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Erfolgsfaktoren der Apotheke: Gewinner oder Verlierer? Sie haben es selbst in de

Ob die Apotheke auch in den nächsten 20, 30 oder 40 Jahren Bestand haben wird, hängt ganz davon ab, welche Strategien die Apotheker selbst im Gesundheitswesen verfolgen werden. Sie können gewinnen, aber auch verlieren. Prof. Dr. Joachim Zentes, Institut für Handel und internationales Marketing der Universität des Saarlandes, stellte beide Szenarien vor.

Die Bevölkerungszahl in Deutschland wird in den nächsten 20 Jahren in etwa stabil bleiben, aber es wird eine Zunahme der Altersgruppe geben, die 60 Jahre und älter ist. 1992 beispielsweise hatte die Gruppe der über 60jährigen in Deutschland einen Anteil an der Bevölkerung von 20,4 %, im Jahr 2020 wird diese Gruppe nach Hochrechnungen des Statistischen Bundesamts einen Anteil von nahezu 30 % ausmachen. Wie die Krankenkassenstatistiken zeigen, liegen die Ausgaben für Arzneimittel in dieser Altersgruppe weit über dem Durchschnitt. Hinzu kommt, daß auch in der Altersgruppe über 60 ein hoher Anteil an Pflegebedürftigen besteht und dies deutet darauf hin, daß der Bereich Home Care ein Wachstumsmarkt sein wird. Allein von den Personen, die 80 Jahre und älter sind, sind 20% auf Pflege angewiesen. Diese sozio-ökonomischen Entwicklungen werden also für Wachstumsimpulse im Gesundheitsmarkt sorgen, von denen auch die Apotheken profitieren können. Allerdings können solche Entwicklungen auch politisch-rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, zum Beispiel bei der Neugestaltung der Arzneimittelpreisbildung (Vergütung mit Fixzuschlägen, OTC-Freigabe), bei der Ausweitung der Organisationsform (Fremd- und Mehrbesitz, Kettenapotheken) und bei der Liberalisierung und Öffnung der Vertriebswege (Öffnung der Krankenhausapotheken, Direktbelieferung, Dispensierrecht von Ärzten und Versandhandel). In diesem apokalyptischen Szenario kommt es dann zu Strukturverträgen, Managed-Care-System und Verordnungsnetzen.

Wenn die Einkommen sinken ... Wenn darüber hinaus das verfügbare Einkommen rückläufig ist, bedingt durch höhere Steuern und Sozialabgaben und durch sinkende Nominaleinkommen, wird der Verbraucher eine größere Preissensibilität entwickeln, allerdings auch unter dem Vorzeichen eines Wertewandels, wie Zentes dieses Szenario weiter zeichnete. So sieht man bereits heute dafür Anzeichen, daß der Preis für viele eine "erotische Dimension" bekommen hat. Die Schnäppchenjagd ist sexy, "smart shopper" kaufen in bestimmten Bereichen hochpreisige Marken, während sie in anderen Bereichen nach Billigangeboten Ausschau halten und ein basarmäßiges Verhalten an den Tag legen. Die Anzahl der Discountläden wird zunehmen. Dies zeigt bereits die Entwicklung der vergangenen Jahre: obwohl der Lebensmitteleinzelhandel stagniert, wuchs der Markt der Discountläden (Aldi, Lidl, Schlecker), und es zeichnet sich ab, daß der Lebensmitteleinzelhandel verstärkt in den Markt der freiverkäuflichen Arzneimittel einsteigt. Denn auch die Discounter wissen, daß der Gesundheitsmarkt ein Wachstumsmarkt ist. Eigene Handelsmarken werden entwickelt, zum Beispiel "Bleib fit" (Metro), "Sankt Benedikt" (Aldi) und "Biowohl" (Schlecker). Der erforderliche Sachkundenachweis für Angestellte in diesen Discountläden stellt keine Barriere dar.

Aufbruch durch Umbruch Diesem eher apokalyptischen Szenario stellte Zentes ein zweites Szenario entgegen, das er mit "Aufbruch durch Umbruch" überschrieb. Auch in diesem Szenario versprechen die sozio-ökonomischen Entwicklungen Wachstum. Damit dieses Wachstum keine negativen politischen Reaktionen provoziert, gilt es hier, auf die politisch-rechtlichen Entwicklungen Einfluß zu nehmen (Lobbyismus). Außerdem sind, um die Handels- und Distributionsentwicklungen positiv zu beeinflussen, Wettbewerbsstrategien notwendig: Die Apotheke sollte zum Beispiel Zeitgeistströmungen, die ein großes Potential bieten, nutzen. Zentes nannte ein Beispiel aus dem Lebensmitteleinzelhandel: Immerhin werden heute noch 70 % der Lebensmittel nicht im Discounter gekauft, sondern in Einzelhandelsgeschäften, in Lebensmittelsupermärkten und in Feinkostgeschäften - es gibt also sehr viele Konsumenten, für die nicht nur der günstige Preis zählt, sondern das Einkaufserlebnis.

Erfolgsdimensionen von Apotheken Um auch weiterhin erfolgreich im Gesundheitsmarkt bestehen zu können, steht beim Apotheker an erster Stelle die Kundenorientierung - eigentlich eine triviale Aussage, wie Zentes anmerkte, aber hier weisen viele Apotheken noch Defizite auf. Kundenbindung wird durch Kundenzufriedenheit erzeugt. Hier kommt es allerdings auf die Erwartungshaltung des Kunden an. Je mehr Service die Apotheker selbst ausloben, um so stärker steigen die Verbrauchererwartungen. Verspricht die Apotheke viele Zusatzleistungen und einen hohen Servicegrad, wird sie vom Verbraucher daran gemessen. Kundenzufriedenheit entsteht aus der Differenz von der Erwartung des Kunden und der vom Kunden subjektiv wahrgenommenen Leistung. Eine weitere Dimension der Kundenorientierung ist die Zielgruppenorientierung: Die Apotheke spezialisiert sich auf bestimmte Zielgruppen und bietet hierfür spezifische Leistungsangebote an; dies gilt auch in Richtung anderer Marktpartner wie Ärzte, Alters- und Pflegeheime sowie Reisebüros. Auch beim Leistungsprogramm wird sich die Apotheke in Zukunft an Kundenwünsche anpassen müssen. Eine Apotheke kann beispielsweise Wellness-Produkte und pflegende Kosmetik verstärkt herausstellen, sollte jedoch aufpassen, nicht in die Nähe von Drogerien, Reformhäusern oder Parfümerien zu gelangen, denn die Apotheke wird mit diesen Anbietern nicht Schritt halten können. Zentes sieht auch den OTC-Markt als Wachstumsmarkt. Andere Anbieter werden in diesen Markt einsteigen wollen, der Preiswettbewerb wird sich verschärfen. Für die Apotheke bedeutet dies eine Professionalisierung des Angebots, hierzu gehören die Regal- und Sortimentsoptimierung. Auch die Beratungsleistungen und der Dienstleistungsservice wird zur Profilierung der Apotheken in Zukunft verstärkt beitragen. Nicht zu vernachlässigen ist das Erscheinungsbild der Apotheke. Zwar haben viele Apotheken bereits attraktive Ladeneinrichtungen, dennoch wird zum Beispiel über die Schaufensterdekoration noch eine "negative Sterilität" vermittelt, die beim Kunden die Assoziation an Krankheit weckt.

Kommunikation und gutes Personal Zu den Erfolgsdimensionen einer Apotheke gehört die Kundenkommunikation. Die Apotheke sollte, so der Betriebswirtschaftler, ihr enormes Kontaktpotential nutzen. Und schließlich wird zu den wichtigsten Erfolgsdimensionen auch gutes Personal gerechnet. Gerade Personal als "Quelle der Exzellenz" im Einzelhandel darf nicht unterschätzt werden. Die fachliche Qualifikation des Personals ist die Grundvoraussetzung, hinzu kommen permanenter Schulungs-/Weiterbildungsbedarf durch Produkt- und Serviceinnovationen und allgemein eine Schulung in Beratung und Serviceleistungen. Nachholbedarf besteht allerdings bei den akquisitorischen, verkaufenden Fähigkeiten des Apothekenpersonals. Nach wie vor hat "Verkaufen" einen geringen sozialen Stellenwert. Diese mentale Barriere muß überwunden werden. Wichtig ist, daß der Apothekenleiter selbst im Handverkaufsgeschehen tätig ist. Sein unternehmerisches Engagement wird auch in Zukunft Triebfeder des Betriebs sein. Diese Erfolgsdimensionen für die Apotheke müssen ergänzt werden durch "Systempower", wie Zentes es nannte. Hierzu gehört die Effizienz der Warenwirtschaft, die Logistikleistungen als Basis, darüber hinaus die Professionalität im Marketing- und Servicebereich und Kooperation in der Warenwirtschaft, im Bereich der Werbung und Logistik. Der Kampf auf diesem Markt wird in Zukunft, so Zentes, nicht zwischen groß und klein ausgetragen, sondern zwischen gut und schlecht.

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