Editorial

Durch die blaue Brille

Editorial

Die privaten Krankenversicherungen (PKV) verweisen gern auf die Unterschiede, die sie von der "alten" GKV, der gesetzlichen Krankenversicherung, trennen. Andererseits schielen sie deutlich auf die Punkte, die bei der GKV offenkundig besser laufen. Die Abrechnung ist so ein Beispiel. Es ist ein Anachronismus, daß es in der PKV rechtlich völlig ungeregelt ist, wie und auf welchem Rezeptvordruck ein Arzt die Verordnungen der privat Versicherten tätigt. Von der Papierserviette bis zum zerknitterten Zettel - alles ist (theoretisch) möglich, wobei der Bierdeckel wohl seit längerem nicht mehr als anschauliches Beispiel herhalten kann.
Wenn die niedergelassenen Mediziner jedoch weiße und bunte Vordrucke, Quer- oder Hochformat, mit ihrem Arztstempel oben zentriert oder in einer Ecke angeordnet, verwenden, wird klar, was dies für die Abrechnung in den einzelnen privaten Versicherungen bedeutet. Deren Mitarbeiter müssen die Daten "zu Fuß", also manuell erfassen, was keine Chance für automatisierte Verfahren läßt. Daß dies an Umständlichkeit kaum zu überbieten ist, ist auch den privaten Kassen seit längerem klar. Ihr Verband hatte denn auch ein Formular entwickelt, das er offenkundig von der GKV abgekupfert hat. Zur Unterscheidung wurde statt Rosa ein blasses Blau gewählt, ansonsten wie bei den Gesetzlichen das Querformat, dieselbe Größe und die Möglichkeit, die Pharmazentralnummer (PZN) maschinenlesbar aufzudrucken. Brandneu ist dies im übrigen nicht: Bereits 1996 hatte der PKV-Verband mit dem Deutschen Apothekerverband ( DAV) einen Vertrag über den Kauf des dazu benötigten PZN-Verzeichnisses von ABDATA geschlossen.
Die privaten Krankenversicherer warten jedoch noch auf den großen Durchbruch zu effektiver, EDV-unterstützter Abrechnung. In diesen Tagen beklagt der PKV-Verband, daß lediglich acht Prozent der eingereichten Rezepte blaßblau sind. Es liege an den niedergelassenen Ärzten, die die Vordrucke nicht verwendeten, hieß es. Vermutlich gibt es dafür mehrere Gründe. Einer könnte darin liegen, daß die Privaten den Ärzten oder Versicherten die blauen Rezepte nicht zusenden, sondern die Mediziner bei Verlagen die Formulare bestellen lassen, was einige vermutlich abschreckt. Andere Ärzte haben sich vielleicht an die teilweise repräsentativ gestalteten Blöcke der Industrie gewöhnt - wie auch immer.
Was bedeutet das für die Arbeit in der Offizin? Die Kolleginnen und Kollegen, die ich befragte, berichteten unisono von einem Sammelsurium an Privatrezepten. Alles ist drin, alles kommt an. Von Einheitlichkeit keine Spur. Ist es in der Praxis kein Mehraufwand, die PZN aufzudrucken? Ganz so einfach rutschen die blauen Rezepte wohl doch nicht durch das Alltagsgeschäft. Beispielsweise muß bei einigen Softwaresystemen, die den Privatrezepten grundsätzlich das Hochformat zuweisen, das Querformat signalisiert werden, was zugegebenermaßen nicht über die Maßen aufhält, aber doch den Routineablauf unterbricht.
Technisch gesehen ist das Bedrucken der blauen Vorlagen insgesamt kein Problem, die Softwarehäuser hatten darauf reagiert.
Und politisch? Erinnern Sie sich auch noch an das jahrelange Tauziehen zwischen dem Deutschen Apothekerverband und den gesetzlichen Kassen, als es um das maschinenlesbare Auftragen der PZN ging? Und die Einigung über die Anschubfinanzierung, verteilt über drei Jahre von zwei Pfennig pro Verordnungsblatt, die die GKV zusicherte?
Im privaten Versicherungssystem gibt es keine entsprechenden Verträge! Ein Apotheker kann hier freiwillig die PZN aufdrucken, was im Einzelfall wohl nicht uninteressant für die eigene Statistik ist, er muß aber nicht.
Denn diese Leistung erbringt er dann für die PKV, die Nutznießer der GKV-Regelung wären, kostenlos. Sollte nicht auch die PKV eindeutige Regelungen mit dem DAV vereinbaren?

Susanne Imhoff-Hasse

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