DAZ aktuell

Kommentar

Noch ein Soli?

Um die Höhe des alten wird noch gerungen - da ist ein neuer "Soli" im Gespräch, einer für die ostdeutschen Krankenkassen. Diese stecken - wie die westdeutschen - in den roten Zahlen, in den neuen Bundesländern ist die Lage jedoch ungleich brisanter. Im ersten Halbjahr 1997 war im Osten ein Fehlbetrag von rund 1,1 Milliarden Mark aufgelaufen, im Westen von 2,8 Milliarden. Bekanntlich war der Bundesgesundheitsminister bei der Zwischenbilanz optimistisch, daß das Defizit in den alten Ländern teilweise abgebaut werden kann, aber nicht in den neuen. Im Westen gab es einen Rückgang bei den Ausgaben und zugleich geringe Anstiege bei den Einnahmen.
Genau andersherum die Lage im Osten. Hier stiegen die Ausgaben leicht, aber die Grundlöhne, die die Einnahmen der Kassen bedingen, sanken deutlich. Die Krankenkassen sind hier arg in Bedrängnis.
Dabei haben die Gründe dafür nicht viel mit dem Gesundheitswesen zu tun. Vor allem wegen der hohen Arbeitslosigkeit fallen die Beitragseinnahmen stark. Es soll Kassen geben, die bereits ihre Löcher mit Krediten stopfen, was nicht erlaubt ist. Sie wären ansonsten pleite.
Die Kassen stehen vor harten Auseinandersetzungen um die Mittel. Dabei hat jede Kassenart gute Gründe für ihre Position. Die AOK verweisen darauf, daß sie 1990 in den neuen Bundesländern als erste an Ort und Stelle waren und zunächst alle Versicherten aufgenommen haben, die anderen kamen erst später. Daher seien die meisten Rentner (74 Prozent), Arbeitslosen (60 Prozent) und mit 70 Prozent die meisten Härtefälle - die von Zuzahlungen befreit sind - bei ihnen versichert. Historisch bedingt haben die Ost-Kassen zum Beispiel Aufbauhilfe geleistet und bezahlt, eine politische Aufgabe aus dem Einigungsvertrag. Die AOK will also einen Solidarfonds aller für die Kassen im Osten, die ansonsten die Beiträge deutlich anheben müßten, mit der Folge noch höherer Zuzahlungen der Patienten.
Die anderen Kassenarten lehnen den Solidarfonds ab. Zunächst sollten die östlichen Kassen kräftig sparen und ansonsten die westdeutschen AOK - mit ihrer vergleichsweise komfortablen Finanzbasis - ihren Schwesterorganisationen helfen.
Unklar blieb in der vergangenen Woche, ob die getrennte Finanzrechnung der Kassen vorzeitig zusammengeführt wird. Laut Einigungsvertrag soll sie kommen, wenn die Bezugsgröße in den neuen Ländern bei 90 Prozent des Westniveaus angelangt ist. Ersatz-, Betriebs- und Innungskrankenkassen lehnen die vorzeitige Aufhebung der getrennten Systeme ebenso ab wie einen bundesweiten kassenartenübergreifenden Finanzausgleich, weil sie eine zu hohe Belastung der Versicherten in den alten Ländern befürchten. An dem Argument ist ja auch etwas dran.
Verzwickte Situation. Für den 22. Oktober ist eine Lösung anvisiert, die es abzuwarten gilt. Aber ein Verzicht auf Solidarität erscheint kaum machbar.
Susanne Imhoff-Hasse


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.