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Coffeinhaltige Kombi-Analgetika: Bald rezeptpflichtig?

Es tut sich etwas bei coffeinhaltigen Kombinationsschmerzmitteln. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) will diese Präparate rezeptpflichtig machen und wird dies den Sachverständigen im Ausschuß für Verschreibungspflicht am 20. Januar 1998 vorschlagen.

So lautete die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage von Bündnis 90 / Die Grünen. Diese Ankündigung haben die Bündnisgrünen unterdessen in Bonn begrüßt. Nach Auffassung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) ist dies eine Maßnahme, um die Häufigkeit analgetika-induzierter schwerer Nierenschäden zu senken. Bisher gilt eine partielle Verschreibungspflicht für coffeinhaltige Kombinationsschmerzmittel in Packungen mit über 10 Gramm analgetischer Wirkstoffe. Monika Knoche, gesundheitspolitische Sprecherin der Bündnisgrünen, hatte zuvor darauf verwiesen, daß fast ein Fünftel aller chronischen dialysepflichtigen Niereninsuffizienzen in Deutschland vermeidbar wären, wenn Analgetika-Kombinationspräparate aus der Apothekenpflicht herausgenommen und der Rezeptpflicht unterstellt würden. Bei rund 6000 der geschätzt 40.000 dialyseabhängigen Patienten seien die Nierenschädigungen auf den Vielgebrauch von Kombinationen, vor allem auf solche mit Acetylsalicylsäure, Paracetamol und Coffein (APC-Kombinationen) zurückzuführen, so die Politikerin. Sie forderte den Bundesgesundheitsminister auf, die Verschreibungspflicht für diese Präparate einzuführen und die Rücknahme der Nachzulassung zu prüfen. Bei bestimmungsgemäßem Gebrauch der Analgetika würden schwerwiegende Schädigungen der Nierenfunktion nicht auftreten, so die Antwort aus dem Hause Seehofer. Epidemiologische Studien aus Deutschland und dem Ausland hätten jedoch ein erhöhtes Risiko für das Entstehen einer Niereninsuffizienz nach chronischem Mißbrauch coffeinhaltiger Kombinationsschmerzmittel gezeigt. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) hatte das damalige Bundesgesundheitsamt bereits im Juni 1994 für die Unterstellung von Coffein mit Analgetika unter die Verschreibungspflicht votiert, damals hätten jedoch die Sachverständigen die Erkenntnisse als unzureichend eingestuft. Jetzt stützten die Auffassungen der amerikanischen National Kidney Foundation sowie zweier deutscher Fachgesellschaften (die Gesellschaft für Nephrologie und die deutsche Arbeitsgemeinschaft für klinische Nephrologie) die Haltung, daß der Mißbrauch coffeinhaltiger Analgetika-Präparate möglichst verhindert werden sollte. Die unkritische, oft durch Werbung geförderte Anwendung dieser Arzneimittel sollte vermieden werden, so das Hause Seehofer. Laut BMG liegen der Berliner Behörde BfArM keine eigenen Zahlen über den Gebrauch verschreibungsfreier Analgetika (Mono- oder Kombipräparate) vor. Dem 96er Arzneiverordnungsreport des wissenschaftlichen Instituts der Ortskrankenkassen (AVR) zufolge wurden 76,5 Prozent der nicht rezeptpflichtigen Monopräparate sowie 3,4 Prozent der rezeptfreien Kombinationen von Ärzten verschrieben. Zwar wiesen die Zahlen des AVR insgesamt auf eine Zunahme des Analgetika-Gebrauchs in Deutschland hin. Der Anteil der verordneten Kombinationsschmerzmittel sei jedoch zwischen 1986 und 1994 stetig gesunken und bis Ende 1995 konstant geblieben. Jedes fünfte rezeptfreie Mono- oder Kombinationspräparat werde - gemessen an den verkauften Packungen - verschrieben, drei Viertel der verkauften Packungen entfielen auf die Selbstmedikation, fünf Prozent würden auf Privatrezepten verordnet. Das Ministerium schätzt den Anteil der Dialysepatienten, deren Nierenschäden auf Analgetika-Abusus zurückgeht, auf 3,5 Prozent (siehe Kasten). Die Angaben anderer Autoren schwankten zwischen 10 - 12 und 20 Prozent. Bei wie vielen dieser Patienten die Schäden durch rezeptfreie Kombinationspräparate verursacht wurden, konnte das BMG nicht beziffern. Das Ministerium verweist auf Vorteile, die einzelne Mischpräparate gegenüber Monopräparaten haben, und nennt hier die Kombination von Acetylsalicysäure mit Coffein oder Paracetamol mit dem Trimethylxanthin mit jeweils verstärkter schmerzstillender Wirkung. Die zuständige Wirkstoffkommission habe beide Fälle als wirksam und sicher - bei bestimmungsgemäßem Gebrauch - eingestuft. Das BMG vermutet die verstärkte analgetische Wirkung auch bei der APC-Kombination aus Acetylsalicylsäure, Paracetamol und Coffein. Im Gegensatz dazu seien jedoch die Kombinationen von Propyphenazon oder Phenazon mit Coffein oder deren Dreier-Mix negativ bewertet worden. Laut BMG wird das BfArM bei der Nachzulassung der bisher fiktiv zugelassenen Arzneimittel die Bewertungen der Kommission bei künftigen Entscheidungen berücksichtig

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