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Apotheken-Strategie-Wirtschaftsforum: Die nächste Gesundheitsreform

OBERHAUSEN (tmb). Angesichts der Bundestagswahlen im Herbst ist derzeit mit größeren politischen Reformvorhaben kaum zur rechnen. Doch machte der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Deutschen Bundestag Dr. Dieter Thomae (F.D.P.) deutlich, daß in der neuen Legislaturperiode eine neue Gesundheitsreform "so sicher wie das Amen in der Kirche" zu erwarten sei. In seinem Vortrag auf dem Apotheken-Strategie-Wirtschaftsforum in Oberhausen umriß er die Perspektiven für solche künftigen Entwicklungen.

Die jüngste Reform, das NOG 2, verteidigte Thomae als Weg zu mehr Eigenverantwortung. Es fehle aber noch an einer stärkeren Verzahnung des ambulanten, des stationären und insbesondere des pflegenden Bereiches im Rahmen von Modellversuchen und Strukturverträgen. Die große Bedeutung der ambulanten Pflege sei noch nicht erkannt worden. Insgesamt müsse die Versorgung der Patienten optimiert werden. Als Vorbild dafür sollte nicht das amerikanische Managed Care-Modell, sondern eher das Vorgehen in der Schweiz dienen, das teilweise übertragbar sei. Hierzu gehöre das freiwillige "Hausarztabo" im Rahmen von Strukturverträgen. Große Einsparmöglichkeiten bestünden angesichts von bis zu 25% Fehleinweisungen in Krankenhäuser am Wochenende. Modellversuche sollten insbesondere die Wirtschaftlichkeitsreserven der Krankenhäuser ausschöpfen, die den ausgabenintensivsten Bereich des Gesundheitswesens bilden.

Ärzte-Boni als Honorar für Mehr-Arbeit gedacht Die Bonus-Regeln für Ärzte seien von der Politik ursprünglich nicht als Anreiz für verringerte Arzneimittelverschreibungen gedacht gewesen. Sie sollten vielmehr als Entlohnung für zusätzliche ambulante Leistungen der Ärzte zur Entlastung der Krankenhäuser dienen. Als Erfolg präsentierte Thomae die Ablösung der planwirtschaftlichen Budgets durch Richtgrößen. Vorteil der Richtgrößen sei nicht nur, daß hierbei an die Stelle der Globalhaftung die Haftung jedes einzelnen Arztes trete. Mindestens ebenso wichtig sei, daß nun die Krankenkassen unwirtschaftliches Verhalten der Ärzte nachweisen müßten, während bei den Budgets die Ärzte ihre Abweichungen rechtfertigen müßten. Weiterhin hob Thomae hervor, daß es mit der bestehenden Koalition weder Apothekenmehrbesitz noch Arzneimittelversandhandel geben werde. Dies sei trotz der abweichenden Position von EU-Kommissar Bangemann auch die Position seiner Partei. Die Arzneimittelpreisverordnung sei dann nicht mehr haltbar, wenn sie von Seiten der Apotheken unterlaufen werde. Außerdem drohe Gefahr für dieses Preisbildungssystem, falls künftig Forderungen nach einer Senkung oder Abschaffung des Kassenrabattes erhoben werden sollten. Wichtig für den Arzneimittelmarkt sei auch der Patentschutz der Arzneimittel, da die Pharmaindustrie ohne Subventionen floriere. Thomae wandte sich gegen die von der OECD erhobene Forderung nach Apothekenketten. Diese seien nicht im Interesse der Patienten. Stattdessen solle auf pharmazeutische Beratung gesetzt werden, bei der aber noch manches im argen liege. Thomae forderte zur Einführung eines Beratungsraumes auf, den er als bestes Mittel zur Kundenbindung ansieht. Auszahlung der Arbeitgeberbeiträge geplant Als konkretes Reformvorhaben für die neue Legislaturperiode führte er an, den Arbeitsgeberbeitrag zur Krankenversicherung einzufrieren und auszuzahlen, so daß die Beiträge dann vom Arbeitnehmer zu zahlen wären. Das Leistungspaket der gesetzlichen Krankenkassen sei noch immer so groß wie in keinem anderen Land. Nach den Einschränkungen im Arzneimittelbereich einschließlich der neuen Zuzahlungen müßten künftig andere Bereiche angegangen werden, z. B. der Zahnersatz. Die SPD wolle dagegen viel weiter gehen und Globalbudgets einführen. Dann entstünde eine Situation wie in Großbritannien oder Schweden, wo älteren Versicherten viele aufwendige Leistungen bis hin zur Dialyse vorenthalten würden. Weitere Themen für die neue Legislaturperiode bildeten die Anwendung von Arzneimitteln in Krankenhausambulanzen und die ambulante Pflege. Insgesamt sieht Thomae für das Gesundheitswesen positive Marktchancen, da die Bürger zu vermehrten Ausgaben für die Gesundheit bereit seien. Perspektiven für Apotheken ergeben sich auch aus den Veränderungen bei Krankenhäusern. Viele Krankenhäuser würden privatisiert und teilweise von Reha-Kliniken aufgekauft. Ein Problem bei der Reform der Krankenhäuser bilde allerdings das starke Interesse der Bundesländer an den Krankenhäusern.

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