DAZ aktuell

Kommentar

Noch keine Lösung

Stell` Dir vor, es gibt ein Gesetz - und keiner hält sich daran. Ist dies die Stimmung, die bei einigen Kassenvertretern hinsichtlich des ersten und zweiten Neuordnungsgesetzes (1. und 2. NOG) vorherrscht? Zwar sind beide Vorlagen noch nicht in Kraft, sie werden aber angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag ab Jahresmitte gelten. Darauf müssen sich die Kassen wie alle anderen einstellen. Viele Regelungen sind unbequem, etliche sicher aus der jeweiligen Interessenlage zu Recht zu kritisieren, aber sie werden umgesetzt werden müssen. Die Kassen nun proben den Aufstand. Erinnert sei hier an ihre Ankündigung, das 20 Mark-Notopfer der Patienten für die Kliniken nicht einsammeln zu wollen, da es das Doppelte an Verwaltungskosten produziere. Dabei steht das Notopfer expressis verbis im Gesetz, mag man es für sinnvoll halten oder nicht. Ebenso kategorisch erscheint die Haltung bei der Zuzahlungsfrage. Und zwar nicht bei der generellen Erhöhung um fünf Mark ab 1. Juli, sondern bei den künftigen kassenindividuellen Zuzahlungen für ein und dieselbe Packung voraussichtlich ab September. Ab dann soll die Koppelung gelten, daß die Zuzahlungen der Patienten automatisch mit der jeweiligen Erhöhung des Beitragssatzes einer Kasse steigen. Der Versicherte der Kasse A hat dann einen anderen Selbstbehalt als der der Kasse B für dieselbe N1-, N2- oder N3-Packung. Zugegeben - eine schwierige Regelung, über deren Auswirkung derzeit nur spekuliert werden kann. Aber nun müssen Apotheker und Kassenvertreter an die Umsetzung denken. Der reinste Poker. Denn im Gegensatz zum zitierten Notopfer ist im Gesetz nicht geregelt, wie und wann die Apotheker über den aktuellen Beitragssatz einer Kasse informiert werden, nach der sich die Zuzahlung der Patienten richten soll. Eine Vereinbarung zwischen Kassen und Deutschem Apothekerverband (DAV) sieht die Publikation im Bundesanzeiger vor, wobei der DAV dies nicht für ausreichend hält und auf einen Vertragsabschluß drängt. Den gibt es aber noch nicht. Die Krankenkassen scheinen sich nicht sehr verantwortlich zu fühlen. Der Chef der Betriebskrankenkassen Wolfgang Schmeinck schlug jetzt vor, die Aufsichtsbehörden sollten die Information an die Apotheken übernehmen, beispielsweise durch Weiterleiten der jeweiligen Sätze an die Informationsstelle für Arzneispezialitäten im hessischen Frankfurt. Das Pokern ist ja verständlich, es geht um Kosten, und die wollen die Kassen nicht tragen. Aber: Die zeitnahe Information der Apotheken ist in ihrem eigenen Interesse. Die Offizinen fungieren nur als Inkassobetrieb, wie es im Jargon heißt. Also sind die Krankenkassen in der Bringschuld.

Susanne Imhoff-Hasse

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