BVA-Info

Neue Tarifkonzepte: Blockadepolitik bringt uns nicht weiter

Stellungnahme des BVA zur Presseerklärung des Arbeitgeberverbandes Deutscher Apotheken (ADA) vom 7.Mai 1998, DAZ Nr.19, S.20.

"""Im Gespräch sein" über neue Tarifkonzepte kann offenbar sehr unterschiedlich ausgelegt werden. Der BVA jedenfalls erwartet nach wie vor ausführliche Diskussionen mit der Arbeitgeberseite über neue Tarifkonzepte und nicht ein Verstecken hinter der Formulierung, die Arbeitgeber hätten "kein Mandat" ihrer Mitgliederversammlung, über so etwas zu sprechen. Es bestünde natürlich bei ehrlichem Willen zu Gesprächen die Möglichkeit, sich ein solches Mandat zu besorgen... dies nur als Anregung. Immerhin ist bereits ein Landesapothekerverband aus dem ADA ausgetreten, weil solche Gespräche nicht möglich waren. An einer Erosion des ADA kann aber in der derzeitigen Situation wohl niemandem gelegen sein, am wenigsten den Arbeitgebern selbst.

Wollen wir PKA-Gehälter auf Sozialhilfeniveau? In ausführlichen Diskussionen wäre es auch möglich, für alle noch unklaren Punkte, die der ADA in seiner Presseerklärung anspricht, eine Lösung zu finden. Aber irgendwann müssen auch Arbeitgeber begreifen, daß sie Leistung nur bei einigermaßen angemessener Honorierung erwarten können. Eine weitere Absenkung der Grundgehälter, die ohnehin schon skandalös niedrige sind, würde zumindest bei der Berufsgruppe der PKA in die Nähe der Sozialhilfe führen - liegt das im Interesse der Apothekerschaft? Läßt sich die Zukunft der Apotheke sichern, indem nur wenig mehr als Sozialhilfe gezahlt wird? Meinen die Arbeitgeber, besonders motiviertes Personal zu haben, wenn eine PTA nach einem anstrengenden Zehn-Stunden-Tag in den Bus steigen muß, weil sie sich als Alleinerziehende von ihrem Gehalt beim besten Willen kein Auto leisten kann? Dagegen steht, daß vier Fünftel aller Apothekenleiter noch immer ein Jahresgehalt von ca. 120000 DM haben, was so schlecht nun auch wieder nicht ist. Und auch die munter steigende Zahl von Apotheken zeigt, daß die Zukunftsaussichten wohl doch nicht so abschreckend sind. Zu behaupten, daß "keine weiteren Zuwächse" bei den Umsätzen zu erwarten sind und kein "Anlaß zu Optimismus" besteht, ist als Argument genauso unbewiesen wie das Gegenteil: Daß nämlich die Gesundheit immer wichtiger wird für den einzelnen, er/sie bereit ist, mehr Geld dafür auszugeben und daß zumindest im Selbstmedikationsbereich die Steigerungsmöglichkeiten sehr wohl optimistisch zu betrachten sind.

Heilige Scheu davor, Zahlen offenzulegen? Selbstverständlich liegt auch unser Augenmerk auf dem Erhalt von Arbeitsplätzen. Daher entstand 1997 ein tragfähiger Kompromiß zwischen BVA und ADA, die Härteklausel. Ein durchaus innovativer Schritt und eher selten in der deutschen Tariflandschaft, aber wohl doch etwas zu modern, die Härteklausel wird nämlich kaum bzw. viel zu selten angewendet. Dies läßt mehrere Schlüsse zu: Die Härteklausel ist zu kompliziert. Allerdings sollte von einem Arbeitgeber, der immerhin ein Hochschulstudium hinter sich gebracht hat und imstande ist, einen Gesetzestext zu lesen und in die Praxis umzusetzen (tägliches Brot in der Apotheke), die Umsetzung der Härteklausel möglich sein, zumal ihm ja auch die Rechtsberatung seiner Tarifgemeinschaft hilfreich zur Seite stehen kann. Andere Interpretationsmöglichkeit: Die heilige Scheu eines Arbeitgebers, seine Bücher und Zahlen offenzulegen. Vielleicht würde dabei nämlich offensichtlich, daß es so schlecht nun auch wieder nicht steht?

Was nutzt eine Inflation von Mini-Arbeitsplätzen? Auch andere Möglichkeiten nach dem BRTV, vorübergehend Kosten zu senken, werden kaum genutzt. Statt dessen gehen die meisten Arbeitgeber den Weg des geringsten Widerstandes, nämlich die Änderungskündigung mit zum Teil drastischen Stundenreduktionen (Ergebnis aus der Frühjahrsumfrage des BVA, die demnächst vorgestellt wird). Was nutzt eine Inflation von Mini-Arbeitsplätzen? Angestellte mit Teilzeitarbeitsplätzen am Rande des Existenzminimums, davon aber ganz viele? So läßt sich die "Jobmaschine Apotheke", die ja auf den ersten Blick durchaus erfreulich erscheint, auch interpretieren.

Angestellte nehmen seit Jahren Reallohneinbußen hin Natürlich sind die Gehälter der MitarbeiterInnen in den "vergangenen Jahren" um 7% gestiegen; leider verschwieg der ADA, welchen Zeitraum die "vergangenen Jahre" umfassen. Diese Behauptung ist in etwa so aussagekräftig wie die, daß die Umsätze der Apotheken in den "vergangenen Jahren" um 20% gestiegen sind - man muß halt nur weit genug in die Vergangenheit zurückschauen... Glücklicherweise müssen die ArbeitnehmerInnen in den Apotheken für ihre "7%" nicht bis in die 60er und 70er Jahre zurück, sonst gäbe es vermutlich keine Angestellten mehr in Apotheken. In den vergangenen fünf Jahren sind die Gehälter in Apotheken um ganze 6,4% gestiegen, macht pro Jahr 1,3%. Das ist nicht einmal der Inflationsausgleich, die Angestellten nehmen also seit Jahren Reallohneinbußen hin und tragen damit erheblich zur Konsolidierung der Gesamtkosten in Apotheken bei. Zum Vergleich: In diesem Zeitraum erhielten alle anderen ArbeitnehmerInnen 12,1% (=2,4% pro Jahr) mehr Gehalt, obgleich auch andere Branchen unter einer wirtschaftlich angespannten und schwierigen Lage leiden. Wer morgen noch qualifizierte Angestellte in der Apotheke haben will (und wir setzen voraus, daß auch die Apothekenleiter die Notwendigkeit dazu einsehen), muß heute ehrliche Gespräche ohne Tabus mit den ArbeitnehmerInnen führen und nicht eine Blockadepolitik von Nullrunden und dem Vorwurf der Leistungsverweigerung betreiben. So nicht! BVA Presse

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