Kleiner Sieg für hochdosiertes Vitamin D bei MS
316 Patienten mit CIS (Clinically isolated Syndrome, klinisch isoliertes Syndrom, KIS) – eine erste Episode neurologischer Symptome, die auf eine mögliche spätere Multiple Sklerose (MS) hindeuten können – erhielten innerhalb von 90 Tagen nach CIS-Diagnose entweder hochdosiertes Vitamin D (100.000 IE alle zwei Wochen) oder Placebo. Nach zwei Jahren hatte bei 94 Patienten (60,3%) in der Vitamin-D-Gruppe und bei 109 Patienten (74,1%) in der Placebogruppe die Krankheitsaktivität zugenommen – mit einer Hazard Ratio (HR) von 0,66 hatten Patienten mit hochdosiertem Vitamin D ein um 34%, statistisch signifikant geringeres Risiko für eine Krankheitsprogression als Placebo-Patienten. Die Number needed to treat (NNT) geben die Studienautoren mit 7,2 an, was bedeutet: Man müsste sieben CIS-Patienten Vitamin D in der untersuchten Dosis verabreichen, um bei einem das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern.
Langsamere Progression unter Vitamin D
Auch dauerte es unter Vitamin D etwa sieben Monate länger, bis es zur Progression (gemessen als Schub und/ oder MRT-Aktivität) der Erkrankung kam (Vitamin D: 432 Tage vs. Placebo: 224 Tage). Keinen signifikanten Unterschied gab es bei den Schüben (17,4% der Patienten unter Vitamin D und 21,8% unter Placebo) und beim EDSS (Expanded Disability Status Scale), einem Maß für die Schwere der Einschränkung. Die Studie fand in Frankreich statt, die Patienten waren meist Frauen (70%), im Median 34 Jahre alt, 40% rauchten (Risikofaktor für MS) und 22,4% litten ausgangs an einem schweren Vitamin-D-Mangel (<30 nmol/L) [1].
Hilft hochdosiertes Vitamin D vor allem bei milden CIS- oder MS-Verläufen?
Am meisten profitierten CIS-Patienten von Vitamin D, wenn sie bei Diagnosestellung einen schweren Vitamin-D-Mangel aufwiesen. Zur Erinnerung: Ein Vitamin-D-Mangel ist ein Risikofaktor für eine MS. Auch war Vitamin D effektiver bei CIS-Patienten, die bei Studienbeginn keine Rückenmarksläsionen zeigten und die keine Glucocorticoide zur CIS-Behandlung erhielten. Dr. F. Perry Wilson von der Yale School of Medicine hält beide Faktoren – keine Rückenmarksläsionen sowie keine Steroide – für Hinweise auf eine „weniger schwere Erkrankung“ und überlegt, ob Vitamin D lediglich CIS-Patienten zu geben sei, bei denen die Erkrankung anfänglich „eher mild“ verläuft [2]. Diese Überlegung hängt auch ab von einem möglichen Risiko einer hochdosierten Vitamin-D-Therapie – „es scheint verdammt sicher zu sein“, schreibt Wilson hierzu. Nur zwei Patienten entwickelten während der Studie eine Hypercalcämie – und beide waren in der Placebo-Gruppe. Keiner der Patienten hatte eine schwere Hypercalcämie oder Nierenversagen, wobei es für die Suche nach Nierensteinen vielleicht noch etwas zu früh sei, so Wilson.
Literatur
[1] Thouvenot E, Laplaud D, Lebrun-Frenay C, et al. High-Dose Vitamin D in Clinically Isolated Syndrome Typical of Multiple Sclerosis: The D-Lay MS Randomized Clinical Trial. JAMA. Published online March 10, 2025. doi:10.1001/jama
[2] A Rare Win for Vitamin D — This Time in MS - Medscape - March 10, 2025