Arzneimittel und Therapie

Sulfonylharnstoffe: Hypoglykämie durch Fasten?

Die Gefahr einer Hypoglykämie unter einer Sulfonylharnstofftherapie ist auch bei kurzfristigem Fasten für ältere Typ-II-Diabetiker äußerst gering. Wahrscheinlich schützt eine erhöhte Adrenalinaussschüttung vor dem Unterzucker.

Einigen Studien zufolge begünstigen fortgeschrittenes Alter, Fasten und die Einnahme von Sulfonylharnstoffen eine Hypoglykämie bei Typ-II-Diabetikern. Um diese möglichen Risiken besser einzuschätzen zu können, wurde an verschiedenen Kliniken in New Mexico eine prospektive, randomisierte, doppelblinde Studie durchgeführt.

Studie mit 52 Typ-II-Diabetikern Dazu wurden 52 Typ-II-Diabetiker im Durchschnittsalter von 65,1 Jahren ausgewählt, deren Diabetes seit längerem mit einem Sulfonylharnstoff der zweiten Generation behandelt wird. Jeder Patient nahm an einem dreiwöchigen Behandlungszyklus teil: In der ersten Woche erhielt der Patient ein Plazebo, dann folgte eine 23stündige Fastenperiode. In der zweiten Woche erhielten die Patienten entweder einmal täglich 10 mg Glibenclamid (Euglucon®) oder Glipizid (Glibenese®) als gastrointestinales therapeutisches System, dann folgte wiederum eine 23stündige Nahrungskarenz. In der dritten Woche erhielten die Studienteilnehmer 20 mg Glibenclamid bzw. Glipizid, gefolgt von einer 23stündigen Nahrungskarenz. Während der letzten neun Stunden der Fastenperiode wurden halbstündlich die Blutzuckerwerte, Insulin-, C-Peptid-, Glucagon-, Adrenalin- und Noradrenalinkonzentrationen ermittelt. Zusätzlich waren die Patienten angewiesen worden, ihr persönliches Befinden (Schläfrigkeit, Hunger, Nervosität, Schwächegefühl, Schwitzen, Kopfschmerzen, Zittern, Konzentrationsschwierigkeiten, Herzklopfen) anhand eines Fragebogens zu beurteilen.

Ergebnisse
• Wie zu erwarten war, sank der Plasmaglucosewert unter der Sulfonylharnstofftherapie, und zwar nach der Einnahme von 20 mg Glibenclamid auf 88 mg/dl (Plazebo 150 mg/dl) und nach der Applikation von 20 mg Glipizid auf 105 mg/dl (Plazebo 157 mg/dl). Bei keinem der Studienteilnehmer war eine Hypoglykämie (definiert als Plasma-Glucosewert 60 mg/dl) aufgetreten. Die subjektive Patientenbeurteilung war in allen Gruppen ähnlich.
• Das Seruminsulin war in den Verumgruppen höher als in der Plazebogruppe; die höchsten Insulinwerte wurden nach der Gabe von 10 und 20 mg Glibenclamid gemessen.
• Die C-Peptide ("Connecting peptide" oder Proinsulin; Parameter für die endogene Insulinsekretion) waren in den Verumgruppen höher als in der Plazebogruppe. Die C-Peptide waren in der Glibenclamidgruppe (bei der 20 mg Dosierung) höher als in der Glipizidgruppe (ebenfalls bei 20 mg).
• Die Konzentrationen von Adrenalin waren in den Verumgruppen höher als in der Plazebogruppe (P<0,001). Die erhöhte Adrenalinausschüttung trug wahrscheinlich dazu bei, daß in dieser Studie keine durch Sulfonylharnstoffe induzierte Hypoglykämie aufgetreten war.

Literatur Burge, M. R., et al.: A prospective trial of risk factors for sulfonylurea-induced hypoglycemia in type 2 diabetes mellitus. J. Am. Med. Assoc. 279, 137-143 (1998). Dr. Petra Jungmayr, Esslingen

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