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Mecklenburg-Vorpommern: Sparwelle bei Verordnungen

Für die Apotheken in Mecklenburg-Vorpommern bedeutet der Ende Juli zwischen Ärzten und Krankenkassen gefundene Kompromiß zum Arzneimittelbudget zwar eine gewisse Planungssicherheit, das deutlich abgesenkte Arzneimittelbudget wird jedoch Auswirkungen zeigen, die derzeit noch nicht zu beziffern sind.

Dies äußerte Dr. Gerhard Behnsen, Vorsitzender des Landesapothekerverbands, auf Anfrage der DAZ-Apotheker Zeitung. Im nördlichen Land an der Ostsee kündigte die Kassenärztliche Vereinigung einen deutlichen Rückgang der Verordnungen an. Positiv für die Ärzte sei, daß der drohende Regreß vom Tisch ist, so Behnsen weiter. Die Apotheker lieferten den Ärzten spezielle Verordnungsdaten aufgeschlüsselt nach Fachgruppen, um die Mediziner zu unterstützen und um starke Schwankungen bei den Verordnungen zu vermeiden. Es sei verfrüht, mögliche Auswirkungen des Eckpunktepapiers für die Apotheken zu bewerten, da erst der noch ausstehende Vertrag zwischen Ärzten und Kassen Korrekturfaktoren regele, die die Budgethöhe noch nach oben drücken können, so der Verbandschef weiter. Am 30. Juli hatte das Gremium der Ärzteseite dem Kompromiß zugestimmt, das Votum der Krankenkassen steht noch aus, das des AOK-Verwaltungsrates ist für den 20. August vorgesehen. Kassen und KV in Mecklenburg-Vorpommern hatten sich zuvor auf eine Orientierungslinie für das Arznei-, Verband- und Heilmittelbudget in Höhe von 809 Millionen Mark für den Zeitraum vom 1. Juli 1997 bis zum 30. Juni 1998 geeinigt, Dem war ein heftiger Streit vorausgegangen, der in einer bundesweit stark beachteten Protestaktion der Ärzte, unterstützt von Apothekern vor Ort, Anfang Juni gipfelte. Erstmals hatten die Kassen dort seit Mai fünf Millionen Mark an Ärztehonoraren zurückgehalten, um das überschrittene Arzneimittelbudget schrittweise zu kompensieren. Die inzwischen 15 Millionen Mark an einbehaltenem Honorar bleiben noch bis Dezember 1998 quasi als Faustpfand bei den Kassen. Ein drastisches Sparen der niedergelassenen Mediziner, um die Orientierungslinie nicht zu überschreiten, erscheint wahrscheinlich. Im vergangenen Jahr hatten die Ausgaben für Medikamente und Heilleistungen bei rund 990 Millionen Mark gelegen. Zusätzliche Kosten im Arznei-, Verband- und Heilmittelbereich wie Innovationen können dem Eckpunktepapier zufolge berücksichtigt werden.

Die Kassenärztliche Vereinigung im nördlichen Bundesland hebt ebenfalls die Korrekturfaktoren hervor, die bei den 809 Millionen berücksichtigt werden müßten. So stehe die Mitgliederzahl erst gegen Ende des Jahres fest, sagte der Geschäftsführer Dr. Jürgen Grümmert auf Anfrage der DAZ Apotheker Zeitung. Er bestätigte, daß in den nächsten Wochen bei den Arzneimittelverordnungen deutlich gespart werde. Grümmert verwies auf die enge Kooperation mit dem Apothekerverband und den Rechenzentren, die eine schnelle Datenlieferung an die Ärzte garantiere. Da die Ärzte praxisbezogene Daten erhielten, bei getrennter Auflistung der Heilleistungen, hätten sie Steuerungsmöglichkeiten in der Hand. Der KV-Geschäftsführer kritisierte die fehlende Datenlieferung der Krankenkassen, obwohl diese verantwortlich dafür seien. Seinen Worten zufolge erklärt eine Reihe von Gründen den insgesamt höheren Arzneimittelverbrauch in Mecklenburg-Vorpommern im Vergleich zu westlichen Bundesländern, zum Beispiel die ungewöhnlich hohe Zahl an Alkoholkranken. Darüber hinaus sei die Selbstmedikation wegen der Arbeitslosigkeit und der großen Zahl an Bürgern, die aufgrund niedrigeren Einkommens von Zuzahlungen befreit seien, nicht so stark ausgeprägt wie im Westen, mit vermehrten Arztbesuchen als Folge. Selbstkritisch nannte der KV-Geschäftsführer in diesem Zusammenhang jedoch auch die relativ hohe Arztdichte, mit der Mecklenburg-Vorpommern an siebter Stelle in der Bundesrepublik liege.

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