Zu wenig Herpes-zoster-Geimpfte
Christoph Straub, Mediziner und Vorstandsvorsitzender der Krankenkasse Barmer, beschreibt eine Herpes-zoster-Infektion als „lästige Erkrankung“: Sie mindere die Lebensqualität, könne bis zur Erblindung führen oder zur Postzoster-Neuralgie, die durch ihre schweren Schmerzzustände „äußerst beeinträchtigend“ sei.
Impfquote zu niedrig
Im Rahmen der Pressekonferenz zum Arzneimittelreport 2025 der Barmer betonte Straub, dass die Impfquoten bei Gürtelrose-Impfungen „viel zu niedrig“ seien. Nur 20 Prozent der Anspruchsberechtigten seien geimpft, obwohl die Impfung seit 2019 von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlen wird und auch Regelleistung der GKV ist. Anspruchsberechtigt ist jeder ab 60 Jahren sowie Menschen ab 50 Jahren, bei denen eine gesundheitliche Gefährdung erhöht ist.
Derzeit gibt es hierzulande einen Gürtelrose-Totimfpstoff – Shingrix® –, den die STIKO empfiehlt. Den Lebendimpfstoff Zostavax® empfiehlt die STIKO hingegen nicht. Betrachtet man die Impfquoten der 60-Jährigen im Verlauf der letzten Jahre, so lag diese im Jahr 2019 bei 0,5 Prozent. Bis 2023 stieg diese leicht auf 7,4 Prozent – das heißt jedoch: Über 90 Prozent werden auch jetzt noch mit Eintritt in das empfohlene Impfalter nicht gegen Herpes zoster geimpft.
Gürtelrose-Impfung wirkt
Eine Herpes-zoster-Impfung senkt das Risiko für einer Gürtelrose-Erkrankung um etwa zwei Drittel. „Die Impfung wirkt“, sagte Straub auf der Pressekonferenz. „Wir wissen, dass bei Ungeimpften 11 von 1.000 an einer Gürtelrose erkranken. Bei Geimpften sind es 4 von 1.000.“ Das sei allemal ein guter Grund, sich impfen zu lassen.
Schlechte Impfquote vor allem bei Menschen ab 80 Jahren
Er betonte, dass die Impfung vor allem für Menschen im hohen Alter wichtig sei. Sie erkranken häufiger. So bekommt eine von 100 (1 Prozent) Personen ab 60 Jahren eine Gürtelrose. Ab dem 80. Lebensjahr sind es vier von 100 (40 Prozent). Das liegt daran, dass mit zunehmendem Alter die Immunantwort aufgrund von Immunoseneszenz sinkt. Allerdings ist Straub zufolge gerade diese vulnerable Gruppe der sehr betagten Menschen derzeit schlecht geimpft.
Manche Hausarztpraxen impfen nahezu gar nicht gegen Gürtelrose
Nach den Analysen der Barmer gibt es hinsichtlich der Imfpquoten „enorme Unterschiede“ zwischen den einzelnen Hausarztpraxen. „Dort sollte geimpft werden“, sagte Straub. Die Gürtelrose-Impfquote liege jedoch zwischen 0 und 88 Prozent – manche Praxen impfen damit ihre anspruchsberechtigten Patienten überhaupt nicht und andere Praxen nahezu vollständig. Diese Unterschiede hält Straub für „inakzeptabel“. Impfquoten hängen Straub zufolge von der Praxisorganisation und gelebtem Qualitätsmanagement ab.
Apotheken lösen das Problem nicht
Könnten Apotheken die Durchimfpung der Anspruchsberechtigten auf einen Gürtelrose-Schutz verbessern? Davon hält der Mediziner Straub nichts. Impfen sei eine „ärztliche Aufgabe“. Auch lasse sich in ländlichen Regionen die Impfquote durch Apotheken nicht steigern, denn wo Praxen fehlten, fehlten auch Apotheken. Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hatte jüngst auf dem Deutschen Apothekertag in Düsseldorf angekündigt, dass das Impfangebot von Apotheken ausgeweitet werden sollte.
Was tut die Barmer für eine bessere Impfquote?
Die Barmer unterstützt ihre Versicherten dem Vorstandschef Straub zufolge durch einen Impfkalender und ein digitales Erinnerungssystem, wodurch die Versicherten per Mail an die Möglichkeit einer Impfung erinnert werden. Im Zuge der elektronischen Patientenakte (ePA) erhalten die Barmer-Versicherten sodann Push-Nachrichten auf ihr Smartphone.
Sind es die Impfgegner?
Was ist noch ein Grund, warum so wenige Menschen sich gegen Herpes Zoster impfen lassen? Professor Daniel Grandt, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin I am Klinikum Saarbrücken und Autor des Barmer-Arzneimittelreports, hält Impfgegner nicht für die Erklärung. Eine Untersuchung der BzgA (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) habe erst kürzlich gezeigt, dass 83 Prozent der Bevölkerung Impfungen grundsätzlich positiv gegenüber stehen und nur 3 Prozent grundsätzlich negativ.
Überlastete Hausarztpraxen
Die teils schlechten Impfquoten bei Herpes zoster in einzelnen Hausarztpraxen könnten auch der Tatsache geschuldet sein, dass die Praxen mit der Akutversorgung der Patienten bereits völlig ausgelastet seien und damit wenig Raum für Impfberatung bleibe.