Nachträgliche Klarstellung

BGH-Begründung zu Boni-Entscheidungen

Berlin - 29.10.2013, 13:59 Uhr


Seit Mitte August gilt in Deutschland ein generelles Rx-Boni-Verbot. Zuvor hatte der Bundesgerichtshof (BGH) aber noch entschieden, dass ein gewährter Rezeptbonus von 1,50 Euro die wettbewerbsrechtlich relevante Spürbarkeitsschwelle überschreitet. In einem weiteren Urteil legte er fest, dass die Spürbarkeitsgrenze von einem Euro pro Rezeptposition gilt. Jetzt liegen die Entscheidungsgründe vor.

Die Versandapotheke mycare hatte einen Kundenbonus in Höhe von 1,50 Euro für jedes verschreibungspflichtige Medikament auf dem Rezept versprochen. Hiergegen war die Wettbewerbszentrale vorgegangen – und behielt am Ende recht (Az. I ZR 98/12). Unter den Begriff der in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 HWG genannten „geringwertigen Kleinigkeit“ fielen allein Gegenstände von einem so geringen Wert, dass eine relevante unsachliche Beeinflussung der Werbeadressaten ausgeschlossen erscheine, heißt es in den Urteilsgründen. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass bei einer Publikumswerbung wegen der leichteren Beeinflussbarkeit der Werbeadressaten von einer eher niedrigeren Wertgrenze auszugehen sei.

Bislang war die Frage, wo genau die maßgebliche Wertgrenze liegt, noch nicht eindeutig entschieden. Aus Sicht des 1. Zivilsenats verläuft sie bei einem Euro. Bei einem fehlendem Preiswettbewerb träten auch kleinere Zuwendungen leicht ins Bewusstsein des Verbrauchers und könnten diesen dadurch zu nutzenmaximierten Marktreaktionen veranlassen, erklären sie dazu. Gutscheine wie die der Versandapotheke seien aus Sicht des Verbrauchers etwas wert, denn Apotheken hätten im Bereich ihres Randsortiments durchaus den Preiswettbewerb mit anderen Wettbewerbern aufgenommen. Den Vergleich mit kostenlosen Apothekenzeitschriften ließen die BGH-Richter ebenfalls nicht gelten: Kunden würden diese meist gerne mitnehmen, dafür aber „ebenso meist kein Geld bezahlen“.

Im zweiten Verfahren hatte eine Apotheke einen Einkaufsgutschein in Höhe von einem Euro pro Rezeptposition gewährt, der Bonus konnte also bei bis zu drei Euro pro Rezept liegen. Hier hatte der BGH die Revision der Wettbewerbszentrale zurückgewiesen (Az. I ZR 90/12). Die Wertgrenze von einem Euro gelte für jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel, heißt es in den Urteilsgründen. Das angesprochene Publikum erkenne, dass ihm das Gutscheinsystem keinen besonderen Vorteil verschaffe, sondern dem Umstand geschuldet sei, dass auf einem Rezept mehrere verschreibungspflichtige Arzneimittel verschrieben werden können. Dass der Verbraucher in diesem Zusammenhang nicht rezept-, sondern produktbezogen denke, liege nahe, weil er umgekehrt daran gewöhnt sei, Arzneimittelzuzahlungen nicht rezept-, sondern produktbezogen leisten zu müssen.

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Juliane Ziegler