DAZ aktuell

HIV-Therapie: EU-Zulassung für Nelfinavir

Der Proteaseinhibitor Nelfinavir (Viracept®) ist bald auch in Deutschland im Handel. Am 22. Januar 1998 hat er die EU-Zulassung als Kombinationspartner von Nukleosidanaloga erhalten und soll Ende Februar hierzulande eingeführt werden. Sein Vorteil: Er verbessert die Lebensqualität der HIV-Infizierten, da er direkt zu den Mahlzeiten eingenommen werden kann.

Betrachtet man die HIV-Infektionsrate in Deutschland, läßt sich die Bundesrepublik als ≥glückliche Insel„ bezeichnen. Gemeinsam mit England liegt sie in der HIV-Häufigkeit im unteren Drittel. Frankreich, Spanien und Italien haben mit deutlich höheren Infektionsraten zu kämpfen – von Ländern wie Afrika und Südostasien ganz zu schweigen. Dank guter Aufklärung liegt die Zahl der Neuinfektionen hierzulande derzeit bei ≥nur„ 2000 pro Jahr – 2000 zu viel. Denn die Erkrankung ist entgegen aller Positivberichte in der Boulevardpresse noch immer nicht heilbar. Die lebenserhaltende Therapie, deren Langzeiteffekte allerdings noch gar nicht absehbar sind, stellt an die Infizierten hohe Anforderungen: Nur konsequentes, zeitgenaues Einnehmen enormer Mengen von Tabletten halten die Viruslast niedrig. Ziel der Forschungsbemühungen muß es deshalb auch sein, neben wirksamen Substanzen verträgliche Therapieregimes zu entwickeln.

Nelfinavir: Einnahme zu den Mahlzeiten möglich
Einen Schritt in diese Richtung ist mit dem Proteaseinhibitor Nelfinavir gelungen. Im Gegensatz zu Indinavir, das alle acht Stunden nüchtern eingenommen werden muß und den Tagesablauf HIV-Infizierter erheblich stören kann, läßt sich Nelfinavir zu den Mahlzeiten einnehmen.Daß der Switch von Indinavir zu Nelfinavir die Lebensqualität verbessert, sich aber nicht negativ, sondern sogar eher positiv auf die Wirksamkeit der Behandlung auswirkt, konnte in einer Schwerpunktpraxis in Aachen gezeigt werden. 25 HIV-Infizierte entschieden dort, daß sie den neuen Proteasehemmer ausprobieren wollten. Zehn dieser Patienten hatten zum Zeitpunkt der Therapieumstellung nur eine antiretrovirale Behandlung (zwei Nukleosidanaloga plus Indinavir) erhalten. Sie profitierten nicht nur von der entspannteren Lebensführung und weniger Nebenwirkungen (Hauttrockenheit und Nierenkoliken gingen zurück), sondern auch von einer weiteren Senkung der Viruslast – zumindest innerhalb der ersten zwölf Wochen. Bei den mehrmalig vorbehandelten Patienten änderte sich der Virusstatus durch den Switch nicht. Dennoch wollte aufgrund der besseren Lebensqualität keiner der Patienten wieder auf das ≥alte„ Therapieregime umsteigen. Das Plus an Lebensqualität läßt außerdem wohl auch die Compliance steigen, was die Wirksamkeit der Therapie wiederum steigert.

Nebenwirkung: schwere Durchfälle
Allerdings sollte sich nun nicht der Trugschluß einschleichen, daß Nelfinavir von den Patienten blendend vertragen wird. Die Substanz führt meist zu schweren Durchfällen, die in der Regel eine dauerhafte antidiarrhoische Behandlung, beispielsweise mit Loperamid, erforderlich machen. In wenigen Fällen muß die Therapie abgebrochen werden. Dies scheint jedoch im Hinblick auf die derzeitigen Therapiemöglichkeiten der HIV-Infektion eine vergleichsweise akzeptable Begleiterscheinung zu sein.

Pulver – nicht nur für Kinder
Um auch bei HIV-infizierten Kindern eine Therapie mit Nelfinavir zu ermöglichen, steht ein Pulver zur Verfügung. Dosiert wird nach Körpergewicht, wobei Kinder etwa eine doppelt so hohe Dosis erhalten wie Erwachsene, nämlich 25 bis 30 mg /kg Körpergewicht (Erwachsene etwa 10 mg/kg KG). Das Pulver kann aber auch eine Alternative für erwachsene HIV-Infizierte sein, die die Kapseln, immerhin dreimal täglich drei Stück, nicht schlucken können.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.