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Interpharm Pressekonferenz: Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel halbieren!

"""Es wäre deutlich an der Zeit gewesen, den Mehrwertsteuersatz auf alle Arzneimittel zu halbieren". Diese Forderung erhob erneut die Geschäftsführerin des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg, Ina Hofferberth, auf der Pressekonferenz am 25. März, die anläßlich der Interpharm Stuttgart 1998 stattfand. Ein Blick zu den europäischen Nachbarn hätte gezeigt, daß eine solche Mehrwertsteuersenkung für Arzneimittel durchaus möglich gewesen wäre.

Gerade die bevorstehende Erhöhung der Mehrwertsteuer ab 1. April um einen Prozentpunkt von 15 auf 16% wäre eine gute Gelegenheit gewesen, eine richtungsweisende Entscheidung zu treffen. Innerhalb der Europäischen Union wird nur noch in Dänemark und in Deutschland der volle Mehrwertsteuersatz für Arzneimittel erhoben. Frau Hofferberth stellte heraus, daß in Deutschland andere Warengruppen durchaus in den Genuß verminderter Mehrwertsteuer kommen. Als Beispiel nannte sie Backwaren, Zeitschriften und Bücher, selbst Pornos werden nur mit dem halben Mehrwertsteuersatz von 7% belegt, "ausgerechnet aber Arzneimittel kommen nicht in diesen Genuß".
Durch eine Halbierung des Mehrwertsteuersatzes auf Arzneimittel würden dem Fiskus rund 2,1 Mrd. Mark verlorengehen. Dieses Geld allerdings würde voll den Krankenkassen und damit den Versicherten im Sinne des Sozialsystems zugute kommen. Dies wäre auch angesichts der sinkenden Beitragseinnahmen der Krankenkassen aufgrund steigender Arbeitslosigkeit ein deutliches Zeichen in die richtige Richtung gewesen, so fügte sie hinzu.
In Zusammenhang mit den Festbeträgen wirke sich die Mehrwertsteuererhöhung in der Apotheke besonders negativ für die Patienten aus. Denn durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer steigt der Apothekenabgabepreis von vielen Arzneimitteln über den von den Krankenkassen festgelegten Festbetrag. Dies bedeutet, daß der Apotheker die über den Festbetrag hinausgehenden Kosten voll vom Patienten einfordern muß. Nur bei einem kleineren Bereich des Arzneimittelangebots (etwa 7500 Arzneimitteln) waren die Krankenkassen bereit, ihre Festbeträge dem veränderten Mehrwertsteuersatz anzupassen. Aufgrund dieser Anpassung nehmen die Kassen etwa 65 Mio. DM pro Jahr weniger ein. Bei allen restlichen Festbetragsgruppen dürften die Krankenkassen wohl darauf spekulieren, so Hofferberth, daß die Hersteller mit Preissenkungen die Apothekenverkaufspreise auf das Festbetragsniveau zurückführen. Nach ihrer Einschätzung sei dies aber so in vollem Umfang nicht realistisch, dies habe die pharmazeutische Industrie auch bereits angekündigt.
Auf der anderen Seite findet zeitgleich zur Mehrwertsteuererhöhung mit Wirkung zum 1. April eine Festbetragsanpassung statt. Dadurch erzielen die Krankenkassen wiederum Einsparungen in Höhe von rund 100 Mio. DM pro Jahr, womit die Mehrwertsteuererhöhung rechnerisch für die Krankenkassen voll kompensiert werde.
Unter dem Strich gesehen wird der Apotheker auch bei dieser Mehrwertsteuererhöhung wieder der Leidtragende sein. Denn in Zahlen ausgedrückt bedeutet die jetzige Regelung, daß nur bei 7500 Packungen eine Mehrwertsteueranhebung um einen Prozentpunkt erfolgt, mehr als 12000 unterschiedliche Packungen verändern ihren Preis, bei 8.800 Packungen wird sich das Problem der mehrwertsteuerbedingten Mehrkosten allerdings stellen. Die Apotheke werde dabei erneut zum Erfüllungsgehilfen der Krankenkassen und des Finanzministers, und, so die LAV-Geschäftsführerin, "die Apotheken müssen die Bürde des Inkassos von der schwierigen Aufklärung und Diskussion mit den Patienten alleine tragen."

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