DAZ aktuell

GKV: Streit um Beitragsrückerstattung

Die Beitragsrückzahlung an gesetzlich Krankenversicherte ist umstritten.

In der vergangenen Woche hatten drei Ortskrankenkassen angekündigt, denjenigen Mitgliedern Beträge in Höhe bis zu einem Monatsbeitrag zurückzuzahlen, die 1996 keine Leistungen in Anspruch genommen hatten. Dies war auf heftige Kritik bei den Ersatzkassen gestoßen. Der FDP-Gesundheitsexperte Dr. Dieter Thomae hat unterdessen einen solchen Bonus bei allen gesetzlichen Kassen gefordert.

Die von den Ortskrankenkassen Berlin, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern vorgesehene Rückerstattung sei mit dem Solidargedanken in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zu vereinbaren, hieß es beim Ersatzkassenverband VdAK in Siegburg. Die Mitglieder dieser AOKs erhalten Agenturmeldungen zufolge erstmals Beträge in großem Umfang zurück, wenn sie für 1996 die erforderlichen Anträge gestellt haben. In Berlin, wo der AOK-Beitragssatz demnach bei 14,9 Prozent liegt, können die Versicherten bis zu 916 Mark erhalten, in Hamburg mit 14,1 als Satz maximal 867 Mark, in Mecklenburg-Vorpommern mit einer AOK-Beitragsgrenze von 14,5 Prozent bis zu 760 Mark. Die Rückerstattung erhalten die Versicherten allein, der Arbeitgeber erhält nichts davon.

Die Ersatzkassen lehnen das Verfahren grundsätzlich ab. Herbert Rebscher, VdAK-Vorstandsvorsitzender, bezeichnete dies als Marketingstrategie zur Gewinnung junger, gesunder Mitglieder und daher als gezielte Auslese zu Lasten der Kranken. Er nannte das Vorhaben darüber hinaus ökonomisch unsinnig, da die Rückzahlung von Beiträgen gegenfinanziert werden müsse und durch Erhöhung des allgemeinen Beitragssatzes eine steigende Belastung für alle Versicherten und Arbeitgeber bedeute. Zudem stiegen dadurch die Verwaltungskosten der Kassen. Rebscher verwies in diesem Zusammenhang auf die Zahlungen in Höhe von 16,4 Milliarden Mark in den kassenartenübergreifenden Finanzausgleich hin. Vom sogenannten Risikostrukturausgleich hätten insbesondere die Ortskrankenkassen profitiert. Es gehe nicht an, daß die Empfängerkassen diese Mittel zum Wettbewerb um "gute Risiken" nutzen, womit junge, gesunde, gutverdienende Versicherte gemeint sind, die kaum Kosten bei den Kassen produzieren. "Gerade die Kassen, die sich in erheblichen Finanznöten befinden, sollten nicht zusätzliche Gelder für Marketingzwecke ausgeben", so Rebscher.

Der AOK-Bundesverband hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Die Beitragsrückerstattung werde nicht mit Mitteln aus dem Solidartopf bezahlt, erklärte der Verwaltungsratsvorsitzende Gert Nachtigal in Bonn. In Hamburg und Berlin seien die Vorhaben als Modellversuche bereits 1995 eingeführt worden. Der Risikostrukturausgleich orientiere sich an den Einnahmen und gleiche lediglich die Unterschiede in den Grundlöhnen, der Anzahl der beitragsfrei versicherten Familienangehörigen und der Altersstruktur aus. Nach Ansicht des AOK-Bundesverbands wird letztlich die Solidargemeinschaft lebensfähig erhalten, wenn durch solche Maßnahmen die Risikostruktur bei den Versicherten der Ortskrankenkassen verbessert wird und andere Kassen weniger in den Ausgleich zahlen müssen. Nachtigal hält es für "grotesk", wenn die Ersatzkassen, die sich im Wettbewerb besonders auf die Abwerbung junger, gesunder AOK-Mitglieder konzentrierten, der AOK Entsolidarisierung vorwerfen würden.

Der FDP-Politiker Dr. Dieter Thomae hat die übrigen gesetzlichen Kassen aufgefordert, ihren Mitgliedern diese Möglichkeit anzubieten. Nach Ansicht des Vorsitzenden des Bundestags-Gesundheitsausschusses werden weniger Mittel der Kassen für unnötige medizinische Leistungen ausgegeben, so daß das Geld zielgerichteter für die Behandlung der Kranken eingesetzt werden könne. Thomae plädierte darüber hinaus für eine Reduzierung des Risikostrukturausgleichs, der nicht als Dauerinstrument gedacht sei. Wenn Hilfe benötigt werde, müsse sie innerhalb einer Kassenart geleistet werden und dürfe nicht den Wettbewerber benachteiligen.

Die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) hat angedroht, wegen der Beitragsrückgewähr der drei AOKs ihre Zahlungen in den Risikostrukturausgleich mittelfristig zu verweigern. Dies sei ansonsten ein unfairer Wettbewerb.

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