Apothekenkosmetik: Milliardenmarkt für Pflegeprodukthersteller

Stationäre Apotheken werden für Konsumgüterkonzerne wie Beiersdorf oder L’Oréal zu einem immer wichtigeren Absatzkanal; sie entwickeln sich in einem Umfeld mit anhaltender Konsumzurückhaltung zunehmend zu einer zuverlässigen Verkaufsplattform, die hohe Margen bietet. Konkret machten Konsumgüterkonzerne in deutschen Apotheken zwischen Juli 2024 und Juni 2025 mehr als 1,3 Milliarden Euro Umsatz mit Kosmetikprodukten, drei Prozent mehr als im Vorjahr. Der Zuwachs beträgt damit innerhalb von zwei Jahren fast sieben Prozent, berichtet das Handelsblatt unter Berufung auf eine Auswertungen der Marktforschungsunternehmen Insight Health und DatamedIQ.

Nach zusätzlichen Zahlen von Iqvia setzten Apotheken in den ersten fünf Monaten dieses Jahres in Deutschland mit Kosmetik knapp 410 Millionen Euro um, das ist ein Plus von zwei Prozent gegenüber der Vorjahreszeit. Als Marktführer gelten die Marken Eucerin (Beiersdorf) vor La Roche Posay (L’Oréal) und Avène (Pierre Fabre), gefolgt von Dermasence (Medicos Kosmetik), Vichy (L’Oréal), Linola (Dr. Wolff), Medipharma (Dr. Theiss), CeraVe (L’Oréal) und Cetaphil (Galderma).

Dr. Theiss: „Zentraler Vertriebskanal“

Die Hersteller von Kosmetikprodukten profitieren laut Handelsblatt davon, dass Verbraucher zunehmend auf ihre Gesundheit und ihr äußeres Erscheinungsbild achten und bereit seien, dafür Geld auszugeben. Zudem gelte die Apotheke wegen ihrer Beratung als vertrauenswürdig. So teilt eine Sprecherin von Dr. Theiss Naturwaren auf Anfrage der DAZ mit, dass Apotheken „für uns ein zentraler Vertriebskanal sind – nicht nur im Bereich unserer Arzneimittel, sondern auch für unsere hochwertigen Kosmetikprodukte. Sie stehen für Kompetenz, Vertrauen und persönliche Beratung, was unseren Markenwert optimal ergänzt.“ Für viele Kunden sei die Apotheke die erste Anlaufstelle, wenn es um qualitätsgesicherte, wirksame und hautverträgliche Produkte gehe.

Bei der Bielefelder Dr. Wolff Group heißt es dazu: „Apotheken sind ein wichtiger Vertriebskanal für die Dr. Wolff Group. Wir investieren kontinuierlich und gezielt in unsere Marken Linola und Vagisan und stärken damit unser apothekenrelevantes Sortiment. Unsere Linola-Range mit wissenschaftlich belegten Problemlösern entwickelt sich – als Beispiel für den Bereich Apothekenkosmetika -  sehr positiv.“

Apothekengeschäft ökonomisch attraktiv

„Der Markt für Apothekenkosmetik ist ökonomisch sehr attraktiv und wächst seit Jahren auf einem soliden Niveau“, zitiert das Handelsblatt Franziska Bayer, Beraterin bei der Unternehmensberatung Sempora. „Das lockt immer wieder auch neue Anbieter an.“

Von der Entwicklung würden auch mittelständische Familienunternehmen mit teils hohen Umsatzsteigerungen bei Apothekenkosmetik profitieren. So sei der Erlös der Marke Dermasence von Medicos Kosmetik innerhalb eines Jahres um neun Prozent gestiegen, Linola von Dr. Wolff legte demnach um mehr als acht Prozent zu. Dr. Wolff selbst teilt auf Anfrage mit, dass Produkte wie Linola Schutzbalsam und die Linola Kopfhaut-Range „durch relevante Kommunikation neue Zielgruppen erreicht und positiv zum Umsatzwachstum beigetragen“ hätten. Konkret habe der Pharmabereich mit den Marken Vagisan und Linola 2024 einen Anteil von 30 Prozent beziehungsweise 125,1 Millionen Euro vom Gesamtumsatz der Dr. Wolff Group aus (418,7 Millionen Euro) erzielt. Dies sei ein Anstieg von sieben Prozent im Vergleich zu 2023. Bei Dr. Theiss Naturwaren leisten Apotheken für das Kosmetikgeschäft nach Unternehmensangaben „einen stabilen und wichtigen Beitrag“.

Margenstark, aber aufwändig

Das Geschäft in der Apotheke gilt den Angaben zufolge wegen der höheren Verkaufspreise als margenstärker als das in Supermärkten und Drogerien. Allerdings sei die Produktentwicklung oft auch aufwändiger, weil die Hersteller dabei häufig mit Ärzten und Apothekern zusammenarbeiten. Dr. Wolff weist zudem darauf hin, dass der Apothekenvertrieb „durch regulatorische Vorgaben, eingeschränkte Werbemöglichkeiten und hohe Anforderungen an Produktqualität und Dokumentation gekennzeichnet“ sei.

Darüber hinaus ist das Geschäft mit Apothekenkosmetik laut Sempora-Beraterin Bayer „extrem wettbewerbsintensiv“. Erfolgreich seien vor allem die Unternehmen, die alle Marketing- und Vertriebsmaßnahmen im Handel und beim Konsumenten gut aufeinander abstimmen. Außerdem würden die meisten Hersteller ihre Apothekenmarken exklusiv über diesen Kanal verkaufen, um ihr übriges Geschäft nicht zu kannibalisieren. Nach den Worten von Hagen Wülferth, Leiter des Geschäfts mit dermatologischer Schönheitspflege von L’Oréal in Deutschland, Österreich und der Schweiz, ist außerdem wichtig, „dass die wirksamen Apothekenprodukte von fachkundigem Personal verkauft werden, damit Kundinnen und Kunden sie richtig anwenden können.“

Das sieht man bei Dr. Theiss ähnlich. „Im Vergleich zu klassischen Einzelhandelskanälen spielt in der Apotheke die fachliche Beratung eine herausragende Rolle. Produkte müssen den hohen Ansprüchen des Apotheken-Fachpersonals sowie ihrer Kundschaft gerecht werden. Wir setzen daher gezielt auf Schulungen, Informationsmaterialien und verkaufsunterstützende Maßnahmen, um die Beratungskompetenz vor Ort zu stärken“, so die Unternehmenssprecherin.

Dr. Wolff wiederum unterstützt „die Beratungskompetenz z.B. der PTAs durch gezielte Kommunikation, Informationen zu neuen Studien und Produkten in der Apothekenfach- und Publikumspresse sowie gezielte Fortbildungen wie Webinare und Veranstaltungen.“

Online-Apotheken profitieren besonders

Wie bei OTC-Arzneimitteln zählen auch in diesem Geschäft die Arzneimittelversandhändler zu den besonderen Profiteuren des Kosmetikbooms. Der Umsatz von Kosmetika im Segment der Versender nahm dem Handelsblatt zufolge zwischen Juli 2024 und Juni 2025 um mehr als sieben Prozent zu. Dagegen habe das Plus bei stationären Apotheken bei gut einem Prozent gelegen. Allerdings machten Konsumgüterfirmen noch immer mehr als 70 Prozent ihres Apothekengeschäfts in den stationären Filialen.