Feuilleton

Zur Erinnerung: 200. Todestag von Christian F. G. Clar

Nach Rendsburg in Holstein kam 1748 der Apothekergehilfe Christian Friedrich Gottlieb Cla(a)r und fand bei dem Apotheker Peter Roloff (Rollf, Rolef) in der Garnisons-Apotheke eine Anstellung als Provisor. Über die pharmazeutische Ausbildung Clars, der im Dezember 1725 als Sohn des Pächters eines kurfürstlich-sächsischen Gutes in der Niederlausitz geboren war, konnte bis jetzt nichts in Erfahrung gebracht werden. Als Roloff 1749 starb, führte Clar dessen Apotheke als Provisor weiter. Am 5.Dezember 1760 heiratete er dessen jüngste Tochter Salome Charlotte (*1734). Das Privileg der Garnisons-Apotheke wurde am 2.Januar 1764 von der Witwe Roloff auf Clar übertragen. Hierbei mußte Clar auf die bisher übliche Befreiung von den städtischen Lasten verzichten.

Gründung der Rendsburger Fayence-Manufaktur Clar war mit der Leitung seiner Apotheke nicht ausgelastet und übte im Laufe der Jahre verschiedene Nebentätigkeiten aus. Nachdem er keramische Experimente mit einer in der Nähe von Rendsburg von ihm aufgefundenen Tonerde durchgeführt hatte, kam ihm der Gedanke, eine Fayence-Fabrik zu errichten. Für dieses Vorhaben konnte er den Kaufmann Jaspar Lorentzen gewinnen. Beide baten in einem Brief vom 10.Dezember 1764 den dänischen König, der zugleich Herzog von Schleswig und Holstein war, um Unterstützung ihres Vorhabens und um bestimmte Privilegien. In ihrem Schreiben berichteten sie dem König, daß man einen brauchbaren Ton gefunden, eine bessere Glasur sowie neue Methoden zur Herstellung von Farben (Einbrennfarben für die Malerei) entwickelt habe. Als Fabrikationsräume bat man um die Überlassung eines auf einer kleinen Insel in der Eider befindlichen Gebäudes, in dem man früher einmal Pulver hergestellt hatte. Was die Privilegien anbetraf, hatte man folgende Wünsche: 1.ein Monopol für die Herstellung von Fayencen in Rendsburg, 2.alleiniges Recht für den Abbau des Tons, 3.Befreiung der Fabrik und der Arbeiter von ordentlichen und außerordentlichen Steuern in Kriegs- und Friedenszeiten sowie 4.Zollfreiheit für Rohstoffe und Erzeugnisse. Gegen diese Wünsche und Vorstellungen hatten auch die Fayencefabrikanten J.Otte in Krieseby und J.Rambusch in Schleswig nichts einzuwenden, ebensowenig die Stadt Rendsburg. Nach langen Verhandlungen wurde Clar und Lorentzen am 11.Oktober 1765 das gewünschte Privileg erteilt. Sie kauften 1765 in der Prinzessinstraße ein großes Haus, in dessen Hof ein Jahr später ein neues Gebäude errichtet wurde, und begannen im Juni 1765 mit der Fabrikation. Aus dem Lagerverzeichnis der Fabrik von 1767 kann man entnehmen, daß man die verschiedensten Formen von Gebrauchs- und Zierstücken anzubieten hatte. Besonders hatte man sich dabei auf die durchbrochenen Geschirre ("Leeds-ware") verlegt.

Umstellung auf Steingut Das nach 1750 von Ashbury in England erfundene und vor allem von Josiah Wedgwood hergestellte Steingut machte der Fayence viel Konkurrenz. Clar, der die Zeichen der Zeit erkannt hatte, unternahm 1767 erste Versuche zur Herstellung des weißen englischen Steingutes. Zur weiteren Verbesserung seiner finanziellen Verhältnisse erwarb er 1768 eine Erlaubnis zur Fabrikation von Likören, wandelte im gleichen Jahr sein Unternehmen in eine Aktiengesellschaft um und begann 1769 mit der Herstellung von Salmiak. Nachdem er auf Anraten des Barons A.G. von Adriani eine neue Aktiengesellschaft gegründet hatte, gab er 1772 die Fayenceherstellung auf und produzierte nur noch Steingut nach englischer Art. Zuerst erreichten die Steingutfabrikate nicht die Güte der englischen Ware, aber dies sollte sich bald wesentlich ändern. 1772 bestellte der dänische Königshof bei Clar sechs Tafelservice. Von der Landeshaushaltungsgesellschaft wurde ihm für seine Steingutprodukte 1773 die Große Goldmedaille verliehen. Erwähnt sei noch, daß das Unternehmen immer sehr an Löhnen und Personal gespart hat. Zu den Mitarbeitern der Fabrik gehörten u.a. der "Porzellain-Maler" Johann Algrün (ļ1798) und der Maler Johann Friedrich Duve, Meister Ezechias F. Keller und der Former Johann H.N. Matthiessen sowie der Dreher Martin H. Geppel, der von 1766 bis 1772 in Rendsburg arbeitete. Auf chemischem und technologischem Gebiet hat Clar manches geleistet. Er befaßte sich mit der Herstellung von Unterglasurfarben (Scharffeuerfarben) und Emailfarben. Er erfand eine Starkglasur, die dem "hessischen Steinzeug" ähnelte und für Apothekentöpfe verwendet wurde. Vom Staat erhielt er für diese Glasurrezeptur eine Belohnung von 100 Reichstalern. Er entwickelte 1789 eine "Basaltware" (Egyption, sogenanntes schwarzes Biskuit), die bereits von J.Wedgwood erfunden worden war. Dabei handelte es sich um ein ungewöhnlich hartes, feinkörniges Steinzeug, das eine scharfe Modellierung ermöglichte und einen matten Glanz besaß. Man verwendete es für Vasen, Gemmen, Medaillons, Porträtbüsten und Plaketten. Von gleicher Zusammensetzung, aber anderer Farbe, war das rote Steinzeug, das für die Gebrauchswarenherstellung benutzt wurde.

Geplatzter Traum vom Porzellan Clars Traum war es, eines Tages auch Porzellan herstellen zu können, und war vermutlich bereits auf dem richtigen Wege dazu. Aber es sollte damit nichts werden, da die dänische Regierung ihn anwies, seine Versuche einzustellen. Sie befürchtete, daß die geplante Kgl. Porzellanfabrik in Kopenhagen, die der Chemiker und Apotheker Franz Henrich Müller 1775 gründete, in Clar einen Konkurrenten haben würde. Clar mußte sich fügen, stellte seine Arbeiten auf diesem Gebiet ein und hatte die Beschreibung seiner Methode in einem versiegelten Brief beim Magistrat der Stadt Rendsburg abzugeben. Außerdem hatte er sich verpflichten müssen, über seine Methode gegen jedermann Stillschweigen zu bewahren. Der dänische Staat gab ihm ein "Schweigegeld" von 2000 Reichstalern und zusätzlich eine jährliche Prämie von 200 Reichstalern, solange er seine Steingutfabrik betreiben würde. Viel Glück brachten Clar die letzten 13Jahre seines Lebens nicht. 1784 ging seine Fabrik in Konkurs, obwohl er eine staatliche Unterstützung erhielt. Unter staatlicher Aufsicht wurde das Unternehmen unter dem Zollinspektor J.H. Hallensen fortgeführt. Clar durfte nur in einer unbedeutenden Position weiterhin als Chemiker in der Fabrik tätig sein. Unter diesen deprimierenden Verhältnissen litt auch sein Apothekenbetrieb. Am 4.Juli 1798 starb Clar in ärmlichen Verhältnissen in Rendsburg. Seine Frau, die ihm fünf Töchter und einen Sohn geboren hatte, erhielt vom König eine Pension von 80 Reichstalern; 1799 übernahm der Kandidat der Pharmazie Georg Ludwig Kobbe die Apotheke. Clars Büste befindet sich im Rendsburger Heimatmuseum, und im Landesmuseum Schloß Gottorf in Schleswig stehen einige Rendsburger Fayencen.

Literatur Müller, Wolfgang J.: Schleswig-holsteinische Fayencen des 18.Jahrhunderts, S.20f. Heide 1964. Uldall, K.: Gammel dansk fajence, 2.Aufl., S.211 bis 216. Kopenhagen 1967. Deutsche Apotheker-Biographie, 1.Erg.-Bd., S.66f. Stuttgart 1986. Holm-Dietmar Schwarz, Bruchstraße 9b, 59939 Olsberg

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