Melatonin-Sprays fallen reihenweise durch

Jedes zweite Schlafmittel, das Apotheken rezeptfrei abgeben, sei ein Melatonin-Präparat, sagt Ökotest – Grund für die Verbraucherschützer, Melatonin-haltige Sprays einmal genauer zu prüfen. Dabei ging es Ökotest lediglich um Melatonin-Präparate, die die Hersteller als Nahrungsergänzungsmittel vermarkten.

19 Melatonin-Sprays aus Apotheken, Drogerien, Supermärkten und Reformhäusern durchliefen die Ökotest-Prüfprozedur – mit Laboranalysen zum Melatonin-Gehalt und der Prüfung auf umstrittene Substanzen. Zudem interessierte sich Ökotest dafür, ob die Hersteller der Einschlafsprays die zugelassenen Helath-Claims für die Präparate einhalten oder doch etwas zu mutig in den Heilversprechen sind. Wissenschaftlich unterstützt wurde Ökotest durch Prof. Dr. Schubert-Zsilavecz und Dr. Mario Wurglics vom Institut für Pharmazeutische Chemie der Goethe-Universität Frankfurt.

Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig

Grundsätzlich überzeugen Melatonin-haltige Sprays Ökotest nicht: „Der Nutzen der Produkte ist begrenzt und steht in unseren Augen für die allermeisten Personen in einem Missverhältnis zu den Risiken, die Melatonin ebenfalls mit sich bringen kann“, erklären die Verbraucherschützer. So kam bereits 2013 bei einer Metaanalyse von 19 Studien heraus, dass Melatonin bei primären Schlafstörungen die Einschlafzeit um durchschnittliche sieben Minuten verkürze und die gesamte Schlafdauer um acht Minuten verlängere – ein überschaubarer Effekt und der klinische Nutzen für die Schlaflosen dürfte klein sein. Dem gegenüber stehen Risiken wie morgendliche Benommenheit oder Tagesmüdigkeit oder Gangunsicherheit am Folgetag. Damit bescheinigt Ökotest allen geprüften Melatonin-Sprays ein „ungünstiges“ Nutzen-Risiko-Verhältnis.

1 mg Melatonin häufige Grenze für Nahrungsergänzungsmittel 

Ökotest bemängelt auch, dass die deklarierten Melatonin-Gehalte häufig von der im Labor gemessenen Melatonin-Menge abweichen. Anders als bei Arzneimitteln gelten für Nahrungsergänzungsmittel keine strengen Grenzen für zulässige und tolerierte Abweichungen: Bei mehr als der Hälfte der Sprays weicht der enthaltene Melatonin-Gehalt „im zweistelligen Prozentbereich“ vom auf der Packung ausgelobten ab. Das Spray der Marke Alsiroyal überschreitet sie laut Ökotest sogar. Grundsätzlich orientiert sich Ökotest bei der Dosierung von Melatonin an der mehrheitlichen Einschätzung der Kontrollbehörden, die 1 mg Melatonin als Nahrungsergänzung tolerieren.

Zusatz von pflanzlichen Stoffen überflüssig

Auch der Zusatz von pflanzlichen Stoffen, die den Schlaf unterstützen sollen – wie in Dr. Theiss oder Canea Melatonin-Einschlaf-Spray mit zusätzlich Passionsblumenextrakt – halten die Verbraucherschützer für „überflüssig bis bedenklich“. Begründet wird das damit, dass die Autoren der AWMF-Leitlinie zu Schlafstörungen bei Erwachsenen zu dem Schluss kommen, dass die Datenlage zu dünn sei für eine wissenschaftliche Empfehlung von Phytotherapeutika bei Schlafstörungen.

Fehlende Hinweise

Was Ökotest auch vermisst, und zwar bei allen Präparaten, sind Hinweise für Risikogruppen und zu Regeln für gesunden Schlaf sowie zur kurzfristigen Anwendung. Entweder fehlen sie komplett oder sind unvollständig. Zudem stört sich Ökotest an manchen Inhaltsstoffen, wie Süßstoffen und Polysorbat 80, da diese die Darmflora „negativ beeinflussen“ könnten. Beides findet sich in z.B. in DocMorris Melatonin Spray und Vivinox Einschlafspray mit Melatonin.

Dabei gehört das Melatonin-Spray von Vivinox noch zu den drei am besten bewerteten Einschlafsprays, die Ökotest geprüft hat – gemeinsam mit Doppelherz Aktiv Melatonin-Spray und dem Produkt von Dr. Theiss erhalten sie die Note „ausreichend“. Die übrigen 16 Sprays beurteilt Ökotest mit „mangelhaft“ – z.B. das Rossmann-Präparat Altapharma Melatonin Spray oder DocMorris Melatonin-Spray – und „ungenügend“ wie Alsiroyal Gut Einschlafen (Reformhaus) und Wick ZzzQuil Gute Nacht.

Die vollständigen Testergebnisse gibt es bei Ökotest