Arzneimittel und Therapie

Energiehaushalt: Zahlreiche Mediatoren regulieren den Energieumsatz

Das Körpergewicht resultiert aus einer komplexen Interaktion zwischen genetischen Faktoren, biochemischen Mechanismen, Umwelteinflüssen und verhaltensgesteuerten Determinanten. Auf molekularer Ebene sind chemische Mediatoren an der Regulation des Energiehaushaltes beteiligt. Von besonderer Bedeutung sind Leptin, Cholecystokinin, Neuropeptid Y und Insulin.

Chemische Mediatoren spielen bei der Regulierung des Energiehaushalts eine wichtige Rolle. Sie beeinflussen zusammen mit weiteren Faktoren (z.B. genetischen Komponenten, Umwelteinflüssen und Eßverhalten) das Körpergewicht. Die Mediatoren - meist Hormone, Neurotransmitter oder Peptide - wirken auf das ZNS, von dem aus die Energieaufnahme bzw. der Energieverbrauch auf den nachfolgenden Ebenen gesteuert wird.

  • Zu den Mediatoren, die den Energieumsatz erhöhen oder den Appetit verringern, gehören im Gastrointestinaltrakt Glukagon, Cholecystokinin, glukagonähnliche Peptide, Bombesinpeptide und Glucose; im endokrinen System Adrenalin (mit beta-adrenergen Wirkungen) und Östrogene; in den Fettzellen Leptin; im peripheren Nervensystem Noradrenalin (mit beta-adrenergen Wirkungen) und im ZNS Dopamin, Gamma-Aminobuttersäure (GABA), Serotonin und Cholecystokinin.
  • Zu den Mediatoren, die den Appetit steigern oder den Energieumsatz reduzieren, gehören im Gastrointestinaltrakt Opioide, Neurotensin, Growth hormon-releasing hormone und Somatostatin; im endokrinen System Adrenalin (mit alpha-adrenergen Wirkungen), Androgene, Glucocorticoide, Insulin, Peptid Y und Progesteron; im peripheren Nervensystem Noradrenalin (mit alpha-adrenergen Wirkungen) und im ZNS Galanin, Opioide, Growth hormon-releasing hormone und Somatostatin.

Diese Mediatoren beeinflussen sich vielfach gegenseitig. So wird beispielsweise die Wirkung von Cholecystokinin auf das Sättigungsgefühl durch Estradiol und Insulin erhöht, oder die Freisetzung von Insulin wird durch sympathische Effekte gehemmt.

Insulin

Insulin reduziert die Energieaufnahme durch Hemmung der Neuropeptid-Y-Bildung. Ferner verstärkt es die anorektische Wirkung von Cholecystokinin und hemmt die neuronale Noradrenalinwiederaufnahme. Die Plasmakonzentrationen von Insulin sind proportional zu dem Volumen der Adipozyten.

Cholecystokinin

Cholecystokinin ist ein gastrointestinales Hormon (Peptid aus 33 Aminosäuren), das im Duodenum gebildet wird und die Nahrungsaufnahme reduziert. Von Cholecystokinin sind zwei Rezeptortypen bekannt: Cholecystokinin-A-Rezeptoren kommen im Gastrointestinaltrakt, Cholecystokinin-B-Rezeptoren im Gehirn vor. Im Tierversuch wurde durch eine abdominale Vagotomie (Ausschaltung der Rezeptorwirkung im Gastrointestinaltrakt) der anorektische Effekt von Cholecystokinin aufgehoben. Die intrakraniale Gabe von Cholecystokinin (Stimulation der Cholecystokinin-Rezeptoren im Gehirn) führte zu einem raschen Sättigungsgefühl.

Leptin

Leptin wird in den Fettzellen gebildet und gelangt mit dem Blutstrom zum Hypothalamus, wo es ein Sättigungsgefühl erzeugt. Leptinrezeptoren sind weit verbreitet und finden sich im Gehirn, in den Muskeln, in der Lunge, im Fettgewebe und in den Nieren. Im Tierversuch reduziert Leptin die Futteraufnahme und erhöht den Energieumsatz bei Mäusen mit und ohne Leptinmangel. Die Rolle von Leptin im menschlichen Stoffwechsel ist noch unklar. Die meisten übergewichtigen Menschen scheinen keinen Leptinmangel bzw. keine Mutationen an den Leptingenen aufzuweisen; bei ihnen liegt sogar häufig ein erhöhter Leptinspiegel vor. Die Bildung von Leptin im Fettgewebe wird durch Insulin, Östrogene und Glucocorticoide erhöht und durch Androgene sowie beta-adrenerge Agonisten gesenkt.

Neuropeptid Y

Neuropeptid Y wird im Hypothalamus synthetisiert. Es ist ein potentes, zentrales Appetitstimulans, das die Gewichtszunahme begünstigt. Im Tierversuch stimuliert die Injektion von Neuropeptid Y die Futteraufnahme, erhöht die Lipoproteinlipase-Aktivität, reduziert die Sympathikusaktivität und senkt die Thermogenese im Fettgewebe. Die Bildung von Neuropeptid Y wird durch Insulin und Glucocorticoide erhöht und durch Leptin und Östrogene gesenkt.

Literatur Rosenbaum, M., et al.: Obesity. N. Engl. J. Med. 337, 396-407 (1997).

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