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BKK-Chef: Warnung vor "Kasse für Gesunde"

Gesetzliche Krankenkassen können in Versuchung geraten, durch zusätzliche kassenindividuelle Zuzahlungserhöhungen künstlich niedrige Beitragssätze zu schaffen. Die Folge wäre eine "Kasse für Gesunde".

Auf diese bisher noch nicht sehr beachtete Möglichkeit durch das 2. Neuordnungsgesetz für die GKV hat Wolfgang Schmeinck, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen, jetzt hingewiesen. Die Grundlage sei laut Schmeinck der § 55 des 2. NOG, der den Kassen die Möglichkeit zu individuellen Zuzahlungserhöhungen einräume. Dies birgt seiner Ansicht nach erheblichen Sprengsatz für die solidarische GKV. Denkbar sei, daß eine gesetzliche Kasse Tarife schaffe, bei denen ein Versicherter zum Beispiel Kosten in Höhe bis zu 1000 DM vollständig selbst trage und danach erst die Assekuranz einspringe. Solche Angebote seien jedoch ausschließlich für jüngere, gesunde Versicherte interessant, nicht für Kranke, die auf die Leistungen angewiesen seien, so der BKK-Chef auf einem Presseseminar des Bundesverbands der pharmazeutischen Industrie am 14. Mai in Mayschoß. Schmeinck bewertete solche Szenarien für die solidarische GKV sehr skeptisch. Allerdings müßten die Aufsichtsbehörden solche Tarife genehmigen, so daß Wildwuchs reguliert werden könne.

Vor allem Gesunde sind wechselfreudig

Schmeinck verwies in diesem Zusammenhang auf die bisherigen Erfahrungen mit der freien Kassenwahl. Vom Grundsatz her sei die gestärkte Souveränität der Versicherten positiv zu bewerten. Allerdings hätten 1996 weniger Mitglieder ihre Kasse gewechselt, als zuvor vermutet worden sei. Dabei habe der Beitragssatz die dominante Rolle gespielt. Wie der BKK-Chef sagte, haben mehr gesunde Versicherte als Patienten, die Leistungen benötigten, eine neue Kasse gewählt. Gerade für junge, gesunde Mitglieder wären solche Tarife in der GKV mit hohen Eigenbeteiligungsquoten bei zugleich niedrigen Beiträgen interessant. In diesem Zusammenhang müßten jedoch mittel- und langfristige Auswirkungen beachtet werden. Denn mit dem Auftreten einer ernsten und teuren Krankheit oder mit zunehmendem Alter und somit größerer Erkrankungswahrscheinlichkeit könnten solche Versicherte problemlos in eine andere gesetzliche Kasse wechseln, die keine Selbstbehalte vorsehe, aber einen höheren Beitragssatz aufweise. Die GKV könne jedoch nicht wie die privaten Versicherer Rückstellungen vornehmen. Seiner Ansicht nach wird der Wechsel in der GKV zu leicht gemacht, während er dagegen in der privaten Krankenversicherung zu sehr erschwert werde.

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