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20. Hausärztetag: Besonders Hausärzte sind unter Druck

Die Arzneimittelpolitik bleibt Schwerpunkt der Aktivitäten des Hausärzteverbands. Auf dem 20. Hausärztetag, der vom 17. bis 20. September in Dortmund stattfand, warnte der Bundesvorsitzende des BDA Dr. Klaus-Dieter Kossow davor, die Voraussetzungen für Arznei-Verschreibungen über Gebühr einzugrenzen.

Zur Zeit steige der Regreßdruck, weil Hausärzte von allen Fachrichtungen naturgemäß die meisten Medikamente verordneten. Nach Angaben des BDA-Vorsitzenden geht es derzeit in der Arzneimittelpolitik an die "hausärztliche Substanz". Bedingt durch den Ärger der Patienten über die höheren Selbstbeteiligungen sinke die Zahl derjenigen, die eine hausärztliche Praxis aufsuchten. Kossow kritisierte zudem massiv die Untätigkeit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) auf die ungezügelte Inanspruchnahme der Chipkarte durch Patienten. Zwar habe die KBV selbst festgestellt, daß dadurch Mehrarbeit im Wert von drei Milliarden Mark pro Jahr erbracht worden sei, es fehle jedoch ein Konzept gegen diesen "ruinösen Trend". Hinsichtlich der Rahmenvereinbarung der KBV und Kassen zu arztgruppenspezifischen Richtgrößen, die die Arzneibudgets ablösen sollen, verwies der BDA-Chef auf das ungelöste Problem des erhöhten Arzneibedarfs in Landpraxen. Während sich in der Stadt viele Mediziner die Verordnung des Arzneimittelbedarfs eines Patienten teilten, verschreibe diese auf dem Land im wesentlichen ein Hausarzt. Dessen spezielle Situation müsse berücksichtigt werden, ansonsten richteten sich die Wirtschaftlichkeitskontrollen gerade gegen die Landärzte, die besonders wirtschaftlich arbeiteten. Würden auf der Landesebene keine Korrekturfaktoren eingefügt, werde der BDA klagewillige Ärzte gegen Regreßbescheide unterstützen. Bei den diskutierten neuen Arzneimittel-Richtlinien kritisierte Kossow, daß mit dem Grundsatz gebrochen werde, daß vor dem Preis eines Arzneimittels der therapeutische Nutzen beachtet werden müsse. Werde dies umgesetzt, müßten Hausärzte künftig einen verschärften Preisvergleich anstellen, obwohl dies besonders bei den Festbeträgen Aufgabe der Krankenkassen sei. Die KBV sollte hier die Kassen in die Pflicht nehmen. Kossow sprach sich gegen einen völligen Wettbewerb im Gesundheitswesen aus. Gerade die USA mit dem wettbewerbsintensivsten System hätten mit 14,6 Prozent Anteil am Bruttosozialprodukt die höchsten Kosten mit den härtesten Rationierungsmaßnahmen. Das Gesundheitswesen müsse vielmehr so organisiert werden, daß die Primärversorgung voll genutzt werde, um Krankheitsentwicklungen zu vermeiden, was ein starker hausärztlicher Sektor am besten gewährleisten könne. Kossow forderte nachdrücklich die Etablierung des Hausarztsystems, da diese Ärzte aufgrund der oft langfristigen Begleitung sämtlicher Patienten am besten die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen koordinieren könnten. Ein Spezialist oder Kliniker sehe dagegen immer nur ausgewählte Kranke und diese nur für eine begrenzte Zeit. Aus diesem Grund sollten Fachärzte hausärztliche Leistungen nicht vergütet bekommen, wenn der Patient diese direkt beim Facharzt nachfrage. Andererseits sollten typische Facharztleistungen beim Hausarzt auf Notdienste begrenzt werden. Da die Standesorganisation KBV hier untätig gewesen sei, habe sich das Verhältnis zwischen Fach- zu Hausärzten zu Lasten der Hausärzte verschoben. Die überfällige Gliederung der ambulanten Medizin in eine haus- und fachärztliche Versorgung sei dringend notwendig, um den Hausärzten Koordinierungsfunktionen zu geben.

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