Haarclips gegen Migräneattacken?
In mehreren Videos in den sozialen Medien klemmen sich Nutzerinnen derzeit Haarclips an ihre Augenbrauen gegen Migräne-Kopfschmerzen. Manche von ihnen bringen sogar gleich mehrere Spangen auf ihrem Gesicht an. Sie gehen damit einem Lifehack nach, der durch die sozialen Medien geistert. Zu ihrem Content schreiben die Frauen Aussagen wie:
- „Thank you to the girl who put clips on her eyebrows for a migraine 10/10“(Danke an das Mädchen, das sich wegen Migräne Klammern auf die Augenbrauen gesetzt hat – 10/10) oder
- „Migraines are so ridiculous because what do you mean my prescription medication won’t work but putting a hair clip on my eyebrow does???“ (Migräne ist absurd – wie kann es sein, dass meine verschreibungspflichtigen Medikamente nicht wirken, aber eine Haarspange an meiner Augenbraue schon?)
Haarklammern sollen Schmerzfluss unterbrechen
Warum dieser Hack gegen die Kopfschmerzen bei Migräne helfen könnte? Es kursiert die Erklärung, dass die Clips im Gesicht auf die Stelle drücken, an der der Trigeminusnerv verläuft. Durch Reizung des Nervs mit der Haarklammer könne der Migräne-Schmerzfluss unterbrochen werden.

Deutschen Gesellschaft für Neurologie (Foto: Klinikum Fürth)
Die DAZ hat bei Prof. Dr. Christian Maihöfner, Sprecher der Kommission Schmerz der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, nachgefragt. Zur Frage, ob dieser Mechanismus plausibel ist, erklärt er:
„Die Stimulation trigeminaler Nervenäste, insbesondere der Äste des Nervus trigeminus, kann die Verarbeitung von Schmerzreizen im Kopfbereich modulieren. Diese Mechanismen sind von Bedeutung, da Migräne oft mit einer Überempfindlichkeit im trigeminalen System einhergeht. Insofern sind Effekte auf die Migräneentwicklung und -wahrnehmung theoretisch denkbar, insbesondere durch Techniken, die die Stimulation dieses Systems gezielt ansprechen. Einige Ansätze, die auf der Stimulation trigeminaler Nerven basieren, wurden bereits erfolgreich im Rahmen von Medizinprodukten umgesetzt, darunter beispielsweise elektrische Stimulationen im Rahmen spezieller Kopfelektroden oder Ohrclip-Systeme, die die trigeminale Aktivität modulieren. Im Gegensatz dazu ist der Einsatz von Haarklammern, die mechanische Druck- oder Zugreize ausüben, in der wissenschaftlichen und klinischen Literatur bislang kaum untersucht.“
Systematische Untersuchungen fehlen
Mit Blick auf die Frage, ob die Anwendung von Haarklammern als therapeutisches Mittel effektiv und sicher ist, gibt Maihöfner zu bedenken: „Es fehlen systematische Untersuchungen, die die Effektivität und Sicherheit solcher Vorrichtungen im Hinblick auf die Migränebehandlung bestätigen. Eine Vorhersage eines individuellen Therapieansprechens auf diese Methode ist aus neurologischer Sicht daher nicht möglich. Das Fehlen spezifischer wissenschaftlicher Nachweise führt zu einer vorsichtigen Haltung gegenüber der Anwendung von Haarklammern als therapeutisches Mittel.“
Bezüglich potenzieller Gefahren bei der Anwendung des Hacks ergänzt der Experte: „Obwohl mechanische Schäden wie Hautirritationen oder Druckstellen unter der Verwendung von Haarklammern theoretisch möglich sind, stellen diese im Allgemeinen nur ein geringes Risiko dar, solange die Anwendung nicht übermäßig intensiv oder zu langwierig erfolgt. Es sollte jedoch beachtet werden, dass unzureichende Studien auch das Risiko bergen, potenziell unerforschte Nebenwirkungen oder unvorhersehbare Effekte zu übersehen.“
Weitere Forschung ist notwendig
Zusammenfassend lasse sich deshalb sagen, dass es für Haarklammern als Migränetherapie bisher keine ausreichende wissenschaftliche Grundlage gibt, um eine allgemeine Empfehlung auszusprechen. Weitere Forschung, insbesondere in Form von kontrollierten klinischen Studien, sei notwendig, um das potenzielle therapeutische Potenzial dieser Methode fundiert zu bewerten, so Maihöfner.