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Politisches Porträt: Der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen - was ist

(rs). Der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen machte gerade in den letzten Wochen wieder von sich reden: Zum einen fällte er die mutige Entscheidung, das Potenzmittel Viagra von der Verordnung in der gesetzlichen Krankenversicherung auszuschließen, zum andern legte er Ende Juni den Entwurf einer Neufassung der Arzneimittel-Richtlinien vor, mit denen Arzneimittelgruppen mit einem GKV-Erstattungsvolumen von rund 3,5 bis 4 Mrd. DM aus der Erstattungsfähigkeit ausgegrenzt werden sollen. Wer steckt eigentlich hinter dem Bundesausschuß, wie arbeitet dieses Gremium und welche Kompetenzen hat es?

Der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen ist ein Entscheidungsgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung in der vertragsärztlichen Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung. Er besteht seit 1955 in seiner heutigen Form, Vorläuferformen dieses Gremiums gibt es jedoch bereits seit 1913. Angesichts der angespannten finanziellen Situation im System der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) besteht der Auftrag dieses Ausschusses insbesondere darin, die Entscheidungen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), die aus einem allgemeinen gesetzgeberischen Blickwinkel getroffen werden - aktuell beispielsweise die vom BMG vorgegebenen Kürzungen in verschiedenen Bereichen - mit gesundheitswissenschaftlichem Sachverstand für die Praxis umzusetzen. Der Ausschuß ist damit im Sinne einer konkretisierenden Gesetzgebung" tätig. Unter anderem gehört die Versorgung mit Arzneimitteln zu den Bereichen, die der Bundesausschuß einer Prüfung nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot unterzieht. Daher ist es auch für den Apotheker von Bedeutung, daß es neben dem Gesetzgeber ein derartiges Gremium gibt, dessen Entscheidungen ihn direkt betreffen. Bestrebungen von seiten der Apotheker, bei der Ausarbeitung der Arzneimittel-Richtlinien mitzuwirken, wurden bislang vom Ausschuß mit der Begründung abgelehnt, die Aufnahme weiterer Berufsgruppen werde nicht befürwortet. Der Ausschuß besteht aus 21 ehrenamtlich tätigen Mitgliedern, wovon jeweils neun Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und des Bundesverbandes der Krankenkassen angehören. Daneben werden drei unparteiische Mitglieder gemeinsam benannt.

Eine Anstalt des öffentlichen Rechts Beim Bundesausschuß für Ärzte und Krankenkassen handelt es sich um eine sogenannte Anstalt des öffentlichen Rechts mit begrenzter Rechtsfähigkeit, deren rechtliche Grundlagen im Sozialgesetzbuch (SGBV§§90-94) festgelegt sind. Die Beschlüsse des Ausschusses werden mit einfacher Mehrheit im nichtöffentlichen Plenum der Mitglieder gefaßt, Stichentscheidungen werden durch den Ausschußvorsitzenden (zur Zeit Karl Jung) getroffen. Das Gesundheitsministerium genießt ein Anwesenheitsrecht bei den Beschlüssen. Der Bundesausschuß hat seinen Sitz im Gebäude der KBV in Köln, die Verwaltungskosten werden je zur Hälfte von der KBV und den Krankenkassen getragen. Der Ausschuß beschäftigt kein eigenes Personal, die Verwaltungsarbeiten werden von Mitarbeitern der KBV übernommen. Zu den Aufgaben des Ausschusses gehört es beispielsweise, zu gewährleisten, daß von den Vertragsärzten nur wissenschaftlich gesicherte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden angewendet werden. Nach den neuen Regelungen durch das zweite Gesetz zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung (2. NOG) hat der Ausschuß beispielsweise den Auftrag erhalten, den diagnostischen und therapeutischen Nutzen sowie die medizinische Notwendigkeit neuer Methoden zu bewerten. Dabei sollen die neuen medizinischen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden auch mit bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Leistungen verglichen werden. Der Stand der Wissenschaft und die Besonderheiten der jeweiligen Therapierichtung sind zu berücksichtigen. Dies entspricht u.a. auch den Regelungen für die Versorgung mit Arzneimitteln. Die den Empfehlungen des Ausschusses zugrundeliegenden Bewertungskriterien sollen Zweckmäßigkeit, Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit sein. Der Bundesausschuß kann dabei Leistungen benennen, die den Anforderungen für eine Anerkennung des diagnostischen oder therapeutischen Nutzens nicht voll entsprechen, wobei die Krankenkassen daraufhin entscheiden können, ob sie diese Leistungen als Satzungsleistung erbringen. Im Gegensatz dazu stehen negativ beurteilte Leistungen. Diese können nicht Gegenstand von Modellversuchen sein.

Aufgaben des Bundesausschusses Der Bundesausschuß beschließt Richtlinien über
• ärztliche Behandlung (incl. Psychotherapie)
• Früherkennungsmaßnahmen
• ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft
• Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
• Verordnung von Arzneimitteln, Heil- und Hilfsmitteln
• Krankenhausbehandlung
• häusliche Krankenpflege
• Beurteilung von Arbeitsunfähigkeit
• Verordnung von und Beratung über medizinische Leistungen der Rehabilitation
• Bedarfsplanung
• medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft
• Maßnahmen zur Empfängnisregelung und zum Schwangerschaftsabbruch

"Der Bundesausschuß beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine
• ausreichende,
• zweckmäßige,
• wirtschaftliche Versorgung der Versicherten." Grundsatzregelung (§ 92 Abs. 1 SGB V)

Mitglieder des Bundesausschusses Ärzte und Krankenkasse Vertreter der Ärzte Dr. Schorre Dr. Weisner Dr. Hess Dr. Richter-Reichhelm Dr. Oesingmann Dr. Penndorf Prof. Dr. Brech Dr. Späth Dr. Bausch Vertreter der KKen Hr. Kirch Hr. Nachtigal Dr. Ahrens Hr. Schmeinck Hr. Stuppardt Hr. Deisler Hr. Rebscher Dr. Gerdelmann Dr. Wirth Unparteiische Mitglieder Hr. Jung (Vors.) Dr. jur. Bösche Dr. jur. Oldiges

Die Arbeitsausschüsse des Bundesausschusses
• Prävention
• Familienplanung
• Ärztliche Behandlung
• Psychotherapie
• Arzneimittel
• Heil- und Hilfsmittel / Häusliche Krankenpflege / Rehabilitation /
• Arbeitsunfähigkeit
• Krankenhaus
• Qualitätsbeurteilung
• Bedarfsplanung für Ärzte

Die Stellung der Mitglieder
• an Weisungen nicht gebunden
• ehrenamtliche Tätigkeit
• keine Vergütung, sondern Aufwandsentschädigung
• Amtsdauer: 4 Jahre

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