Die Seite 3

Editorial

Gesundheitsdschungel

"""Jährlich 8000 Tote durch Arzneien" - dies war die Überschrift für eine Meldung, die von der Deutschen Presseagentur in den letzten Tagen verbreitet wurde. Hintergrund war eine Mitteilung der Arzneimittelkommission der Bundesärztekammer, wonach rund 8000 Menschen in Deutschland jährlich an den Nebenwirkungen von Arzneimitteln sterben. Auch eine US-Studie hatte vor einigen Tagen auf Gesundheitsrisiken durch Nebenwirkungen aufmerksam gemacht. Verknüpft wurde diese Meldung mit der Forderung der Arzneimittelkommission, das Arzneimittelangebot in Deutschland zu verringern, der Arzt müsse sich mit einem "Dschungel von Arzneimitteln" auseinandersetzen, außerdem werde die Arzneimittellehre in der Medizinerausbildung nicht ausreichend berücksichtigt, so hieß es. Kommentatoren sprachen in diesem Zusammenhang sogar von "überforderten Medizinern", da es in Anbetracht der großen Arzneimittelzahl auf dem Markt schwerfalle, ohne ausreichende Kenntnisse in der Arzneimittelkunde die Spreu vom Weizen zu trennen.

Diese Punkte, die hier von der Arzneimittelkommission der Ärzte beklagt werden, sollten Anlaß sein, der Öffentlichkeit deutlich zu signalisieren, daß es in unserem Gesundheitswesen bereits Arzneimittelfachleute gibt, die den "Dschungel von Arzneimitteln" durchblicken. Apotheker könnten dem Arzt helfen - wenn man sie denn ließe - die Spreu vom Weizen auf dem Arzneimittelmarkt zu trennen. Apotheker könnten zum Beispiel in die Modellversuche der Krankenkassen (Stichwort vernetzte Praxen) eingebunden werden und sich zusammen mit den Ärzten um eine adäquate Arzneimitteltherapie für die Patienten kümmern. Die Botschaft ans Gesundheitswesen, daß der Apotheker der Lotse durch den Arzneimitteldschungel für Arzt und Patient sein will, wurde bereits ausgegeben - warum wird sie nicht gehört?

Nicht nur der Arzneimittelmarkt stellt für Nichtfachleute einen "Dschungel" dar, auch die Struktur der Ärzte, die ärztlichen Dienstleistungen und die Kosten auf dem Gebiet der ärztlichen Therapie sind für Laien ein undurchschaubares Dickicht. Während der Arzneimittelmarkt vollkommen durchsichtig vor einem liegt, fehlt es bei den Ärzten und ihren Leistungen an Transparenz - eigentlich ein Unding in einer Zeit, in der alles erfaßt, registriert und in Datenbanken verwaltet wird. Warum werden die ärztlichen Leistungshonorare den Patienten nicht aktiv zugänglich gemacht? Warum erfahren die Patienten immer noch nicht, welche Kosten ihre Krankenkasse für die Behandlung einer Krankheit an den Arzt erstattet hat? Warum sollen Ärzte in ihrem Wartezimmer auf einem Aushang nicht diejenigen Leistungen anbieten, die von den Krankenkassen nicht mehr bezahlt werden? Bei den Zahnärzten wurde bereits ein Anfang gemacht, hier gibt es bereits Listen und Mitteilungen z. B. in Krankenkassenzeitschriften, welche Leistungen bis zu welchem Höchstsatz von der Kasse übernommen werden und was Patienten dann als Eigenleistung zuzahlen müssen.

Und warum tun wir uns in Deutschland so schwer damit, Verzeichnisse von Ärzten zusammenzustellen, aus denen deren Spezialisierung zu entnehmen ist? Versuchen Sie heute einmal, einen Arzt zu finden, der sich auf diese oder jene Behandlungsmaßnahme spezialisiert hat. Sie werden sich schwer tun. Selbst die Ärztekammern geben keine Auskunft darüber, wo der Spezialist in einer Stadt sitzt. Der Versuch des Nachrichtenmagazins "Focus", in einer Auflistung die Spezialisten Deutschlands zusammenzustellen, scheiterte beinahe an gerichtlichen Auflagen. Immerhin, im Internet dürfen Ärzte bereits auf sich und ihr Spezialgebiet aufmerksam machen - doch kaum ein Bürger weiß das, nur wenige Bürger haben einen Internetanschluß und nur wenige Ärzte haben von dieser Möglichkeit bereits Gebrauch gemacht. Das Gesundheitswesen in Deutschland - es wird wohl noch einige Jahre ein "Dschungel" bleiben.

Offen sind dagegen die Absichten Deutschlands Krankenhausapotheker. In einem Interview mit ADKA-Chef Dr. Hugo Krämer ging die DAZ den Problemen auf die Spur, die sich in den letzten Monaten zwischen Krankenhausapotheker und Offizinapotheker, insbesondere den krankenhausversorgenden Apothekern ergeben haben. Unser Interview zeigt, wo den Krankenhausapothekern der Schuh drückt und welche Richtung unsere Kollegen im Krankenhaus verfolgen.
Ihr Peter Ditzel

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.