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Kommentar

Nicht nur schwarz-weiß

Was wäre die Welt doch übersichtlich, wenn wir sie nur schwarz-weiß betrachten würden. Es gibt ein Problem, ein Schuldiger wird ausgeguckt, der muß es richten - und fertig. Ganz einfach. Doch wie immer gibt es Schattierungen, Grau- und Zwischentöne, eine ganze Farbpalette.
Sehr vereinfacht, also schwarz - weiß, erscheint zur Zeit die Betrachtung der höheren Arzneikosten in den neuen Bundesländern im Vergleich zu den alten. Mit der Halbjahresbilanz der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) Anfang September fing es an, mit der Diskussion um die notleidenden Ost-Kassen ging es verschärft weiter. Die GKV-Aufwendungen für Medikamente sind im Osten höher als im Westen, das ist bekannt. Um 12,8 Prozent liegen die neuen Bundesländer über den Werten in den alten. Der Bundesgesundheitsminister hat einen massiven Sparkurs gefordert.
Ein paar Argumente, die die vermutete Unwirtschaftlichkeit relativieren, hat jetzt die Kassenärztliche Bundesvereinigung gebracht. Natürlich ist die KBV, die die niedergelassenen Ärzte vertritt, bestrebt, Schuldzuweisungen an Ärzte abzuwehren. Gleichwohl sind die angeführten Sonderfaktoren bedenkenswert. So ist der größere Anteil an Zuzahlungsbefreiungen bekannt, der im Umkehrschluß höhere Ausgaben der Kassen nach sich zieht. Hinzu kommt die nach wie vor geringere Bereitschaft zur Selbstmedikation, welche vice versa die GKV entlasten würde. Nach Angaben der KBV darf zudem nicht der vergleichsweise höhere Anteil an Rentnern wegen ihres Arzneimehrbedarfs vernachlässigt werden.
Die Unterschiede werden durch die im Juli heraufgesetzten Zuzahlungen der Patienten im übrigen noch deutlicher werden. Wenn in östlichen Bundesländern mehr Versicherte durch Härtefallregelungen von Selbstbehalten befreit sind, tragen die Kassen die Aufwendungen allein. Angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung sind auch keine spürbaren Entlastungen der GKV durch sprunghaft steigende Selbstmedikation zu erwarten.
Das Faktum des höheren Arzneiverbrauchs bleibt. Es ist aber zu relativieren. Nur durch das Sparen bei Medikamenten werden die Ostkrankenkassen nicht gesund. Der Verweis auf den - im Westen wie im Osten dicksten Brocken - Krankenhausbereich, der laut Halbjahresbilanz um 6,2 Prozent im Osten wuchs, sei hier gestattet. Im selben Zeitraum sanken die Ausgaben für Arzneimittel um 0,8 Prozent. Der Trend geht also schon abwärts. Daß sich die Pro-Kopf-Ausgaben in West und Ost angleichen, wird auch daran sichtbar, daß der Umsatz auf dem Apothekenmarkt im September um 6,3 Prozent im Osten gesunken, der auf dem Westmarkt dagegen leicht (um 1,1 Prozent) gestiegen ist. Auch das gehört zur Abrundung der Diskussion.
Im übrigen haben die Kassen nicht so sehr ein Ausgaben-, sondern ein Einnahmeproblem. Bedingt durch die hohe Arbeitslosigkeit brechen die Einnahmen weg. Hier die Kehrtwende zu schaffen, erscheint jedoch schwierig.
Susanne Imhoff-Hasse

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