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DPhG Münster: CE-Trennung von Enantiomeren mit derivatisierten Cyclodextrinen

Im Rahmen des Pharmazeutisch-lebensmittelchemischen Kolloquiums der Universität Münster referierte am 19. Mai 1998 Prof. Dr. G. Vigh, University of Texas, über die theoretischen Hintergründe der Verwendung von geladenen Cyclodextrinen für die Enantiomerentrennung mittels Kapillarelektrophorese.

Racemate können mittels Kapillarelektrophorese (capillary electrophoresis, CE) unter optimierten Bedingungen erfolgreich getrennt werden. Für die Auftrennung der Analyte in ihre Enantiomere haben sich Puffersysteme bewährt, denen Cyclodextrine als chirale Selektoren zugesetzt werden. Die Analyte durchwandern somit eine quasistationäre Phase. Verschiedene Cyclodextrine (a, b, g) sind kommerziell erhältlich, sie unterscheiden sich in der Anzahl der zu einem Ring verknüpften Glucoseeinheiten (6, 7 oder 8 jeweils a1,4-verknüpfte Einheiten) und damit in der Größe des entstehenden Hohlraumes.

Physikochemische Kontrollvariablen Die Optimierung der Trenneffizienz ist für die CE von großer Bedeutung, da im Vergleich zur Flüssigchromatographie die Enantioselektivität geringer ist. Die folgenden physikochemischen Kontrollvariablen bestimmen die Qualität der Trennung:
• Die Feldstärke des angelegten Potentials und die Länge der Kapillare.
• Die Selektivität, definiert als der Quotient aus dem effektiven Mobilitätsunterschied der beiden Enantiomere und ihrer mittleren Mobilität, und die Trennselektivität, definiert als der Quotient der Kapazitätsfaktoren.
• Die elektroosmotische Mobilität (Flußrate), die ein positives Vorzeichen trägt, wenn sich Analyt und elektroosmotischer Fluß in eine Richtung bewegen, und die negativ wird, wenn die Richtungen von Analyt und elektroosmotischem Fluß gegenläufig sind.
• Die effektive Ladungsdichte der beiden Enentiomere. Erhöht sich die effektive Ladung zum Beispiel um den Faktor 4, resultiert eine zweifach bessere Auflösung. Aus einer dreidimensionalen Darstellung der Peakauflösung, Selektivität und elektroosmotischen Mobilität wurden der Zusammenhang und die Grenzen der Optimierung der drei Variablen deutlich. Der Anstieg von Selektivität und Auflösung erfolgt zunächst linear, für die verbesserte Auflösung muß dann jedoch eine erniedrigte Flußrate und damit eine verlängerte Analysenzeit in Kauf genommen werden.

Derivatisierte Cyclodextrine Für die kapillarelektrophoretische Trennung werden neutrale und derivatisierte, ionische Cyclodextrine eingesetzt. Dabei eignen sich die neutralen Cyclodextrine nur für die Auftrennung geladener Analyte, die ionischen sowohl für neutrale als auch für geladene Analyte. In den letzten Jahren hat der Einsatz der derivatisierten Cyclodextrine stark zugenommen. Kommerziell erhältlich sind
• anionische Cyclodextrinderivate, nämlich schwach saure Carboalkoxy-(Carbomethoxy- und Carboethoxy-) oder Succinylderivate und stark saure Sulfoethyl- und Sulfobutylderivate, mit denen sich basische Enantiomere erfolgreich trennen lassen, und
• kationische Cyclodextrinderivate, nämlich schwach basische Methylaminoderivate und stark basische quartäre Ammoniumderivate. Diese kommerziell erhältlichen modifizierten Cyclodextrine weisen einen gemischten Substitutionsgrad auf, das heißt, tatsächlich liegt ein Gemisch aus teilweise und vollständig derivatisierten reaktionsfähigen Hydroxygruppen der Glucose vor. Diese unterschiedliche Anzahl von Isomeren führt zu starken Unterschieden der resultierenden Ladungen und der Verteilung der Ladungen. Die Folge für den Analytiker sind breite Mobilitätsverteilungen, unerwünschte Migrationseffekte und unterschiedliche Selektivitäten des Materials, abhängig vom Hersteller. Wie Professor Vigh durch massenspektrometrische Untersuchungen zeigen konnte, enthalten die derivatisierten Cyclodextrine zudem unerwünschte Syntheserückstände wie Ameisensäure oder Chloridionen. Diese zusätzlichen Komponenten verursachen zusammen mit den gemischten Substitutionsgraden eine hohe Chargen-abhängige Variation, die zu unvorhersagbaren Trennergebnissen führt.

Optimierung der Trennung Gute ionische Cyclodextrine sollten aus einem einzigen Isomer bestehen, eine permanente und maximale Ladung aufweisen, über einen breiten pH-Bereich stabil und hochgradig rein sein. Dies ist bislang nur durch die eigene Synthese der gewünschten Derivate gewährleistet. So gelang es der Arbeitsgruppe von Professor Vigh, hochreine sulfatierte Cyclodextrinderivate herzustellen. Welches Cyclodextrin für ein bestimmtes Trennproblem geeignet ist, läßt sich nicht vorhersagen, wohl aber ist mit einem der reinen Derivate sehr wahrscheinlich eine effektive Trennung zu erreichen. Einige Voraussagen zur Optimierung der Trennung lassen sich auf der Basis physikochemischer Gesetzmäßigkeiten machen. Oft beobachtet man nämlich ein diskontinuierliches Ergebnis der Effizienzoptimierung bei kontinuierlicher Veränderung einer der Kontrollvariablen. Neutrale Analyte zeigen bei ihrer kapillarelektrophoretischen Trennung keine Abhängigkeit vom pH-Wert der Pufferlösung, die Selektivität der Trennung nimmt exponentiell mit der Erhöhung der Cyclodextrinkonzentration ab. Ionische Analyte zeigen einen diskontinuierlichen Zusammenhang zwischen Selektivität und Cyclodextrinkonzentration. Bei schwachen Elektrolyten verhält es sich so, daß sie entweder bei hohen oder bei niedrigen pH-Werten (pH 2,5 oder 9,5) eine Trennung erfahren. Bei diesen Analyten ist es also überflüssig, mittlere pH-Werte zu erproben. Dr. P. Högger

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