Bericht

Zytostatische Therapie: Aus molekularer Sichtweise

Aus einer etwas veränderten Perspektive läßt sich Krebs auch als Störung von Informationsvermittlungssystemen verstehen. Denn die DNA stellt ein Informationsmedium dar, dessen Basensequenz die Faltung der DNA umkehrbar eindeutig festlegt, woraus bei Mutationen Störungen resultieren.

Auch die Funktion von Membranen läßt sich als Informationsübermittlung interpretieren, da Membranen die ankommenden Signale in das Zytoplasma weiterleiten, was eine Voraussetzung für spätere Aktionen im Zellkern, wie z. B. die Zellteilung, darstellt. Die für die Informationsübertragung durch Membranen verantwortlichen Membranproteine befinden sich in der Membran in einem thermodynamisch nicht stabilen Zustand, aber sie werden schwimmend stabilisiert. Eine wichtige Voraussetzung hierfür bildet die Anwesenheit von Cholesterin, das als flaches Molekül für die notwendige Steifigkeit der Membran sorgt. Außerhalb der Membran sind die Membranproteine nicht mehr funktionsfähig und dementsprechend schwer zu erforschen.

Störungen von Körperfunktionen, die der Signalübertragung dienen, können durch falsche Signale zur Krebsentstehung beitragen. Bereits durch einfache chemische Reaktionen sind Informationen zu verändern. So können Methylierungen an der DNA zu erheblichen Abweichungen der DNA-Stereochemie führen. Ein Beispiel für mögliche Folgen genetischer Mutationen bildet die Immunantwort der T-Zellen. Wird deren Erkennungsprinzip verändert, richtet sich die Immunreaktion gegen die falschen Ziele. Weitere Schwierigkeiten ergeben sich aus den großen individuellen genetischen Unterschieden. Daher wird eine für die Zukunft denkbare Gentherapie voraussichtlich die individuellste aller Therapieformen werden, bei der eine Massenproduktion von Arzneimitteln kaum vorstellbar ist. Neben der Gentherapie auf der DNA- und mRNA-Ebene und auf Proteinebene sind die Hemmung der Transkription und der Translation denkbar. Alle diese Therapieansätze erfordern ein molekulares Verständnis der Krankheit.

Die derzeitige zytostatische Therapie richtet sich gegen den Aufbau von DNA bei der Zellteilung. Ein Beispiel hierfür bilden die als "Interkalatoren" wirkenden Substanzen, wie z. B. Daunorubicin, die sich zwischen DNA-Basen schieben. Weitere pharmakologische Angriffspunkte bieten diverse Enzyme des Zellteilungszyklus, z. B. Helicasen, Endo- und Exonucleasen sowie Topoisomerasen. Da im Körper laufend gesunde Zellen auf- und abgebaut werden, richten sich zytostatische Therapien auch gegen gesunde Zellen. Aufgrund der hohen Zellteilungsrate in Tumorzellen besteht aber die Hoffnung, signifikant mehr Tumorzellen als gesunde Zellen zu schädigen. Weitere Vorteile können besonders geschickte Zytostatikakombinationen bieten. Die zielgerichtete Applikation von Zytostatika mit Hilfe eines "molecular targeting" ist jedoch noch immer ein Wunschtraum, dem die mikroinvasive Chirurgie zur Zeit vermutlich am nächsten kommt.

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