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Rezeptsammelstellen: Feststellung der Erforderlichkeit erfolgt ausschließlich i

Die Entscheidung darüber, ob eine Rezeptsammelstelle erforderlich ist oder nicht, obliegt der zuständigen Behörde allein im öffentlichen Interesse. Dem Inhaber einer anderen Apotheke steht insoweit kein Abwehrrecht zu. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg rechtskräftig festgestellt. (Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 19. Dezember 1997, Az.: 9 S 1039/96)

Dem Rechtsstreit lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger, einer von drei Apothekenleitern in Künzelsau, wandte sich gegen die Erlaubnis zur Unterhaltung einer Rezeptsammelstelle, welche die zuständige Landesapothekerkammer Baden-Württemberg ihm und den Inhabern der beiden anderen Apotheken erteilt hatte. Zur Begründung trug er vor, daß das Neubaugebiet Taläcker von der Ortsmitte von Künzelsau nicht unzumutbar weit entfernt liege und deshalb eine Rezeptsammelstelle nicht erforderlich sei. Der mit der Unterhaltung einer Rezeptsammelstelle verbundene organisatorische und personelle Aufwand sei ihm nicht zumutbar. Seinen Antrag auf Mitberücksichtigung bei der Unterhaltung der Rezeptsammelstelle stelle er nur "unter Protest", um wirtschaftlich nicht benachteiligt zu werden. Im übrigen wehre er sich gegen die Erteilung der Rezeptsammelstelle. Mit seinem Begehren hatte der Kläger weder vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart noch vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Erfolg.

Möglichkeit einer Rechtsverletzung muß vorliegen

Nach § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist eine Anfechtungsklage nur dann zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Die Möglichkeit einer solchen Rechtsverletzung war nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs im vorliegenden Fall nicht gegeben. Soweit die dem Kläger selbst erteilte Erlaubnis zum Betreiben der Rezeptsammelstelle in Rede stand, hatte es der Apothekenleiter nämlich selbst in der Hand, seine vermeintliche Benachteiligung wieder zu beseitigen. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) kann die Erlaubnis zur Unterhaltung einer Rezeptsammelstelle nur auf Antrag erteilt werden. Daraus ergibt sich zugleich, daß die Erlaubnis erlischt oder jedenfalls unverzüglich aufzuheben ist, wenn der Antrag zurückgenommen oder die Aufhebung beantragt wird. Eine Rechtsverletzung in Folge einer mit der Erlaubnis verbundenen Unterhaltungspflicht ist dann aber nur möglich, wenn die Erlaubnis ohne Antrag erteilt oder trotz Antragsrücknahme oder Aufhebungsantrag nicht zurückgenommen bzw. widerrufen wird. So lag der vorliegende Fall jedoch nicht: Der Kläger hatte vielmehr seinen Erlaubnisantrag während des Berufungsverfahrens zurückgenommen, worauf die Landesapothekerkammer die Erlaubnis, soweit sie den Kläger betraf, aufgehoben hatte. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs schied eine Verletzung der Rechte des Klägers jedoch auch insoweit aus, als die Erteilung der Erlaubnis an die Inhaber der beiden anderen Apotheken in Rede stand. Dem Inhaber einer Apotheke steht nämlich kein Abwehrrecht gegen eine Rezeptsammelstelle Dritter zu. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 ApBetrO ist die Erlaubnis zur Unterhaltung einer Rezeptsammelstelle zu erteilen, wenn zur ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von abgelegenen Orten oder Ortsteilen ohne Apotheke eine Rezeptsammelstelle erforderlich ist. Die Einrichtung einer Rezeptsammelstelle ist ein Notbehelf, durch den der Grundsatz, daß Arzneimittel nur persönlich und in den Betriebsräumen einer Apotheke abgegeben werden dürfen, durchbrochen wird. Dies läßt sich nur dann rechtfertigen, wenn anders die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung nicht sicherzustellen ist.1 Die Entscheidung darüber, ob die Einrichtung einer Rezeptsammelstelle erforderlich ist oder nicht, obliegt somit der zuständigen Behörde allein im öffentlichen Interesse. Ausschlaggebend ist dabei ausschließlich das Gesetzesziel einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung. § 24 Abs. 1 Satz 2 ApBetrO läßt ebensowenig wie die zugrunde liegende gesetzliche Ermächtigung in §21 Abs. 2 Nr. 9 Apothekengesetz (ApoG) erkennen, daß die zuständige Behörde darüber hinaus auch die wirtschaftlichen Interessen der von ihrer Entscheidung möglicherweise berührten Apotheken zu wahren hätte.2 Etwas anderes ergibt sich, so die Mannheimer Richter, auch nicht aus den Grundrechten der Inhaber dieser Apotheken. Zwar sei es möglich, daß durch die Einrichtung einer Rezeptsammelstelle der Erlaubnisinhaber seinen Konkurrenten Kunden abwerbe; andererseits gehöre ein Kundenkreis oder ein festes Einzugsgebiet jedoch nicht zum eigentumsrechtlich geschützten Bestand einer Apotheke.3 Soweit dem Erlaubnisinhaber durch die Rezeptsammelstelle ein Marktvorteil erwachse, gebiete freilich Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) der Behörde, die in ihren Interessen berührten Apotheken gleich zu behandeln. Daß dieser Grundsatz im vorliegenden Fall beachtet worden ist, stand außer Frage. Die Landesapothekerkammer hatte alle drei Künzelsauer Apothekenleiter - auch den Kläger - zur beabsichtigten Einrichtung der Rezeptsammelstelle angehört und ihnen damit Gelegenheit gegeben, ihre Teilnahme daran zu beantragen. Die Klage des Apothekenleiters wurde deshalb als unzulässig abgewiesen.

1BVerwG, Urteil vom 9.7.1974, BVerwGE 45, 331, 337 2VGH Bad.-Würrt., Urteil vom 6.2.1996, Az.: 9 S 1531/95 3BVerwG, Beschluß vom 25.6.1982, Buchholz 418.21 ApBetrO Nr. 3.

Rechtsanwalt Dr. Christian Rotta, Stuttgart

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