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Hessischer Apothekertag: Apothekerkammer darf keine Polizeibehörde werden

GIESSEN (rb). Die Überwachung der Apotheken in Kammerhand zu übertragen, berge deutlich erkennbare Gefahren für den Berufsstand in sich und könne das Ende der Kammern in ihrer jetzigen Struktur bedeuten. Möglicherweise hätte diese Entwicklung sogar Auswirkungen auf die Bundesorgane der deutschen Apothekerschaft. Diese Ansicht vertrat Heribert Daume, Präsident der Landesapothekerkammer Hessen, in seiner Begrüßungsansprache anläßlich der Eröffnung des Hessischen Apothekertags am vergangenen Samstag. Rund 600 Kolleginnen und Kollegen trafen sich am 14. und 15. März in der Stadthalle von Gießen, wo im Rahmen des Hessischen Apothekertags 1998 traditionell Berufspolitik und wissenschaftliche Fortbildung auf dem Programm standen.

Kammerpräsident Daume nutzte die Gelegenheit, in seinen Eröffnungsworten standespolitisch aktuelle Themen zu kommentieren. So warnte er - mit Blick auf Hessens Nachbarland Baden-Württemberg - vor der Umwandlung der Kammern in "Quasi-Polizeibehörden", die das Recht hätten, Ordnungswidrigkeiten zu ahnden, Geldbußen zu verhängen und Schritte zur Verfolgung der Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen einzuleiten. Dies alles sei zu befürchten, wenn die Aufgabe der Apothekenüberwachung in Kammerhand angesiedelt würde. Daume: "Ich kann mir nicht vorstellen, wie lange ein ehrenamtlich gewählter Vorstand einer Körperschaft diese Doppelrolle als Kollegialorgan, verantwortlich für Bereiche der Aus-, Fort- und Weiterbildung einerseits, und als Polizeibüttel gegenüber der Kollegenschaft andererseits aushalten kann. Dies kann das Ende der Kammern in ihrer jetzigen Struktur bedeuten!" Gleichzeitig interpretierte Daume derartige Bestrebungen und Überlegungen als Beleg dafür, daß öffentliche Apotheken für die Politik an Wichtigkeit verloren hätten. Eine durch die Kammern ausgeführte Apothekenaufsicht sei nur noch im Sinne der Kontrolle der Berufsausübung zu betrachten, während die Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit einen untergeordneten Wert zu haben scheine. Daume warnte die Kammern davor, sich mit dem Köder des Zuwachses an Verantwortung und Gestaltungsfreiheit aufs Glatteis schieben zu lassen.

Kollegiales Miteinander als Ziel der Apothekenbesichtigung Daume wies darauf hin, daß seitens der hessischen Landesregierung die Durchführung der Überwachung der Apotheken als wichtig und notwendig erkannt sei, damit ein möglichst hohes Maß an Arzneimittelsicherheit gewährleistet sei. So werde an dem der Regierung übertragenen Auftrag der Apothekenüberwachung festgehalten, lediglich die Art und Weise der Durchführung von Apothekenüberwachungen habe sich seit Juni 1995 durch eine neue Richtlinie geändert. So übernehmen ehrenamtliche Pharmazieräte, die in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben Beamte des Landes Hessen sind, die Begehung der Apotheken alleine. Unterschieden werden Schwerpunktbesichtigungen zu Themen wie Dokumentation, Personalstruktur, Arzneimittelimport, BtM-Verkehr usw. von den Regelbesichtigungen über den gesamten Apothekenbetrieb. Schwerpunktbesichtigungen können alle zwei Jahre stattfinden und dauern ca. eine Stunde. Regelbesichtigungen dagegen finden im Normalfall alle vier Jahre statt und sollten ca. vier Stunden dauern. Als Ziel der Besichtigungen sei unter dem Motto "Gedankenaustausch zu erkannten Problemen und Einsicht" ein kollegiales Miteinander ins Auge gefaßt.

Vertrauliche Beratung - ein Wettbewerbsinstrument für die Apotheken Daume wies darauf hin, daß sich für alle hessischen öffentlichen Apotheken die Aufgabe stelle, nach Vorgabe der Apothekenbetriebsordnung eine Möglichkeit zur vertraulichen Beratung in den Offizinen zu schaffen. Auch hierüber habe es Diskussionen mit der hessischen Landesregierung gegeben. Allerdings gebe es keine allgemein bindende Aussage, wie die räumlichen Voraussetzungen in den einzelnen Apotheken zu gestalten seien. Daume: "Vertraulichkeit ist nicht erreichbar durch Festlegung von Quadratzentimetern und Abständen, daher ist dies für Normierungen ein unzugänglicher Bereich." Nach Daumes Ansicht werden die Kunden entscheiden, ob sie das Angebot zur Beratung im Sinne der Apothekenbetriebsordnung annehmen werden oder nicht. Hier werde sich zum Wohle des Kunden zwischen den Apotheken ein Wettbewerb entwickeln. Generell sei festzustellen, daß das gesellschaftliche Umfeld um die deutsche Apotheke und den Apothekerberuf sich sehr schnell verändere und die Apotheker in ihrer Berufsausübung vor ständig neue Situationen stelle. Die zuverlässige Struktur von Rahmenbedingungen, sagte Daume, schwinde immer mehr und mache einer beinahe täglichen Einstellung auf neue Anforderungen Platz. Gesetzesänderungen und veränderte Existenzbedingungen werfen ständig neue Fragen auf, bringen häufig wenig Positives und lassen dann noch erkennen, daß Umsetzungen auf sich warten lassen. Als Beispiel nannte Daume das Fertigarzneimittelseminar in der akademischen Hochschulausbildung, dessen Umsetzung noch immer Probleme bereite, obwohl es Bestandteil der jetzt gültigen Approbationsordnung sei.

"Kassenrezept 2000" und wissenschaftliche Fortbildung Im Hinblick auf schon bald anstehende Änderungen für die Apothekenpraxis hatte die Landesapothekerkammer das Thema "Kassenrezept 2000" auf das Programm des Hessischen Apothekertags gesetzt. Dr. Claus-Werner Brill, Leiter des Bereichs Apothekenorganisation bei der ABDA in Eschborn, stellte den Kolleginnen und Kollegen das derzeitige ABDA-Projekt vor, das eine Kopplung des elektronischen Rezeptes mit einer personenenbezogenen Arzneimitteldokumentation auf einer Smart-Card vorsieht (siehe Bericht "Vertrauchlichkeit und Sicherheit sind das A und O"). Weiterer wichtiger Bestandteil des Hessischen Apothekertags war die 58. Zentrale Fortbildungsveranstaltung der Akademie für pharmazeutische Fortbildung der Landesapothekerkammer Hessen. Unter Leitung und Moderation von Prof. Dr. Dr. Ernst Mutschler, Sprecher der Akademie, wurden fünf Vorträge um den Themenkreis "Erkrankungen des Zentralen Nervensystems und ihre Pharmakotherapie" angeboten. Es handelte sich um eine Wiederholung von Vorträgen, die auf dem diesjährigen Kongreß der Bundesapothekerkammer in Davos gehalten wurden. Wie Professor Mutschler ausführte, hätten jedoch in der Regel nur drei Prozent der deutschen Apothekerinnen und Apotheker Gelegenheit, an der Fortbildung in Davos teilzunehmen. Anders ausgedrückt: 97 Prozent der Kolleginnen und Kollegen hätten die Davoser Vorträge noch nicht gehört. Daher und auch weil der Davoser Kongreß stets Leitlinien setze, sei es gerechtfertigt, wenn die Akademie für pharmazeutische Fortbildung der LAK Hessen eine Wiederholung der Vorträge anbiete. Die Redaktion der Deutschen Apotheker Zeitung verweist auf ihre Berichterstattung in der Deutschen Apotheker Zeitung Nr. 5, Seite 316 ff.

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