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Schutzimpfungen: Kein Impfzwang für Deutsche

Das Ministerium lehne nach wie vor einen Impfzwang für Deutschland ab, sagte Horst Seehofer auf der gemeinsamen Pressekonferenz der Bundesgesundheitsminister, der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung am 30. September in Bonn.

Wie Seehofer sagte, plant sein Ressort ein neues Infektionsschutzgesetz, das die Prävention übertragbarer Krankheiten sowie epidemiologische Meldesysteme verbessern soll. Zudem sei an ein nationales Koordinierungszentrum beim Robert Koch-Institut gedacht. Der Minister erinnerte daran, daß auch Deutschland durch die weltweite Ausbreitung von Infektionskrankheiten gefährdet sei. Ursachen seien neben Auslandsreisen auch Flüchtlingsströme. Die Bundesregierung teile das Ziel der Weltgesundheitsorganisation, bis zum Jahr 2000 einheimische Fälle von Kinderlähmung, Diphtherie, Neugeborenen-Tetanus und Röteln und bis 2007 Erkrankungen an Masern und Mumps zu stoppen. Die wissenschaftlich fundierte Prävention - wie etwa Schutzimpfungen - unter Einbeziehung der Ärzte müsse Schwerpunkt der Gesundheitspolitik bleiben. Seehofer zeigte sich verärgert über die "oberflächliche Diskussion" der vergangenen Monate im Zusammenhang mit dem Streichen des alten Paragraphen 20 des Sozialgesetzbuches V. Bekanntlich wurde die Gesundheitsförderung, die durch Aerobic- und Kochkurse ins Gerede gekommen war, aus der paritätischen Finanzierung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer herausgenommen, allerdings blieben Vorsorgemaßnahmen, zahnmedizinische Prophylaxe, Check-ups und Schutzimpfungen Kassenleistungen. Der Minister wies damit Forderungen der SPD zurück, die die gesamte Prävention wieder einführen will.

Professor Walter Brandstädter, Vizepräsident der Bundesärztekammer, gab das Vorhaben der BÄK bekannt, mit neuen berufsrechtlichen Regelungen einen größeren Kreis von Ärzten als bisher für Impfungen zu qualifizieren, was bisher nur in der ärztlichen Weiterbildung geschehen könne. Die BÄK würde es begrüßen, wenn bereits Medizinstudenten standardmäßig für diese Vorsorgemaßnahmen qualifiziert werden. Brandstädter verwies mit Dr. Ulrich Oesingmann von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung darauf, daß neben den Impfungen von Kindern, die gut geregelt seien, vor allem die Auffrischung im Erwachsenenalter problematisch sei. Die Ärzte hoben die Gefahr von an sich vermeidbaren Folgeerkrankungen hervor, wenn auf Impfungen verzichtet werde. Nach wie vor werden zum Beispiel 30.000 Masern-Erkrankungen registriert, mit vereinzelten Todesfällen als Folge. Auch Mumps sei keine harmlose Kinderkrankheit, sondern führe bei jeder zehnten Erkrankung zu Hirnhautentzündung. Die Beteiligung an der Kombinationsimpfung Masern/ Mumps / Röteln sei mit 75 Prozent noch unbefriedigend. Brandstädter erinnerte zudem an die Diphtherieepidemien in den Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR, die gegen das Nachlassen der Impfbeteiligung in Deutschland sprächen. 1995 habe es 50.000 Diphtheriekranke in der Staaten der ehemaligen UdSSR gegeben und 1500 Todesfälle. Darüber hinaus dürfe die Influenza-Gefahr nicht verkannt werden. Besonders ältere Menschen und chronisch Kranke sollten sich im Herbst gegen Grippe impfen lassen. An Influenza sterben demnach bis zu 30.000 Bürger jährlich in Deutschland, an Hepatitis B und deren Folgeerkrankungen etwa 5000 Menschen. Der Leiter des Robert-Koch-Instituts Professor Reinhard Kurth verwies auf einen anderen brisanten Punkt. Daß jedes Jahr bis zu 20.000 Leute in Krankenhäusern durch dort erworbene Infektionen und Resistenzentwicklungen bei Antibiotika sterben, sei "auf Dauer nicht tolerabel".

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