Rechtsprechung aktuell

Zugaberecht: "Laminierte Tragetaschen" dürfen in der Apotheke abgegeben werden

Kleine Lacktragetaschen dürfen von Apotheken als "Transporthilfe" unentgeltlich an Kunden abgegeben werden. Ein Verstoß gegen die geltende Zu-gabeverordnung liegt dabei nicht vor. Dies hat das Hanseatische Oberlandesgericht Bremen rechtskräftig entschieden. (Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 26. März 1998, Az.: 2 U 92/97

Nach Auffassung der Bremer Richter handelt es sich bei "laminierten Papiertragetaschen (Format 17 ◊ 23 cm), die sich auf eine Breite von 9,5 cm ausfalten lassen, an Stoffkordeln getragen werden und auf den Schauseiten mit farbigen Bildmotiven bedruckt sind", um handelsübliches Zubehör im Sinne von § 1 Abs. 2d der Zugabeverordnung (ZugabeVO). Zwar sei es zutreffend, daß vergleichbare Taschen im Einzelhandel für knapp 6 DM zum Kauf angeboten würden - freilich nicht zur "Verwendung als Transporthilfe für gerade erworbene andere Waren, sondern als vorgefertigte Verpackung für Gegenstände, die zu bestimmten Gelegenheiten wie Geburtstagen oder privaten Einladungen verschenkt werden". Nach Auffassung des Gerichts haben die in der Apotheke abgegebenen Tragetaschen im wesentlichen dieselbe Funktion wie aufwendig gestaltete Verpackungen aus Geschenkpapier mit den dabei zur Verzierung üblichen Applikationen. Auch könne ein Apothekenkunde die Tasche wegen des Werbeaufdrucks schwerlich als Geschenkverpackung für andere Mitbringsel verwenden. Schließlich würden die Papiertragetaschen auch als Transporthilfe keinen nennenswerten Zweitnutzen haben. Zum wiederholten Transport anderer Inhalte seien sie - anders als etwa Stofftragetaschen - wegen ihrer geringeren Haltbarkeit nicht geeignet. Die relative Stabilität der Taschen trage lediglich der Notwendigkeit Rechnung, daß sie beim einmaligen Transport der in der Apotheke erworbenen Waren einen Regenschauer unbeschadet überstehen müßten. Vor diesem Hintergrund seien die hier genannten Lacktragetaschen als zugaberechtlich erlaubtes Zubehör anzusehen, soweit der Wert der Verpackung nicht außerhalb der Handelsüblichkeit liege. Letzteres sei nicht der Fall, weil in Drogerien, Parfümerien und den Kosmetikabteilungen von Kaufhäusern für Kosmetik- und Körperpflegeartikel durchaus auch aufwendige Verpackungen handelsüblich seien.

Verpackungszweck steht im Vordergrund Schließlich betont das Oberlandesgericht, daß die Verpackung einer Ware selbst dann, wenn sie einen Zweitnutzen bietet, in der Regel keine nach § 1 Abs. 1 ZugabeVO verbotene Zugabe ist. Unzulässig seien Zugaben erst dann, wenn dabei der Verpackungszweck gegenüber anderen Verwendungzwecken stark in Hintergrund trete. Im vorliegenden Fall habe über den Verpackungszweck und die Funktion als Tragehilfe hinaus kein beachtlicher weiterer, selbständiger Verwendungszweck bestanden. Im übrigen komme es für die Handelsüblichkeit einer solchen Verpackung und Tragehilfe nicht darauf an, wieviel der Kunde für den isolierten Kauf einer derartigen Tragetasche ausgeben müsse, sondern darauf, welchen Aufwand der Einzelhändler hierfür zu treiben habe. Entscheidend sei, ob dieser Aufwand von den beteiligten "kaufmännischen Verkehrskreisen" als angemessen und wirtschaftlich vernünftig gebilligt werde. Dies war nach Auffassung des Gerichts im vorliegenden Fall ohne weiteres zu bejahen, da vergleichbare Tragetaschen - zum Beispiel in Inseraten der "Pharmazeutischen Zeitung"! - zu Preisen deutlich unter 1 DM angeboten werden. Dieser Aufwand liege deutlich unter dem Wert üblicher Geschenkverpackungen, zumal hierfür auch noch ein zusätzlicher Personalaufwand erforderlich sei. Das Oberlandesgericht Bremen sah es deshalb als zulässig an, in Apotheken sogenannte Lacktragetaschen an Kunden abzugeben und wies die Klage des Vereins zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs e.V. als unbegründet ab. Mit dem Urteil liegt eine weitere obergerichtliche Entscheidung zur "Tragetaschen-Problematik" vor. In einer Entscheidung vom 10. März 1994 hatte der Bundesgerichtshof die kostenlose Abgabe von Stofftragetaschen an Kunden in der Apotheke wegen Verstoßes gegen die Zugabeverordnung für wettbewerbswidrig erklärt. Rechtsanwalt Dr. Christian Rotta, Stuttgart

1Vgl. BGH, DAZ 1994, 2300 2Köhler/Piper, § 1 ZugabeVO, Rdnr. 36 n.w.N.; BGH, GRUR 1975, 199 3BGH, WRP 1994, 540 n.w.N. 4Vgl. Anm. 1

§ 1 Zugabeverordnung (1) Es ist verboten, im geschäftlichen Verkehr neben einer Ware oder einer Leistung eine Zugabe (Ware oder Leistung) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren. Eine Zugabe liegt auch dann vor, wenn die Zuwendung nur gegen ein geringfügiges, offenbar bloß zum Schein verlangtes Entgelt gewährt wird. Das gleiche gilt, wenn zur Verschleierung der Zugabe eine Ware oder Leistung mit einer anderen Ware oder Leistung zu einem Gesamtpreis angeboten, angekündigt oder gewährt wird. (2) Die Vorschriften im Absatz 1 gelten nicht: a) wenn lediglich Reklamegegenstände von geringem Wert, die als solche durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung der reklametreibenden Firma gekennzeichnet sind, oder geringwertige Kleinigkeiten gewährt werden; b), c) ... d) wenn die Zugabe nur in handelsüblichem Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen besteht; als handelsüblich gilt insbesondere eine im Hinblick auf den Wert der Ware oder Leistung angemessene teilweise oder vollständige Erstattung oder Übernahme von Fahrtkosten für Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs, die im Zusammenhang mit dem Besuch des Geschäftslokals oder des Ortes der Erbringung der Leistung aufgewendet werden; e) - g) ... (3) ...

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