Aufruf der KV Hessen

Ärzte sollen „inkompetente Beratung durch Apotheken dokumentieren“

Stuttgart - 05.07.2022, 16:44 Uhr

Hessische Ärzte machen weiter Stimmung gegen Apotheker. (Foto: Elnur / AodbeStock)

Hessische Ärzte machen weiter Stimmung gegen Apotheker. (Foto: Elnur / AodbeStock)


Nachdem in der vergangenen Woche bereits der Hessische Hausärzteverband Stimmung gegen die Apotheker und die pharmazeutischen Dienstleistungen machte, legt nun die Kassenärztliche Vereinigung (KV) des Bundeslands nach. Die Mitglieder werden in einem Schreiben aufgerufen, „Fälle, in denen eine inkompetente Beratung durch Apotheken stattgefunden hat“, zu dokumentieren. Außerdem werden Mittel und Wege dargestellt, wie die Vor-Ort-Apotheken boykottiert werden können.

Dass die Einführung der honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen in der ärztlichen Standesvertretung nicht unbedingt auf bedingungslose Gegenliebe stoßen wird, war abzusehen. Doch in Hessen findet aktuell eine äußerst perfide Stimmungsmache gegen die Apotheken statt. Zunächst war es der Hessische Hausärzteverband, der in der vergangenen Woche „Patienteninformationen“ an die Hausarztpraxen verteilte, die die pharmazeutischen Dienstleistungen in ein schlechtes Bild rücken sollen.

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Aus der Kritik des Hausärzteverbands wurde inzwischen Hetze, die von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) aus demselben Bundesland stammt. In einem Schreiben an die Mitglieder, das auf der Website der KV öffentlich einsehbar ist, wird die Plakataktion des Hessischen Hausärzteverbandes zunächst begrüßt, denn sie bringe die ganze Diskussion auf den Punkt: „Eine qualitativ hochwertige pharmazeutische Beratung gibt es nur durch die Ärztin oder den Arzt.“ Weiter heißt es, dass „der damalige, pathetische Kotau vor den Apothekern, aufgeführt von vielen KV-Vorständen, die davon heute nichts mehr wissen wollen, unverzeihlich“ sei. Hier könne man als Hessen in Anspruch nehmen, dass man vor zwei Jahren, als es um die Beratungen zum Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz ging, ein klares, hartes und entschlossenes gemeinsames Handeln der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der KVen eingefordert hat. Argumente wie Schwesternkörperschaft hinsichtlich der Apothekerkammern, Kollegialität und die Aussage „wir brauchen uns doch gegenseitig“, seien auch heute immer noch absurd. Man habe die heutigen Probleme vorausgesehen. 
 

KV schlägt Rezeptterminals vor 

Die KV Hessen hält die pharmazeutischen Dienstleistungen und die vorgesehene Honorierung für einen „Schlag ins Gesicht jeder Ärztin und jedes Arztes und eine Kriegserklärung der Apothekerinnen und Apotheker an die KV-Mitglieder“. Nun lasse sich „dieser schwere berufspolitische Fehler“ genauso wenig ändern wie die Vergangenheit an sich. Doch man solle nicht „noch den nächsten schweren Fehler“ machen, indem man zwar belle, aber nicht beiße.

Man wolle nicht nur eine verbale Antwort auf „diese indiskutablen Zustände“ geben. Die KV hält es für „dringend geboten“, den Apotheken Grenzen zu setzen und „andere Wege“ gehen. Dazu zählt die Standesvertretung die Aufforderung aller Mitglieder, Fälle zu dokumentieren, in denen eine „inkompetente Beratung durch Apotheken stattgefunden hat“. Darüber hinaus soll den Apothekern vor Ort signalisiert werden, „dass es insbesondere beim Bezug des Sprechstunden- und Praxisbedarfs immer Alternativen gibt“. Die KV selbst will „zuverlässige Anbieter“ finden, um „über Rezeptterminals in den Praxen Rezepte auf einem Weg einlösen zu können, der nicht durch inkompetente Beratung belastet ist“. 

Schließlich wird angekündigt, eine rechtliche Überprüfung des Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetzes in die Wege zu leiten und bei zukünftigen Honorarverhandlungen die aktuellen Vergütungen der pharmazeutischen Dienstleistungen „als Benchmark“ anzusehen. Weitere Maßnahmen sollen folgen. Die KV bittet dringend um Unterstützung. An die Bundesregierung gerichtet, heißt es: „Möge sich die Ampel andere Wege überlegen, um einer offenbar sozial benachteiligten Berufsgruppe beizustehen.  Lassen Sie uns daher gemeinsam etwas dagegen unternehmen!“


Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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14 Kommentare

Erinnerungen

von Wolfgang Heßler, Fachapotheker f. Allgemeinpharmazie, Medikationsmanager (forta, atd) am 16.07.2022 um 18:11 Uhr

Vor nicht allzu langer Zeit las ich ein KV-Rundschreiben in einer medizinischen Fachzeitschrift. Es sollen mindestens 60% Simvastatin Verordnungen erfolgen. Peinlich nur, dass alle 'nationalen Versorgungsleitlinien' seit Jahren Rosuvastatin und Atorvastatin empfehlen. Soweit Medikationsmanagement by KV, oder zurück ins letzte Jahrtausend.
Ach ja, und da gibt es noch den niedergelassenen Arzt (und sicher KV-Mitglied), der seinen Patienten empfiehlt, doch alle Beipackzettel wegzuwerfen, anstatt sie zu lesen. Es koennte ja etwas drinstehen, was dem Doktor nicht gefaellt.

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inkompetente Beratung

von Kräuter Hexe am 07.07.2022 um 22:22 Uhr

Interessant wofür Ärzte so alles Zeit haben...

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Götter in Weiß

von Gerhard Zibulak am 06.07.2022 um 11:14 Uhr

Das die PDL's (so ehrenwert der Einsatz der ABDA dafür war) bei einem großen Teil der Ärzteschaft als Gotteslästerung oder Majestätsbeleidigung aufgefasst werden würde, war zu erwarten. Im Weltbild der Ärzteschaft sind wir (und sollen wir auch bleiben!) die dienstleistenden Hiwis. Nach Jahrzehnten ohne PR für unseren Beruf kein Wunder.

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Schade

von Dr. E. Zimmer am 06.07.2022 um 11:05 Uhr


Schade! Ich dachte, wir wären im Jahr 2022 an einem anderen Punkt:

An einem Punkt, wo Menschen leiden, weil ein Mensch beschließt, ein ganzes Land zu zerstören. Und wir in unserem friedlichen, geschützten Land leben dürfen, einen wundervollen Beruf ausüben dürfen und jeden Tag unseren Beruf leben um Patienten eine Stütze und Hilfe zu sein.

Zusammen als Heilberufler.

Und dann muss ich lesen, dass es eine Kriegserklärung gibt. Von Ärzten an Apotheker? Von Apothekern an Ärzte?

Wir leben zusammen, wir arbeiten zusammen, fachliche Kritik ist jederzeit erwünscht, aber dieser Konflikt verlässt jede sachliche Ebene.
Ich bin froh, in einem Krankenhaus zu arbeiten, in dem wir uns gegenseitig um Rat fragen und Hilfe bekommen - ohne aus uns ein Politikum machen zu lassen und finanzielle Fragen über die Fragen zum Wohle des Patienten zu stellen.
Und zu lesen, dass laut den KV Chefs aus Hessen, pharmazeutische Beratung nur von Ärzten profunde durchgeführt werden kann, entlockt mir allerhöchstens ein müdes Lächeln.
Wer es noch einmal lesen möchte:
In der Bundes Apothekerordnung, Paragraf 2, steht die Aufgabe des Apothekers beschrieben: “Information und Beratung über Arzneimittel als solche, einschließlich ihrer angemessenen Verwendung“ Von meinem iPhone gesendet

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Retaxe künftig nach dem Verursacherprinzip bitte!

von Thomas Eper am 06.07.2022 um 9:51 Uhr

Die Apotheker möchten künftig nicht mehr für die Fehler und Inkompetenz der Ärzte retaxiert werden und dafür Zahlen!

Kann sich mal bitte jemand darum kümmern!?
Vielleicht die ABDA?

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Interprofessionelle Zusammenarbeit

von Sabine Haul am 06.07.2022 um 8:22 Uhr

Die Hausärztliche Leitlinie zur Multimedikation kommt aus Hessen - dort werden Arzt und Apotheker als AMTS Team beschrieben und das Medikationsmanagement genau erläutert- zu finden unter degam.de

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Merkwürdig

von P Ti am 06.07.2022 um 7:49 Uhr

Nun haben offenbar die doch sonst immer hoffnungslos überlasteten Arztpraxen noch Kapazitäten um ausführlich zu beraten? Es ist Absurd. Das Niveau was hier seitens Ärztekammer und KV eingeschlagen wurde sollte Menschen diesen Bildungsstandes eigentlich peinlich sein. Zumal hier sehr deutlich wird, dass der Patient nicht im Mittelpunkt steht, sondern von den Ärzten instrumentalisiert wird um sich in gehässiger Weise Geld zu beschaffen. Besonnen und diplomatisch hat dagegen nur wieder die Bundesapothekerkammer reagiert, und sich wie üblich ins eigene Bein geschossen. Mit einer ausführlichen Fortbildung darf dann auch der Pharmazeut in der Sache beraten, für die er ohnehin studiert und drei Staatsexamen abgelegt hat. Schöner kann man den eigenen Berufsstand nicht verunglimpfen und die Meinung der Ärztekammer bekräftigen, Apotheker seien pharmazeutisch inkompetent. So kann es nicht weiter gehen. Kommunikation funktioniert nur auf Augenhöhe erfolgreich. Also muss sich auch die Bundesapothekerkammer auf das Niveau der Ärztekammer herab lassen - anders scheint man es dort nicht mehr zu verstehen. Die Praxis bietet unzählige Anlässe pharmazeutische Verfehlungen von insbesondere Hausärzten zu dokumentieren. Es ist nicht der Patient, der von der Apotheke zurück zum Arzt rennt und fragt ob das alles so stimmt. Es sind die Patienten die in der Apotheke fragen, was ihr Arzt ihnen da eigentlich alles aufgeschrieben hat. Und es sind die Apotheken, die bei genervten Ärzten anrufen und auf die Kontraindikationen hinweisen und sich vergewissern, ob das tatsächlich so abgegeben werden soll, was in der Regel dann nicht mehr der Fall ist.

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AW: Merkwürdig

von Thomas B am 06.07.2022 um 8:55 Uhr

Vielen Dank, Herr Dr. Orlemann! : Niemand ist vor Fehlern gefeit. "Gemeinsam zum Wohle des Patienten" steht in den für uns alle geltenden berufsrechtlichen Vorschriften. This is to learn by heart!

Ohne Größe

von Thomas Kerlag am 05.07.2022 um 21:20 Uhr

Nur peinlich primitiv

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Inkompetente Beratung

von Dr. Stephan Orlemann am 05.07.2022 um 19:59 Uhr

Es gibt sowohl von aerztlicherseits, wie auch von Apotheken kompetente und inkompetente Beratung . Leider wird sowohl vom Hausärzteverband, wie auch von der KV Pauschalurteile abgegeben, die wir doch immer verurteilen, wenn solche Urteile über uns Ärzte abgegeben werden. Um was geht es, wenn wir ehrlich sind? Nur um die Verteilung von Honarare. Es wäre sicher besser zum Wohle der Patienten zusammen zu arbeiten und sich gegenseitig zu unterstützen. Ich freue mich und bin dankbar über jede Rückmeldung der Apotheke, auch wenn ich nicht immer der gleichen Meinung bin

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AW: Inkompetente Beratung

von Elvira Umarov am 06.07.2022 um 8:57 Uhr

Vielen Dank für diesen schönen Kommentar der einem ein Licht am Ende des Tunnels sehen lässt. Insbesondere nach dieser Diffarmierung der Apothekerschaft von Seiten der KV Hessen

Doku

von Strack am 05.07.2022 um 19:00 Uhr

Sollten wir dann auch anfangen alle nicht beachteten Kontraindikationen, WW, Unkenntnis der aktuellen Leitlinien etc. zu dokumentieren.
Die Studienlage liegt eindeutig auf Seiten der den Kompetenzen entsprechenden Zusammenarbeit.
Ich bin ehrlich gesagt ein bisschen sprachlos, dass es keine entschiedenen Widerworte gibt.
Vielleicht liegt es aber auch daran, dass Medikationsanalysen und die Beratung der Ärzte noch nicht allzu lange fester Teil des Studiums sind.

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Kleinkind-Niveau

von Thomas B am 05.07.2022 um 18:36 Uhr

Wer auf dieses Niveau reinfällt, tut mir leid!
Auf so was fällt doch auch kein halbwegs vernunftbegabter Patient mehr herein. Und erst recht kein Arzt, der seinen Beruf ernst nimmt.....

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Ärzte und Apotheken

von Conny am 05.07.2022 um 17:01 Uhr

Nochmal zum Verständnis : wir sind von den Ärzten abhängig ! OTC ist weg. Rx ist noch ! stabil. Wie brauchen eine höhere Vergütung und nicht diesen PDL -Quatsch. Danke Frau O. für diesen Keil. Herr Dastych war schon in seiner Praxis ein Schwätzer.

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