Arzneimittel und Therapie

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Fisch schützt - aber nur bedingt!

Ist Fisch gesund? Die meisten von uns werden diese Frage spontan mit "ja" beantworten und dabei an Iodid zur Prophylaxe von Schilddrüsenerkrankungen sowie an mehrfach ungesättigte Fettsäuren denken, die kardiovaskulären Erkrankungen vorbeugen sollen. Doch so gesichert der positive Effekt von Fischmahlzeiten auf die Schilddrüse ist, so divergent ist die Datenlage, wenn es um den Einfluß ungesättigter Fettsäuren auf Herztod und Herzinfarkt geht. Eine aktuelle Untersuchung konnte jetzt zumindest einen Aspekt erhärten: Regelmäßige Fischmahlzeiten scheinen das Risiko für den plötzlichen Herztod tatsächlich zu senken. Die Gründe dafür sind jedoch alles andere als eindeutig.

In einer prospektiven Kohortenstudie wurden 20551 Ärzte aus der bereits seit 1982 laufenden Physician's Health Study im Hinblick auf Fischkonsum und kardiovaskuläre Erkrankungen untersucht. Über einen Zeitraum von elf Jahren, entsprechend 253777 Personenjahren, wurden die Eßgewohnheiten mit einem semiquantitativen Fragebogen regelmäßig dokumentiert. Herzerkrankungen, insbesondere ein plötzlicher Herztod, wurden anhand von Krankenhausaufzeichnungen und Aussagen nahestehender Verwandte verifiziert.

Regelmäßig Fisch essen Die meisten Probanden waren dem Nahrungsmittel Fisch nicht abgeneigt. Über 80% aßen wöchentlich eine bis vier Fischmahlzeiten, im Mittel 2,5. Etwa ein Zehntel gönnte sich mindestens fünfmal wöchentlich Fisch, und nur 3% gaben an, selten oder nie Fisch zu essen. Dabei zeigte sich, daß diejenigen Ärzte besonders viel Fisch aßen, die ohnehin ein erhöhtes koronares Risiko hatten, beispielsweise durch erhöhte Cholesterinwerte oder eine Hypertonie - wahrscheinlich in der Annahme, einer kardiovaskulären Erkrankung vorbeugen zu können.

Plötzlicher Herztod seltener Im Beobachtungszeitraum traten 133 plötzliche Herztode auf - definiert als Todeseintritt innerhalb einer Stunde nach Symptombeginn -, von denen 115 als gesichert und 18 als wahrscheinlich eingestuft wurden. Dabei ließ sich ein direkter Zusammenhang mit der Häufigkeit von Fischmahlzeiten erkennen: Auch unter Berücksichtigung von Alter, individuellen koronaren Risikofaktoren und Medikation erlagen Probanden, die regelmäßig Fisch aßen, seltener einem plötzlichen Herztod. Signifikant war der Unterschied zwischen den Männern, die ein- bis zweimal wöchentlich Fisch auf dem Teller hatten, im Vergleich zu Männern, die weniger als einmal pro Monat Fisch aßen: Das relative Risiko der Fischliebhaber lag nur bei 0,48. Wer durch noch mehr Fisch sein Risiko weiter reduzieren will, muß dagegen enttäuscht werden. Auch fünf Fischmahlzeiten pro Woche senken die Gefahr des plötzlichen Herztods nur noch unwesentlich mehr.

Kein Einfluß auf Herzinfarkt Insgesamt 737 Probanden erlitten in den elf Jahren einen Herzinfarkt. Hier konnte allerdings ebenso wie bei anderen kardiovaskulären Erkrankungen kein Zusammenhang mit dem Fischkonsum festgestellt werden. Unterm Strich ergab sich jedoch eine Senkung der Gesamtmortalität. Dieses Ergebnis deckt sich mit Daten einer früheren Studie. Dort wurde gezeigt, daß regelmäßiger Fischkonsum zwar die Anzahl tödlicher Herzinfarkte nicht senkt, die Gesamtmortalität jedoch um 29% reduziert. Wo aber liegen die Ursachen für den positiven Effekt von Fisch auf den plötzlichen Herztod?

Mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind nicht alles Im Mittelpunkt des Interesses stehen hier die mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren. Einiges spricht jedoch dafür, daß nicht sie oder zumindest nicht sie allein protektiv wirken. In der Studie wurde die durchschnittliche monatliche Aufnahme dieser Fettsäuren auf etwa 5,9 Gramm geschätzt. Dies entspricht etwa einer fettigen Fischmahlzeit pro Woche. Nur bei wenigen Probanden lag sie unter 0,3 Gramm pro Monat. Ein Blick auf den Zusammenhang zwischen mehrfach ungesättigten Fettsäuren und plötzlichem Herztod machte aber deutlich, daß Fettsäuren allein anscheinend für einen deutlich positiven Effekt nicht ausreichen. Sie senkten zwar das Risiko für den plötzlichen Herztod, allerdings weder dosisabhängig noch linear. Im Klartext: Bereits geringe Mengen Omega-3-Fettsäuren reduzierten das Risiko im gleichem Maße wie hohe Konzentrationen. Insgesamt war die Risikoreduktion jedoch niedriger als durch den Konsum von Fisch. Dies legt die Wahrscheinlichkeit nahe, daß bereits geringe Mengen mehrfach ungesättigter Fettsäuren einen protektiven Effekt besitzen, und daß daran noch andere Bestandteile im Fisch beteiligt sind. Unterstützt wird diese Hypothese, wenn die Art des gegessenen Fischs berücksichtigt wird. Erstaunlicherweise senkten Fische mit dunklem Fleisch, wie Makrelen, Sardinen oder Schwertfische, das Risiko für den plötzlichen Herztod deutlich schlechter - obwohl gerade bei ihnen der Anteil mehrfach ungesättigter Omega-3-Fettsäuren besonders hoch ist. Welche Substanzen im Fisch hier noch positiv wirken, ist allerdings unklar.

Möglicherweise Schutz vor tödlichen Herzrhythmusstörungen Immer wahrscheinlicher wird dagegen die Vermutung, daß regelmäßige Fischmahlzeiten deshalb dem plötzlichem Herztod vorbeugen, weil tödliche Herzarrhythmien verhindert werden. In experimentellen Studien an Hunden und Primaten konnte bereits vor längerem die antiarrhythmische Wirkung mehrfach ungesättigter Omega-3-Fettsäuren gezeigt werden. Literatur Albert, C. M., et al.: Fish consumption and risk of sudden cardiac death. J. Am. Med. Assoc. 279, 23-28 (1998). Dr. Beate Fessler, München

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