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Psychopharmaka: Schizophrenie läßt sich behandeln

Das atypische Antipsychotikum Amisulprid ist seit etwa zehn Jahren in Frankreich zur Behandlung schizophrener Patienten zugelassen. Nach Angaben des Herstellers soll Amisulprid Ende dieses Jahres auch in Deutschland erhältlich sein.

Das substituierte Benzoesäureamid Amisulprid wirkt zweifach: In hoher Dosierung (400 bis 800 mg täglich) hemmt es selektiv die postsynaptischen Dopaminrezeptoren D2 und D3. Im Gegensatz zu anderen atypischen Antipsychotika besitzt Amisulprid keine Affinität zu Serotonin-, Noradrenalin-, Histamin- und Acetylcholinrezeptoren. Amisulprid hemmt die Dopaminrezeptoren D2 und D3 bevorzugt im limbischen System. Diese Selektivität erklärt, warum unter der Therapie keine extrapyramidal-motorischen Störungen beobachtet werden. Diese würden nämlich nur dann auftreten, wenn Dopaminrezeptoren im nigrostriatalen System blockiert würden, zu denen Amisulprid jedoch keine Affinität zeigt.
In hohen Dosen wirkt Amisulprid genauso gut wie andere moderne atypische Antipsychotika sowohl gegen die Positiv- als auch gegen die sekundäre Negativsymptomatik der Schizophrenie. Als Nebenwirkung beobachtet man einen Anstieg des Prolaktinspiegels, da wegen der Dopaminrezeptorblockade die Hemmung der Prolaktinfreisetzung durch Dopamin aufgehoben wird. Das kann bei Männern Gynäkomastie, Galaktorrhö sowie Libido- und Potenzstörungen zur Folge haben, bei Frauen vor allem Störungen des Menstruationszyklus.

Auch bei primärer Negativsymptomatik wirksam

Im Gegensatz zu anderen Antipsychotika wirkt Amisulprid in niedriger Dosierung (100 mg täglich) gegen die primäre Negativsymptomatik der Schizophrenie. Man erklärt sich das folgendermaßen: Die primäre Negativsymptomatik soll nicht durch einen Überschuß an Dopamin, sondern durch einen Dopaminmangel gekennzeichnet sein. Und dieser Mangel kann durch Amisulprid in niedriger Dosierung behoben werden: Amisulprid blockiert in diesem Fall nicht die postsynaptischen Dopaminrezeptoren D2 und D3, sondern die präsynaptischen D2- und D3-Autorezeptoren, weil die Substanz zu letzteren eine viel höhere Affinität besitzt. Diese Autorezeptoren dienen der negativen Rückkoppelung. Werden die Autorezeptoren durch Dopamin stimuliert, wird die Freisetzung von Dopamin in den synaptischen Spalt gestoppt.
Eine Blockade der Autorezeptoren durch Amisulprid führt hingegen dazu, daß die negative Rückkoppelung aufgehoben wird. Dopamin wird vermehrt in den synaptischen Spalt freigesetzt. Voraussetzung dieses Effekts ist, daß Amisulprid in niedriger Dosierung eingenommen wird. In höherer Dosierung würde Amisulprid nämlich zusätzlich die postsynaptischen Dopaminrezeptoren blockieren und insgesamt die Wirkung des Dopamins herabsetzen. Die Bedeutung von Amisulprid für schizophrene Patienten mit prädominanter primärer Negativsymptomatik wurde in drei doppelblinden, plazebokontrollierten Studien sowie durch die langjährige Therapieerfahrung in Frankreich unter Beweis gestellt.



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