Arzneimittel und Therapie

Cytomegalie-Virus-Infektion: Bei HIV-Patienten

Durch hochaktive antiretrovirale Therapie (HAART) läßt sich die Viruslast bei HIV-Patienten zeitweilig beträchtlich reduzieren. Doch bleibt zu fragen, welchen Einfluß eine solche Therapie auf die opportunistischen Infektionen hat, die regelmäßig mit der HIV-Infektion einhergehen.

Eine herausragende Rolle spielt hierbei das Cytomegalie-Virus (CMV), mit dem viele HIV-Patienten infiziert sind. Zu den häufigsten Folgen der Cytomegalie-Infektion bei AIDS-Patienten gehört die CMV-Retinitis. Sie tritt bei 85% der Patienten auf, die mit beiden Erregern infiziert sind, und kann zu starken Sehstörungen bis hin zur Erblindung führen. Diese Komplikation kommt bei anderen immunsupprimierten Personen nur äußerst selten vor. Betroffen sind in erster Linie Patienten mit fortgeschrittener Infektion, bei denen die Anzahl der CD4-Lymphozyten weniger als 50 Zellen pro Mikroliter beträgt.
Neben der Bedeutung des CMV als Erreger opportunistischer Infektionen wird auch seine Rolle als Promotor der HIV-Infektion diskutiert. So wird angenommen, daß das vom CMV gebildete Protein US28 als Cofaktor das Eindringen des HIV in Zellen des Immunsystems unterstützt. Andererseits kann auch die Anwesenheit des HIV-1 die Vermehrung des CMV stimulieren. Die molekularen Zusammenhänge zwischen beiden Viren bedürfen noch weiterer Forschungen, doch ist aus klinischer Sicht eine große Cytomegalie-Viruslast im Rahmen einer AIDS-Erkrankung als aussagekräftiger prognostischer Faktor für eine geringere Überlebensdauer anzusehen. Allerdings ist die Diagnostik des CMV recht problematisch, da das Virus zu einer latenten Infektion führen kann, die im Blut nicht nachweisbar ist. Es kann sich auch vermehren, ohne daß Symptome auftreten. Immerhin lassen sich Antigene im Blut etwa 30 Tage vor dem Ausbruch klinischer Symptome nachweisen, während mit Hilfe der Polymerasekettenreaktion (PCR) ein Nachweis des Virus im Rahmen einer Studie bereits durchschnittlich 46 Tage vor Ausbruch der Krankheit gelungen ist. Mit Hilfe dieses Tests besteht künftig die Möglichkeit, die Therapie zu individualisieren und rechtzeitig vor den erwarteten Komplikationen die Dosis der antiretroviralen Therapie zu erhöhen.

Zur Therapie der CMV-Infektion werden Ganciclovir, Foscarnet und Cidofovir verwendet. Bei Patienten mit CMV-Retinitis kommen auch Ganciclovir-Implantate zur lokalen Anwendung im Auge zum Einsatz. Allerdings haben Studien gezeigt, daß diese Patienten den Wirkstoff auch systemisch verfügbar benötigen, um ein Fortschreiten der Erkrankung über die Retina hinaus aufzuhalten. Dies ist durch orale Einnahme von dreimal täglich 1,5 g Ganciclovir zu erreichen, so daß die Verwendung von Implantaten den Patienten immerhin die intravenöse Applikation erspart. Der Ausbruch von CMV-bedingten Erkrankungen läßt sich außerdem durch den zusätzlichen Einsatz von Proteaseinhibitoren herauszögern.
Insgesamt hat die moderne antiretrovirale Therapie mit mehreren Komponenten die Inzidenz der CMV-Retinitis deutlich gesenkt. Die Erfolge der Therapie gehen dabei meist mit einer allgemeinen Verbesserung immunologischer Parameter einher. Doch konnte auch für Patienten mit weiterhin schlechtem Immunstatus nachgewiesen werden, daß ihr Risiko einer CMV-bedingten Komplikation sinkt. Allerdings brach bei einzelnen Patienten trotz erhöhter Zahl an CD4-Zellen innerhalb weniger Monate nach Beginn einer hochaktiven antiretroviralen Therapie eine CMV-Retinitis aus. Dies erstaunt, da diese Komplikation sonst fast nur im Zusammenhang mit einer stark erniedrigten CD4-Zellzahl vorkommt. Demnach scheint eine spezielle Patientengruppe nicht von der Therapie zu profitieren. Prognostische Faktoren zur vorherigen Identifizierung dieser Patienten werden derzeit gesucht.


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