Die Unbekannte namens Kennedy

Für Bayer endete das Geschäftsjahr 2024 mit ernüchternden Zahlen: Der Konzernumsatz fiel gegenüber dem Vorjahr um 2,2 Prozent auf 46,6 Milliarden Euro, das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) knickte um 13,5 Prozent auf 10,1 Milliarden Euro ein, teilte der Konzern anlässlich seiner Bilanzvorlage mit. Unter dem Strich stand ein Verlust von Minus 2,55 Milliarden Euro.

Während das Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten der Sparte Consumer Health nur einen leichten Gewinnrückgang verzeichnete, belasteten in der Pharmasparte rückläufige Erlöse mit dem Blutgerinnungshemmer Xarelto. In der Agrarsparte war die operative Marge von 21,7 im Vorjahr auf 19,4 Prozent gesunken, da Bayer vor allem den Preisdruck im Glyphosat-Geschäft zu spüren bekam.

Darüber hinaus lasten Schulden in Höhe von 32,6 Milliarden Euro auf dem Konzern. Diese sind auch eine Folge der Übernahme des US-Agrarchemiekonzerns Monsanto, mit der sich Bayer unter anderem die milliardenteuren US-Glyphosat-Rechtsstreitigkeiten ins Haus geholt hatte. Bis zum 31. Januar 2025 wurden laut aktuellem Geschäftsbericht von insgesamt zirka 181.000 angemeldeten Ansprüchen rund 114.000 verglichen, oder sie erfüllen aus verschiedenen Gründen nicht die Vergleichskriterien. Bayer hofft weiterhin perspektivisch auf ein Grundsatzurteil des obersten US-Gerichts, des Supreme Courts. Allerdings ist offen, ob sich die Richter der Sache überhaupt annehmen werden. Zudem zielt Bayer seit einer Weile durch Lobby-Arbeit auf Gesetzesänderungen ab.

Vom Umweltanwalt zum Impfskeptiker

Hinzu kommt neuerdings ein pikanter Faktor: Neuer US-Gesundheitsminister ist Robert F. Kennedy Jr., ein Umweltanwalt, der 2018 gegen Monsanto vorgegangen war. Unter seiner Mitwirkung hatte ein Gericht in San Francisco den Agrarkonzern zu einer hohen Entschädigungszahlung von fast 290 Millionen Dollar verurteilt. Aus Sicht der Jury hatte es Monsanto versäumt, vor dem Krebsrisiko des Unkrautvernichters Glyphosat zu warnen.

Robert F. Kennedy Jr. gehört zur bekannten Kennedy-Familie. Er ist der Sohn von Robert F. Kennedy, einem früheren US-Justizminister, und der Neffe von John F. Kennedy, dem 35. Präsidenten der Vereinigten Staaten. Sowohl sein Vater als auch sein Onkel wurden ermordet. Während Robert F. Kennedy Jr. früher ein angesehener Umweltanwalt war, wurde er in den letzten Jahren vor allem durch seine impfskeptischen Positionen und die Verbreitung widerlegter Theorien bekannt.

Für Bayer dürfte es schwierig sein einzuschätzen, inwieweit Kennedys frühere anwaltliche Tätigkeit gegen Monsanto heute Einfluss auf seine Tätigkeit und Positionierung in der US-Regierung hat.

Besserung für 2026 erwartet

Ungeachtet dessen sieht Bayer 2025 als ein zentrales Jahr für den Turnaround. So peilt der Konzern in diesem Jahr ohne Wechselkurseffekten einen Umsatz an, der sich mit 45 bis 47 Milliarden Euro auf dem Niveau wie 2024 bewegen dürfte. Das bereinigte Ebitda soll nach Konzernangaben inklusive Währungseffekten auf 9,3 bis 9,8 Milliarden Euro zurückgehen. Zudem sollen andauernde Kostensenkungen durch den Umbau im Management finanzielle Entlastungen bringen.

Das von Anderson eingeführte Programm soll dieses Jahr Einsparungen von zusätzlich 800 Millionen Euro bringen, nachdem Bayer den Angaben zufolge im vergangenen Jahr bereits die Ausgaben um 500 Millionen Euro gekürzt hatte. In dem Programm bekommen Mitarbeiter etwa in Forschung, Produktion und Vertrieb mehr Eigenverantwortung und Handlungsfreiheiten, weniger Manager sind notwendig. 2024 fiel die Mitarbeiterzahl denn auch deutlich. Per Ende 2024 beschäftigte Bayer auf Vollzeitstellen umgerechnet noch gut 92.800 Menschen. Ein Jahr zuvor waren es noch fast 100.000 gewesen.

Nach den Worten von Konzernchef Anderson soll es ab 2026 dank der fortschreitenden Neuorganisation wieder besser laufen und die Performance zulegen. Bei der seit Jahren arg gebeutelten Bayer-Aktie sieht es hingegen bereits seit Anfang des Jahres wieder etwas besser aus. Die Papiere knüpften am Mittwoch, dem Tag der Bilanzvorlage, an ihren jüngsten Erholungsversuch an und stiegen zeitweise um über sechs Prozent. Allerdings summieren sich die Kursverluste seit der ersten Niederlage in einem US-Glyphosat-Prozess im Sommer 2018 noch immer auf rund 75 Prozent.