DAZ aktuell

Kommentar AZ 97/22

Alarmglocken läuten!

Bis jetzt ist die Apothekenwelt noch - einigermaßen - in Ordnung: Öffentliche Apotheken versorgen die ambulanten Patienten, Krankenhausapotheken beliefern die stationären Patienten mit Arzneimitteln. Und Patienten in Heimen können ihre öffentliche Apotheke, bei der sie ihre Arzneimittel beziehen, frei wählen. Mit dieser Ordnung soll nun nach dem Willen des Landes Berlin bald Schluß sein. Von dort kommt nämlich ein Antrag zur Änderung des Apothekengesetzes, wonach Krankenhausapotheken auch an ambulant behandelte Patienten Arzneimittel abgeben können, außerdem sollen sie auch Pflegeheime nach § 14 Abs. 6 Satz 2 Apothekengesetz versorgen dürfen. Mit Pflegeheimen, die diese Bedingung nicht erfüllen, sollen öffentliche Apotheken Verträge zur Versorgung abschließen dürfen, wobei hierzu auch die Informations- und Beratungspflicht des Apothekers gehört. Die Alarmglocken in Eschborn läuten bereits. Neben Umsatzverlusten für die öffentlichen Apotheken für den Fall, daß Krankenhausapotheken Pflegeheime beliefern, wies der ABDA-Präsident in einer ersten Pressemeldung hierzu vor allem auch auf das "erhebliche Maß an Unfreiheit" hin, die eine solche Regelung für Heimpatienten mit sich brächte. Der Pflegebedürftige verlöre sein Recht zur freien Apothekenwahl. In der Tat, die Umsatzverluste dürften für einige Apotheken deutlich spürbar sein, wenn Krankenhausapotheken bei der Versorgung von Pflegeheimen mitmischen dürfen. Das Argument mit der Unfreiheit von Patienten allerdings dürfte nicht sehr beeindruckend sein, zumal ein Pflegepatient, der bisher im Krankenhaus lag, auch keine freie Apothekenwahl hatte und auf die Versorgung durch die Krankenhausapotheke angewiesen war. Was mir stärkere Kopfschmerzen bereitet, ist die von Berlin angestrebte Möglichkeit, daß Krankenhausapotheken generell die Versorgung ambulanter Patienten im Krankenhaus übernehmen dürfen, neben der Belieferung von Pflegeheimen. Ausgehend von der Zytostatika-Diskussion, in der die Möglichkeit der Belieferung ambulanter Patienten mit Zytostatika auch durch Krankenhausapotheken gefordert wurde, geht der Antrag des Landes Berlin jetzt einen Schritt weiter und will diese Möglichkeit auf die gesamte Arzneimittellieferung für den ambulanten Patienten aus der Spitalapotheke heraus zulassen. Damit wäre der erste Schritt zur Öffnung einer Krankenhausapotheke in Richtung öffentliche Apotheke getan - mit allen Konsequenzen: Die heute bestehenden 21300 öffentlichen Apotheken hätten mit einem Schlag eine Konkurrenz von 600 Klinikapotheken mehr - wobei noch zu klären ist, zu welchen Preisen die Arzneimittel von den Krankenhausapotheken abgegeben werden. Da gehen bei mir die Alarmglocken an. Peter Ditzel

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