Bericht

Erektile Dysfunktion: Dem Manne kann geholfen werden!

Auch wenn nur ungern darüber gesprochen wird - Potenzstörungen sind ein weit verbreitetes Problem. Etwa jeder zehnte Mann leidet darunter, bei den über 65jährigen sind sogar fünfzehn Prozent davon betroffen. Doch die Diagnose Erektile Dysfunktion muß heute keinen Verzicht mehr auf ein erfülltes Sexualleben bedeuten. Prof. Dr. Jens Altwein, München, berichtete über Therapiestrategien und neue Präparate zur Behandlung des "männlichen Versagens".

Die Ursachen sind vielfältig
"Das Unvermögen, eine Erektion zu bekommen oder aufrechtzuerhalten, die für einen für beide Partner befriedigenden Geschlechtsverkehr ausreichend ist" - dies ist laut Consensus Document des National Institutes of Health die Definition für eine erektile Dysfunktion. Die Ursachen dafür sind vielfältig: Neben psychogen bedingten Potenzstörungen, bei denen die Versagensangst bei Streß, Depression, ungünstiger individueller Situation und Partnerschaftskonflikten im Vordergrund stehen, existieren auch eine Reihe von organisch bedingten Ursachen. So kann der physiologische Ablauf der Erektion, bei dem durch Steigerung der Durchblutung und Erschlaffung der glatten Muskulatur die Schwellkörper aufgefüllt und gleichzeitig der Blutabfluß über die Venen blockiert wird, auf allen Ebenen der Reizentstehung, Reizleitung, der Durchblutungssteigerung und der venösen Abflußblockade gestört sein. Als Risikofaktoren für die Entstehung der erektilen Dysfunktion gelten neben dem Alter, Hypertonie, Fettstoffwechselstörungen, Diabetes mellitus, Arteriosklerose und Nikotinabusus. In seltenen Fällen kann auch eine anatomische Anomalie Ursache für die Potenzstörung sein.

Hilfe ist möglich
Für die Therapie der erektilen Dysfunktion stehen inzwischen eine Reihe von Wirkstoffen zur Verfügung, weitere befinden sich in der Entwicklung. Therapiert wird entsprechend der Diagnose mit unterschiedlichen Strategien: Handelt es sich um eine psychogen bedingte erektile Dysfunktion, liegt der Therapieschwerpunkt auf einer Psychotherapie. Diese kann unterstützt werden durch die Verordnung von Yohimbin, das als einziges Präparat zur oralen Therapie der erektilen Dysfunktion in Deutschland zugelassen ist, oder auch durch Gabe von Alprostadil, um die Versagensangst zu Beginn der Therapie zu mindern. Liegt eine organische Störung vor, wird heute in der Regel versucht, mit vasoaktiven Substanzen eine "künstliche" Erektion zu erzeugen. Hierbei hat sich vor allem die Schwellkörper-Autoinjektionstherapie (SKAT) mit Alprostadil (Prostaglandin E1) durchgesetzt. Für die SKAT-Therapie stehen inzwischen in Deutschland zwei Fertigpräparate zur Verfügung, Caverject® und Viridal®. Mit beiden Präparaten konnten in Studien bei etwa 90% der Anwender befriedigende Erektionen erzielt werden. Nebenwirkungen sind relativ selten. In der Anfangsphase kann es zu injektionsbedingten Schmerzen oder auch, in der Phase der individuellen Dosisfindung, zu verlängerten Erektionen (Priapismus) kommen. Viridal® zeichnet sich gegenüber Caverject® durch eine vereinfachte Handhabung aus. Anders als bei Caverject®, bei dem das lyophilisierte Alprostadil vor Gebrauch gemischt und mit der Spritze selbst aufgezogen werden muß, wird Viridal® als Doppelkammerkarpule mit einem Applikator angeboten. Durch Einspannen der Karpule in den Applikator wird das Alprostadil automatisch mit Natriumchlorid-Lösung gemischt und kann dann mit sehr feinen Nadeln injiziert werden.

Neue Präparate in der Entwicklung
Neben den bereits vorhandenen Wirkstoffen, befinden sich derzeit noch eine Reihe von Präparaten in der klinischen Erforschung. So wird in Phase-II-Studien eine orale Therapie der erektilen Dysfunktion mit dem Phosphodiesterasehemmer Sildenafil (Viagra®) geprüft. Weitere potentielle Substanzen für die orale Applikation sind Apomorphin und Phentolaminmesylat. Daneben laufen Studien mit verschiedenen Kombinationspräparaten für die SKAT-Therapie, z. B. eine Kombination von VIP mit Phentolaminmesylat oder eine Kombination von Papaverin mit Phentolaminmesylat und Prostaglandin E1. In den USA bereits verfügbar, in Deutschland jedoch noch nicht zugelassen, ist die transurethrale Darreichungsform von Alprostadil, MUSE bezeichnet (Medicated Urethral System for Erection). MUSE besteht aus einer etwa drei Zentimeter langen Kanüle, die ein kleines halbfestes Pellet aus Alprostadil enthält. Dieses Pellet wird mit Hilfe der Kanüle in die Harnröhre eingeführt, über die der Wirkstoff dann resorbiert werden kann. Vorteil dieser Applikationsart ist, daß die für viele unangenehme Injektion in den Schwellkörper entfällt. Wie Prof. Dr. Altwein jedoch ausführte, wird dieser Vorteil durch eine Reihe von Problemen und Risiken relativiert. Voraussetzung für eine erfolgreiche Resorption über die Harnröhre ist die vorausgehende Benetzung mit Urin. Diese läßt sich jedoch nicht in jedem Fall "auf Kommando" planen. Das Risiko von MUSE ergibt sich aus der hohen Alprostadilkonzentration, die für eine erfolgreiche Erektion nach Resorption über die Harnröhre notwendig ist. Genügen bei der SKAT-Therapie in der Regel Alprostadildosen von 5 bis 20 µg, muß die Konzentration bei der transurethralen Applikation auf bis zu 1000 µg erhöht werden. Dadurch kann es zu Nebenwirkungen wie Schmerzen in Krampfadern bis hin zum Schlaganfall kommen. MUSE führt darüber hinaus nur in etwa 50% zu ausreichenden Erektionen (vergleiche 90% bei der SKAT-Therapie).

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