Arzneimittel und Therapie

Adipositas: Mit Medikamenten gegen das Fett?

Die Adipositas ist ein Risikofaktor für eine Reihe schwerer Folgeerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Krankheiten oder Typ-II-Diabetes. Der Behandlungserfolg der Adipositas war bislang meist unbefriedigend und für die Patienten äußerst frustrierend. Dies soll sich nun bald ändern.

An der hohen Bedeutung des Übergewichtes als kardiovaskulärer Risikofaktor wird unter Experten nicht mehr gezweifelt. So gilt als belegt, daß das Risiko für Herz und Gefäße ab einem Body-Mass-Index (BMI) von 25 ansteigt. Unzweifelhaft sind Zusammenhänge mit der koronaren Herzkrankheit und dem Typ-II-Diabetes, wobei die Adipositas unabhängig davon weiteren Risikofaktoren wie der mangelnden körperlichen Bewegung, Fettstoffwechselstörungen und der Hypertonie Vorschub leistet. Das hat nicht nur Bedeutung für das persönliche Schicksal sondern insgesamt für die Solidargemeinschaft, denn durch Adipositas bedingte Erkrankungen stellen einen enormen wirtschaftlichen Faktor dar. Offiziellen Berechnungen zufolge verursachen sie zwei bis vier Prozent der Gesamtkosten im Gesundheitswesen und sind damit fast ebenso kostenintensiv wie Krebserkrankungen (vier Prozent). Obwohl diese Zusammenhänge klar sind und obwohl zahlreiche Programme zur Reduktion des Körpergewichts entwickelt wurden, bleiben die Erfolge gering, wenn es darum geht, Patienten zum Abnehmen zu motivieren. Noch schwerer scheint es zu sein, das erzielte Gewicht zu halten, meist nehmen die Betroffenen anschließend wieder zu, und das Endgewicht der Bemühungen liegt später nicht selten noch über dem Ausgangsgewicht. Besserung dieser Situation verspricht der Serotonin- und Noradrenalin-Reuptakehemmer Sibutramin, der Anfang des kommenden Jahres auf den Markt kommen soll. Er bewirkt nicht nur eine Gewichtsreduktion, sondern scheint den Patienten darüber hinaus zu helfen, das reduzierte Gewicht auf lange Sicht zu halten. Denn Sibutramin sorgt einerseits für ein frühes Sättigungsgefühl und drosselt so die Energieaufnahme, während es zugleich den Sympathikus stimuliert, was sich in einem erhöhtem Energieverbrauch niederschlägt. Die Wirkung wird über zwei aktive Metabolite realisiert, die Elimination erfolgt primär über die Nieren, die Halbwertszeit liegt bei 14 bis 16 Stunden. Erste plazebokontrollierte Studien zeigten eine signifikante Gewichtsreduktion der Verumgruppe gegenüber der Plazebogruppe, wobei als Ansprechen auf die Therapie eine mindestens fünfprozentige Abnahme des Körpergewichtes gewertet wurde. Unter Verum war dabei nicht nur insgesamt die Gewichtsreduktion ausgeprägter als unter Plazebo, es nahmen auch prozentual deutlich mehr Patienten mehr als 5 Prozent ihres Gewichtes ab, und auch der Anteil derjenigen mit zehnprozentiger Reduktion war statistisch signifikant höher. Auffällig war, daß der Effekt auf das Gewicht sich in den ersten sechs Monaten vollzieht, danach gehen im wesentlichen trotz weiterer Medikamenteneinnahme keine Kilos mehr verloren, doch kann das Gewicht – anders als unter Plazebo – von den Probanden offenbar gehalten werden. Unerwünschte Begleiterscheinungen der Therapie erklären sich im wesentlichen durch den Wirkmechanismus, wobei eine leichte Erhöhung des Blutdrucks und der Herzfrequenz zu registrieren sind. Die Patienten klagen über Tachykardien und Palpitationen, weitere potentielle Nebenwirkungen sind Schlafstörungen, depressive Verstimmungen und Schwindelgefühle. Allerdings hat die Medikation auch positive Begleiterscheinungen. So wird eine diabetische Stoffwechsellage entscheidend verbessert, und das Lipidmuster wird günstig beeinflußt, Gesamtcholesterin, Triglyceride und LDL sinken, während gleichzeitig das HDL mit der Gewichtsabnahme ansteigt. Auch die Harnsäurespiegel reduzieren sich und, wie per Computertomographie nachgewiesen wurde, der Anteil des viszeralen Fettgewebes.

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