Arzneimittel und Therapie

Behandlung des Diabetes mellitus: GLP-1 - Darmhormon mit blutzuckersenkender Wir

Bei der Behandlung des Diabetes mellitus rückt mehr und mehr das Darmhormon GLP-1 in den Blickpunkt des Interesses. Es erhöht die Empfindlichkeit der pankreatischen Betazellen gegenüber Glucose und fördert die Insulinausschüttung. Die Freisetzung von GLP-1 wird durch Acarbose gefördert.

Derzeit gilt Acarbose neben Metformin als Mittel der ersten Wahl bei der Behandlung des Typ-2-Diabetes. Es reduziert den HbA1C um durchschnittlich 1,1 mg/dl. Bei der Anwendung allerdings braucht man etwas Geduld, denn die volle Wirkung entfaltet sich über drei bis sechs Monate. Danach aber behält das Medikament seine volle Wirksamkeit. Eine Wirkabschwächung wie bei anderen oralen Antidiabetika wird bei der Acarbose nicht beobachtet. Seit Jahren ist bekannt, daß der Alpha-Glucosidase-Inhibitor Acarbose nicht nur die postprandialen Blutzuckerspiegel senkt, das Blutzuckertagesprofil glättet und eine deutliche Reduktion des HbA1C bewirkt. Vielmehr wird auf lange Sicht auch ein Rückgang der Nüchternblutzuckerwerte registriert.

Kohlenhydrate stimulieren Bildung und Ausschüttung von GLP-1 Der Alpha-Glucosidase-Inhibitor Acarbose hat einen vergleichsweise "schlichten" Effekt: Er blockiert die Enzyme, die für den Aufschluß der Kohlenhydrate im oberen Dünndarm verantwortlich sind. Damit sorgt er dafür, daß mehr Kohlenhydrate in den unteren Dünndarm gelangen. Dort aber stimulieren Kohlenhydrate als Nahrungsreiz die Bildung und Ausschüttung des Darmhormons GLP-1 (Glucagon-like-Peptide-1), welches seinerseits den Kohlenhydratmetabolismus beeinflußt: GLP-1 stimuliert die Insulinsekretion der Betazelle, wodurch insbesondere die beim Typ-2-Diabetiker gestörte frühe Phase der Insulinausschüttung wieder verbessert wird. Außerdem wird die Insulinempfindlichkeit gesteigert. In entsprechenden Untersuchungen ließen sich unter Acarbose deutlich erhöhte GLP-1-Plasmaspiegel nachweisen, wobei diese sogar drei bis vier Stunden erhalten blieben. Dadurch wird verständlich, warum neben den anderen günstigen Wirkungen auf den Blutzucker letztlich auch eine Reduktion der Nüchternblutzuckerwerte unter der Therapie resultiert und die Insulinsensitivität des Typ-2-Diabetikers durch Acarbose gebessert wird.

GLP-1 als Arzneimittel? Wegen der Wirkungen von GLP-1, die langfristig zu einer Normalisierung des Blutzuckerspiegels führen, wurde versucht, GLP-1 herzustellen und als Arzneimittel aufzubereiten. Allerdings erwiesen sich all diese Versuche bislang als fruchtlos, denn das Molekül ist wenig stabil und weist nur eine Plasmahalbwertszeit von drei bis elf Minuten auf. Es ließe sich damit lediglich als Dauerinfusion applizieren, und entsprechende Untersuchungen zeigen eine Normalisierung der Blutzuckerspiegel unter solchen Bedingungen.

GLP-1 - das ideale Antidiabetikum? GLP-1 wäre aber auch aus anderen Gründen ein ideales Antidiabetikum: Seine Wirkung ist direkt vom Blutzuckerspiegel abhängig. Ist dieser hoch, so wirkt GLP-1 regulierend. Ist er allerdings niedrig oder normal, so zeigt sich kein Effekt. Eine Hypoglykämiegefahr, wie sie bei anderen Antidiabetika gefürchtet wird, besteht folglich nicht. GLP-1 führt außerdem zu einer Glucagonabsenkung, verzögert die Magenentleerung und hat eine appetitregulierende Wirkung. Da es in stabiler Form nicht herstellbar ist, wurde intensiv nach Wirkstoffen gesucht, welche die GLP-1-Bildung und -Freisetzung fördern. Dabei wurden die Wissenschaftler bei der Acarbose fündig, die als orales Antidiabetikum eingesetzt wird.

Quelle Prof. Dr. B. Göke, Bern, Prof. Dr. H. Laube, Gießen, Medien-Workshop "Effektive Blutzuckersenkung - auf Dauer nur durch GLP-1 möglich?" am 20. April 1998 im Rahmen des 104. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin in Wiesbaden, veranstaltet von Bayer Vital, Leverkusen. Christine Vetter, Köln

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