Arzneimittel und Therapie

West of Scotland Coronary Prevention Study: Primärprävention mit Pravastatin

In einer Studie bei schottischen Männern mit erhöhtem Cholesterinspiegel, aber ohne wesentliche koronare Herzkrankheit senkte der CSE-Hemmer Pravastastin die Häufigkeit von nichttödlichen Herzinfarkten und koronaren Herztodesfällen um knapp ein Drittel. Aber ist eine breit angelegte Primärprävention auch machbar?

Der Nutzen einer Senkung erhöhter Cholesterinspiegel wurde in zahlreichen Sekundärpräventionsstudien an Patienten nach einem Herzinfarkt nachgewiesen. In der West of Scotland Coronary Prevention Study wurde erstmals gezeigt, daß auch Patienten mit Hypercholesterinämie, aber ohne Zeichen einer koronaren Herzkrankheit von einer Behandlung mit dem CSE-Hemmer Pravastatin profitieren.

Studie mit 6595 Männern An der Studie im Westen Schottlands nahmen 6595 Männer von 45 bis 64 Jahren teil. Der mittlere Gesamtcholesterinwert betrug 7,0 mmol/l, also etwa 270 mg/dl. Die Männer nahmen fünf Jahre lang randomisiert und doppelblind täglich 40 mg Pravastatin oder Plazebo ein. Das Risiko eines nichttödlichen Herzinfarktes oder eines koronaren Herztodes war mit dem CSE-Hemmer um 31% reduziert.

Ist die Primärprävention bezahlbar? Die West of Scotland Coronary Prevention Study sowie zwei weitere klinische Studien haben somit den Nutzen der CSE-Hemmer zur Primärprävention einer koronaren Herzkrankheit zweifelsfrei belegt. Umstritten ist jedoch, ob sich ein Gesundheitswesen eine so breit angelegte und daher vermutlich kostspielige Primärpräventionsmaßnahme leisten kann. Mit einer Kosten-Nutzen-Analyse der West of Scotland Coronary Prevention Study wurde jetzt versucht, die Kosteneffektivität der Pravastatin-Behandlung von Männern mit erhöhten Cholesterinspiegel zur Prävention einer koronaren Herzkrankheit zu ermitteln. Die Wissenschaftler benutzten ein ökonomisches Modell für die Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen. Dieses basiert auf der Annahme, daß ein erstes kardiovaskuläres Ereignis einen nicht wieder rückgängig zu machenden Übergang von einem gesunden in einen kranken Zustand bedeutet, den man zu verhindern versucht. In der am weitesten gefaßten Definition kann dieses erste kardiovaskuläre Ereignis ein Herztod, ein Herzinfarkt (auch ein stummer), eine PTCA, eine BypassOperation, eine Angiographie, die Aufnahme ins Krankenhaus wegen Angina pectoris, ein nichttödlicher Schlaganfall oder eine transiente ischämische Attacke sein. Anhand der Studiendaten verglichen die Wissenschaftler die Häufigkeit der kardiovaskulären Erstereignisse mit und ohne Pravastastin. Das krankheitsspezifische Überleben ermittelten sie mit Hilfe der Daten von über 460000 Patienten mit vergleichbaren kardiovaskulären Ereignissen im Scottish record linkage system von 1981 bis 1994. Diese krankheitsspezifischen Überlebenskurven verglichen sie mit der alters- und geschlechtsspezifischen kumulativen Überlebenskurve der schottischen Bevölkerung. Die Kosten der Prävention berechneten sich als die Arzneimittelkosten (1,66 englische Pfund pro 40-mg-Tablette) plus die Kosten der Patientenüberwachung (Leberfunktionstest, Lipidprofil, Arztbesuch alle sechs Monate). Als Kosten eines kardiovaskulären Erstereignisses wurden nur die direkten Kosten der Erstbehandlung im Krankenhaus (geschätzt anhand von außervertraglichen Tarifen und ereignisspezifischer durchschnittlicher Krankenhaus-Aufenthaltsdauer) angesetzt. Alle Kosten sowie der Nutzen der Behandlung wurden um jährlich 6% abgezinst (Das Abzinsen ist bei Kosten-Nutzen-Untersuchungen über mehrere Jahre üblich. Wichtig ist, daß Kosten und Nutzen gleich behandelt werden.) Die Aussagekraft der Analyse wurde in breit angelegten Empfindlichkeitsuntersuchungen getestet.

Ein gewonnenes Lebensjahr kostet 42000 DM Die Studie ergab: Eine Pravastatin-Behandlung, die bei 10000 Männern mit erhöhtem Cholesterinspiegel - ähnlich den Teilnehmern der schottischen Studie - begonnen wird, verhindert in den nächsten fünf Jahren bei 318 Männern ein kardiovaskuläres Erstereignis, darunter bei 33 einen sofortigen Herztod und bei 35 einen späteren (innerhalb der fünf Jahre). Pro gewonnenes Lebensjahr entstehen Kosten von rund 20000 englischen Pfund, also rund 60000 DM. Hält man sich an die Empfehlungen der europäischen Kardiologie-, Atherosklerose- und Hypertonie-Gesellschaften und behandelt nur solche Männer, deren 10-Jahres-Risiko für die Entwicklung einer koronaren Herzkrankheit über 20% liegt (etwa 42% der Studienteilnehmer hatten ein so hohes Risiko), so betragen die Kosten pro gewonnenes Lebensjahr nur rund 14000 Pfund, also rund 42000 DM. Im Gegensatz zu früheren Kosteneffektivitätsanalysen zur Primärprävention einer koronaren Herzkrankheit mit CSE-Hemmern ergibt diese Analyse also durchaus tragbare Kosten für einen wesentlichen klinischen Nutzen. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis ist noch besser, wenn man die Behandlung auf Patienten mit zusätzlichen koronaren Risikofaktoren beschränkt.

Literatur Muldoon, M. F., M. H. Criqui: The emerging role of statins in the prevention of coronary heart disease. Br. Med. J. 315, 1554-1555 (1997). Caro, J., et al.: The West of Scotland coronary prevention study: economic benefit analysis of primary prevention with pravastatin. Br. Med. J. 315, 1577-1582 (1997).

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.