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Großbritannien: Die "Instore Pharmacy" im Supermarkt

Spätestens seit Aldi und Lidl mit dem Verkauf freiverkäuflicher Arzneimittel begonnen haben , ist die Supermarkt-Apotheke auch in Deutschland zum viel diskutierten Thema geworden.

In England sind diese schon heute nichts Ungewöhnliches, wobei sich deren Angebot nicht nur auf freiverkäufliche und OTC- Medikamente beschränkt, sondern es werden hier auch Rezepte entgegengenommen. Wir haben uns eine solche Apotheke in Englands größter Supermarktkette Tescos näher angeschaut. Man muß an Gemüse und Schönheitsartikeln vorbei, bevor man zur Apotheke im Tescos Supermarkt in Bradford (Yorkshire) gelangt. Doch aus der Nähe betrachtet unterscheidet sie sich nur wenig von jeder anderen Apotheke in England auch, egal ob von Boots oder von einer unabhängigen Apotheke, die keiner Kette angehört. Der größte Unterschied liegt nach Ansicht der für die ≥Instore Pharmacy" verantwortlichen Apothekerin, Nicola Riley, vor allem in der Anzahl der Kunden. Sie spricht hierbei aus eigener Erfahrung, denn bevor sie die Leitung dieser Apotheke übernahm, hat sie ihr praktisches Jahr in einer unabhängigen Apotheke absolviert. Hat sie bei dieser Kundenmenge überhaupt noch Zeit für die individuelle Beratung der Patienten? "Man nimmt sich einfach die Zeit; wenn ich sehe, daß ein Patient Beratung benötigt, spreche ich selbst mit ihm oder ich mache einen meiner Kollegen darauf aufmerksam", so Nicola Riley.
Was ihre Arbeit selbst betrifft, so schätzt sie die Unterstützung, die sie von der Tesco-Hauptgeschäftsstelle bekommt, als maßgeblichen Bonus ein. Hiermit sind jedoch keineswegs nur gute Ratschläge und die Vorteile, die ein nationales Netzwerk von Supermärkten mit sich bringt, gemeint. Geld spielt insofern eine große Rolle, als Tescos ihr den nötigen Freiraum läßt, um gegebenenfalls auf Wunsch des Patienten den Markenartikel anstelle des häufig vom Arzt verschriebenen Generikums abzugeben. Im Zeichen einer guten Kundenbetreuung übernimmt Tescos die Differenz, im Falle von Zantac sind dies beispielsweise 5 Pfund, die Tescos zulegt. Eine unabhängige Apotheke könnte sich diesen Luxus keinesfalls erlauben.

Die erste Tesco-Apotheke wurde 1991 eröffnet und inzwischen findet man solche "Instore-Apotheken" in rund einem Drittel aller Tescos Supermärkte in Großbritannien. Und die Tendenz ist steigend. Doch nicht alle dieser 170 Apotheken, die sich zumeist in den Großstätten befinden, sind im Eigentum von Tesco. Dies ist zwar laut Nicola Riley das Endziel, doch bis jetzt gibt es auch zahlreiche unabhängige Apotheken, die sich als Standort einen Supermarkt ausgewählt haben. Oder aber es handelt sich um kleinere Apothekenketten , wie z.B. im Falle von Tescos Konkurrent ASDA, Moss. ASDA besitzt lediglich acht der insgesamt 90 Supermarkt-Apotheken. Dies ist jedoch ein Gebiet, auf dem ASDA in Zukunft stärker tätig werden will. Phil Reed, Sprecher bei ASDA, erklärt die Hintergründe hierfür anhand einer Kundenumfrage: "Wir fragten unsere Kunden, welche zusätzlichen Serviceangebote sie im Supermarkt gerne hätten. Das Vorhandensein einer Apotheke nahm hierbei in der Rangliste der meistgefragten Zusatzangebote hinter der Post die zweite Stelle ein."

Warum also möchten Kunden im Supermarkt ihr Rezept einlösen?. Nach Ansicht von Nicola Riley ist der Bequemlichkeitsfaktor vor allem beim ersten Besuch ausschlaggebend. Danach unterscheiden sich die Gründe von Kunde zu Kunde. Die Arztpraxis in der Nähe des Supermarktes führt dazu, daß für viele Patienten diese Apotheke die am nächsten gelegene ist. Oder aber die Patienten machen von den langen Öffnungszeiten Gebrauch. Tescos Supermärkte (inklusive der Apotheken) sind noch zu Zeiten geöffnet (wochentags und samstags von 8 – 22 Uhr , sonntags 10 – 16 Uhr geöffnet), bei denen unabhängige Apotheken schon lange geschlossen haben

Trotz allem sieht Nicola Riley keine Gefahr für die unabhängige Apotheke. Die meisten Supermarktketten sind in den Außenbezirken der Großstädte, während kleinere Städte und Ortschaften auf unabhängige Apotheken angewiesen sind. "Wettbewerb ist eine gute Sache und wir können es uns einfach nicht leisten selbstgefällig zu werden. Wir müssen einen Weg finden, beide rentabel zu machen." Ein Szenario, das für die Unabhängigen lediglich kleinere Städte und Ortschaften übrig läßt, während Boots die Innenstädte und Einkaufsstraßen dominiert und Supermarktapotheken die Vororte der Großstädte versorgen, kann sie sich allerdings auch in Zukunft nicht vorstellen. "Es gibt hier drei unabhängige Apotheken in einem Radius von einer Meile um uns herum, und alle drei laufen extrem gut."

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