Arzneimittel und Therapie

Kopfhaut-Psoriasis: Calcipotriol als Lösung

Die Therapie der Psoriasis auf der Kopfhaut ist schwierig, denn die Haare schränken den Zugang zu den Psoriasisherden ein. Cremes und Salben machen die Haare fettig, und manche Antipsoriatika riechen zudem unangenehm und können die Haare verfärben. Aus diesem Grund sind Arzneistoffe in Darreichungsformen erwünscht, die wirksam, gut zu applizieren und kosmetisch unauffällig sind. Diese Forderung trifft auf die seit kurzem erhältlichen Lösungen von Calcipotriol zu. Calcipotriol ist ein Vitamin-D3-Analogon, das vor mehr als sechs Jahren zur Therapie der Psoriasis eingeführt wurde.

Die Psoriasis oder Schuppenflechte ist eine Autoimmunerkrankung, an der schätzungsweise 1,5 bis 2% der Deutschen leiden. Sie befällt die Haut mit plaqueartigen Erythemen, die mit silbrigen Schuppen bedeckt sind. Bei den einen finden sich diese "erythemato-squamösen Plaques" nur an wenigen, eng begrenzten Körperpartien (zum Beispiel Ellenbogen, Knie, Genitalbereich), bei den anderen sind hingegen weite Bereiche der Körperhaut überzogen.

Psoriasis an der Kopfhaut Etwa 50 bis 80% der Psoriatiker erkranken an der Kopfhaut. Das ist für die meisten Patienten besonders belastend, weil zahlreiche kosmetische Probleme entstehen: Die mit einer weißlichen Schuppung bedeckten Hautpartien verursachen einen quälenden Juckreiz, und die Haare werden infolge der chronischen Entzündung dünn. Die Psoriasisherde "wandern aus der behaarten Kopfhaut heraus" und sind offen sichtbar. Dazu kommt, daß sich auf den befallenen Hauptpartien dicke Schuppenkrusten bilden, die auf die Kleidung herabrieseln und als sehr störend empfunden werden. Viele Psoriatiker ziehen sich vor allem wegen dieser Begleiterscheinungen aus ihren sozialen Kontakten zurück und vereinsamen.

Unkontrolliertes Wachstum und Entzündung Aus noch ungeklärter Ursache vermehren sich beim Psoriatiker die Keratinozyten in der Epidermis exzessiv. Dadurch kommt es zu einer starken Schuppung der Haut, denn die Keratinozyten werden vermehrt abgestoßen. Neben dieser gesteigerten Zellproliferation kennzeichnen entzündliche Veränderungen die psoriatische Haut. In die Epidermis wandern neutrophile Granulozyten ein, die sich abszeßartig unter dem Stratum corneum zusammenballen, sowie aktivierte T-Lymphozyten, die die entzündliche Reaktion verstärken und über einen langen Zeitraum aufrecht erhalten.

Die Therapie ist schwierig Die Psoriasis ist auf der Kopfhaut schwieriger zu behandeln als auf der freien Haut, denn durch die Haare ist der Zugang zur Kopfhaut begrenzt. Auch sind die in der Dermatologie gängigen Darreichungsformen Creme und Salbe an der Kopfhaut schlecht einsetzbar, weil sie leicht mit den Haaren verkleben und sich nur mühsam auswaschen lassen. Außerdem sind die meisten zur Behandlung der Psoriasis eingesetzten Wirkstoffe bei den Patienten unbeliebt: Die Salicylsäure, die meist in Form öliger Lösungen unter speziellen Kopfkappen verwendet wird, schmiert; Dithranol hingegen kann helle Haare färben. Auch Teere färben die Haare. Zudem hinterlassen sie einen unangenehmen Geruch, der sich an den Haaren lange festsetzt. Gut auf der Kopfhaut sind hingegen alkoholische Lösungen einzusetzen, vor allem mit Glucocorticoiden und dem Vitamin-D3-Analogon Calcipotriol.

Wirkung auf das Immunsystem Das Vitamin-D3-Analogon Calcipotriol besitzt eine ähnliche Molekülstruktur wie das Vitamin-D-Hormon Calcitriol, die eigentliche Wirkform des Vitamin D3. Calcipotriol hat eine hohe Affinität zu den Vitamin-D-Rezeptoren, die auch auf den Immunzellen in der Haut sitzen und dort offensichtlich an der Regulation der Keratinozyten und an verschiedenen immunmodulierenden Prozessen mitwirken. Calcipotriol übt einen nachhaltigen immunsuppressiven Effekt aus. Die Substanz ist auf der Kopfhaut gut verträglich. Als Nebenwirkung wurde in den klinischen Studien nur ein gelegentliches Brennen kurz nach dem Auftragen genannt. Mit systemischen Nebenwirkungen (Hypercalcämien) ist nicht zu rechnen, denn die Kopfhaut resorbiert im Vergleich zur Gesichtshaut schlecht. Trotzdem darf aus Sicherheitsgründen die maximale wöchentliche Dosis (60 ml einer 0,005%igen Lösung) nicht überschritten werden. Für Kinder sind Calcipotriol-Lösungen in Deutschland nicht zugelassen. Obwohl die Lösungen weltweit bei der vergleichsweise seltenen Kinder-Psoriasis verwendet werden, stehen die für eine Zulassung notwendigen klinischen Studien in Deutschland noch aus.

Kombinationen sinnvoll Calcipotriol eignet sich zur Monotherapie der Kopfhaut-Psoriasis, wenn die Entzündung gering ist. Bei einer Kombinationstherapie sollen die Wirkungen der Einzelsubstanzen potenziert und gleichzeitig die Nebenwirkungen vermindert werden. Liegt beispielsweise eine stark schuppende Kopfhaut-Psoriasis vor, ist ein Therapiebeginn mit Salicylsäure sinnvoll. Die Wirkung wird verstärkt, wenn der Patient während der Nacht eine Kopfkappe trägt. Danach wird mit einer Calcipotriol-Lösung behandelt. Eine stark entzündliche Psoriasis hingegen erfordert oftmals eine kurzfristige, einleitende Behandlung mit einem topischen Glucocorticoid, das sich mit Calcipotriol kombinieren läßt. Ebenfalls sinnvoll bei der entzündlichen Kopfhaut-Psoriasis ist eine Kombination von Calcipotriol mit Teer oder mit Dithranol.

Quelle Priv.-Doz. Dr. Jörg C. Prinz, München, Priv.-Doz. Dr. Lutz Kowalzick, Plauen, Priv.-Doz. Dr. Sigbert Jahn, Hamburg, Pressegespräch "Neue Behandlungsmöglichkeiten der Kopf-Psoriasis: Die Lösung", München, 28. April 1998, veranstaltet von der Firma Asche AG, Hamburg. Michael Stein, München

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