß Bosentan die Herzfrequenz nicht erhöht, sprach bereits dafür, daß dieser Mechanismus nicht einsetzt. Blutuntersuchungen stützen diese Vermutung: Weder die Konzentrationen von Noradrenalin als Parameter für eine Sympathikus-Aktivierung noch die von Angiotensin II waren erhöht. Die Plasma-Renin-Aktivität war normal. Dies macht Endothelin-Rezeptorantagonisten grundsätzlich auch für die Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen interessant, bei denen neurohormonale Vasokonstriktoren aktiviert sind, wie bei der chronischen Herzinsuffizienz.

Die Studie im Überblick Studiendesign: randomisierte, doppelblinde, plazebokontrollierte Vergleichsstudie Teilnehmer: 293 Patienten und Patientinnen mit leichter bis mäßiger Hypertonie (diastolischer Wert: 95 bis 115 mmHg) Studiendauer: vier Wochen Medikation: Einteilung in sechs Gruppen, die täglich 100 mg, 500 mg, 1000 mg oder 2000 mg Bosentan, 20 mg Enalapril oder Plazebo erhielten Studienergebnis: Bosentan senkte ab einer Dosis von 500 mg den Blutdruck ähnlich effektiv wie Enalapril; der diastolische Wert ging um 3,9 bis 5,7 mmHg (Enalapril: 5,8 mmHg), der systolische Wert um 7,4 bis 10,3 mmHg zurück. Die Verträglichkeit kann als gut bezeichnet werden. Fazit: Mit einem Endothelin-1-Rezeptorantagonisten läßt sich der Blutdruck ähnlich effektiv senken wie mit einem ACE-Hemmer. Endothelin scheint an der Entstehung der essentiellen Hypertonie beteiligt zu sein.

Literatur Krum, H., et al.: The effect of an endothelian-receptor antagonist, bosentan, on blood pressure in patients with essential hypertension. N. Engl. J. Med. 338, 784-790 (1998) Dr. Beate Fessler, München

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