DAZ aktuell

Randnotiz

Schwache Leistung

Der Versandhandel ist verbraucherfreundlich, bequem und preisgünstig - kurzum, der ideale Vertriebsweg für Waren aller Art. Warum also nicht auch für Arzneimittel? So begann am Montagabend nach dem Apothekertag die "Fakt"-Sendung der ARD. In vielen Ländern habe man mit dem Versandhandel von Arzneimitteln die besten Erfahrungen gemacht, hieß es weiter. So zum Beispiel in der Schweiz. Flugs ist ein zufriedener Kunde zur Stelle, ein Schweizer Drogist, der vor laufender Fernsehkamera vom Postboten sein Arzneimittelpäckchen in Empfang nimmt. Gegen persönliche Quittung. Aus Sicherheitsgründen, so der Kommentar. Alles herrlich. Nur in Deutschland ist das, so bedauert die Moderatorin aus vollem Herzen, nicht erlaubt. Dabei ließe sich für Patienten und Krankenkassen reichlich Geld sparen: 10 bis 15 Prozent der jetzigen Ausgaben, so wird vorgerechnet. Das wäre doch was! Dreist wiederholt die Moderatorin das längst widerlegte Vorurteil, Deutschlands Arzneimittelpreise gehören noch immer noch zu den höchsten in Europa. Um das Bild komplett zu machen, bestätigen die Betriebskrankenkassen, vertreten durch ihren Vorstand (?) Schulte, die Einsparpotentiale für Arzneimittel durch den Versandhandel. Und die bösen Buben, die weder Kassen noch Patienten die günstigen Preise gönnen, werden auch gleich ausgemacht: All diejenigen, die am Apothekenmonopol für Arzneimittel kleben. An erster Stelle der Gesetzgeber, der den Versandhandel mit Arzneimitteln in Deutschland verbietet. Ein Interview mit Horst Seehofer muß also her. Doch das Ergebnis wird den "Fakt"-Machern kaum gefallen haben. Kurz und knapp erklärt der Bundesgesundheitsminister seinen Standpunkt: Arzneimittelsicherheit stehe für ihn an erster Stelle. Und die sei durch den Versandhandel nun mal nicht gewährleistet. Man solle sich nur vorstellen, ein Mensch würde tatsächlich durch ein Versandarzneimittel geschädigt. Dann kämen die Fernsehjournalisten als erste angerannt, um ihn, Seehofer, zu interviewen. "Und das zurecht", so der Minister wörtlich. Kein Kommentar seitens der "Fakt"-Moderatorin. Dafür dann ein Interview mit ABDA-Präsident Hans-Günter Friese. Eloquent und betont sachlich verweist Friese - im Hintergrund die Apothekertagsausstellung - auf die unverzichtbare Beratung rund um das Arzneimittel, die nur die öffentliche Apotheke sicherstellen kann. Doch schade. Weder Seehofer noch Friese kommen bei den Machern des "Fakt"-Magazins richtig an. Hartnäckig behaupten sie weiter: Einfach toll, wenn die Arznei per Post kommt! Und an ausgewählten Arzneimitteln (unter anderem für "das Magenmittel" Buscopan) rechnen sie die phantastischen Einsparmöglichkeiten für den Verbraucher vor.
Ich meine: Sparen sollten vielmehr die Fernsehsender an solch einseitigen, bewußt schlecht recherchierten Reportagen!
Reinhild Berger


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