Bericht

Sexuell übertragbare Krankheiten: AIDS ist nicht das einzige Problem

Die Zahl der jährlichen Neuinfektionen durch sexuell übertragbare Krankheiten liegt weltweit bei 333 Millionen. Wie Frau Prof. Dr. Helga Rübsamen-Waigmann, Institut für Virologie, Bayer AG, erklärte, ist HIV bei weitem nicht das einzige Problem, das sich Ärzten und Apothekern auf diesem Gebiet stellt.

Zusätzlich zur HIV-Infektion, von der inzwischen 30,6 Millionen Menschen betroffen sind, werden auch Herpes, Trichomonas, Chlamydien, Papillomaviren, Cytomegalieviren, Gruppe-B-Streptokokken und Hepatitiden sexuell übertragen und sind teilweise weit verbreitet. So ist z. B. laut Schätzungen in Botswana jede zweite schwangere Frau mit Chlamydien infiziert, beim Cytomegalievirus geht man davon aus, daß die weltweite Durchseuchung der erwachsenen Bevölkerung bei 60 Prozent liegt. Frau Prof. Dr. Rübsamen-Waigmann betonte, daß Chlamydien und das Cytomegalievirus vor allem im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft ernsthafte Probleme darstellen, da sie von der Mutter auf den Fötus bzw. das Neugeborene übertragen werden können.

Blind durch Chlamydien
Eine Infektion mit Chlamydien befällt bei der Frau in der Regel zunächst den Muttermund und die Harnröhre. Vor dort geht die aufsteigende Infektion allmählich auf verschiedene andere Organe wie Gebärmutter, Bauchhöhle und schließlich auf die Gelenke über. Vielfach wird die Infektion zunächst gar nicht bemerkt, bis zum Auftreten von Beschwerden können Monate oder sogar Jahre vergehen, etwa 75% der Infektionen bei Frauen verlaufen asymptomatisch. In der Schwangerschaft sind jedoch verschiedene Komplikationen bekannt, die auf eine Chlamydieninfektion zurückzuführen sind und die sowohl die Mutter als auch das Kind betreffen können. Folgen einer Chlamydieninfektion für die Mutter können z. B. sein: Arthritis, Sterilität, Endometriose, Eileiterschwangerschaft. Die Übertragung von der Mutter auf das Kind während der Schwangerschaft ist selten, meist findet die Infektion des Kindes durch die Geburt statt. Als Folge der Infektion kann es zum Erblinden des Kindes kommen, weitere mögliche Folgen für das Kind sind z. B. Lungenentzündung oder Entzündungen im Rachenbereich.
Die antibiotische Therapie einer Chlamydieninfektion dauert mindestens zehn Tage, kann sich bei chronischem Verlauf aber auch auf bis zu drei Monaten ausdehnen. Zum Einsatz kommen vor allem Makrolidantibiotika. Letztere werden auch während der Schwangerschaft und bei Kindern angewendet. Mittel der Wahl bei Kindern ist Erythromycin.

Taub durch Cytomegalieviren
Das Cytomegalievirus (HCMV) wird hauptsächlich durch Schleimhautkontakt übertragen (kissing disease). Die Inkubationszeit beträgt vier bis acht Wochen, die Hauptviruslast findet man in Speicheldrüsen, Milz und Leber. Komplikationen durch eine Cytomegalievirusinfektion sind bei gesunden, immunkompetenten, Personen eher selten. Bei Immunsuppressiven, z. B: AIDS-Patienten, sowie während der Schwangerschaft und bei Neugeborenen können schwerwiegende Krankheitsbilder auftreten.
Die Übertragung des Cytomegalievirus von der Mutter auf das Kind kann bereits diaplazentar während der Fötalphase erfolgen. Häufig findet eine Infektion auch während der Geburt statt. Wie Frau Prof. Dr. Rübsamen-Waigmann erklärte, muß man bei der Abschätzung des Risikos für das Kind unterscheiden, ob sich die Mutter während der Schwangerschaft selbst neu mit dem Cytomegalievirus infiziert hat, oder ob schon vor der Schwangerschaft eine Infektion vorhanden war. Bei einer primären Infektion der Mutter während der Schwangerschaft liegt das Risiko für die Übertragung der Viren auf den Fötus bei 30%. 10% der Kinder entwickeln infektionsbedingte Symptome. Bei einer schon vor der Schwangerschaft bestehenden Infektion liegt die Gefahr der Übertragung auf das Ungeborene nur bei 2 bis 10%, Symptome zeigen sich bei weniger als 1% der Kinder.
Die häufigste Folge einer Cytomegalieinfektion bei Kindern ist Taubheit. Sie zeigt sich oft erst nach Monaten oder auch Jahren, tritt aber bei fast 100% der Kinder auf. Weitere Symptome sind spastische Lähmungen, neurologische Schäden und Ikterus.
Gegen das Cytomegalievirus sind verschiedene Substanzen im Einsatz, wie Ganciclovir, Foscarnet, Cidofovir und Immunglobuline. Aufgrund der schweren Nebenwirkungen kann jedoch keine dieser Substanzen während der Schwangerschaft oder bei Neugeborenen angewendet werden. Versuche, die mit Ganciclovir durchgeführt wurden, mußten aufgrund der hohen Rate von Knochenmarkschädigungen wieder aufgegeben werden. Geeignete Impfstoffe sowohl für die Therapie als auch für die Prophylaxe stehen laut Frau Prof. Rübsamen-Waigmann bislang ebenfalls nicht in Aussicht.

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